Wer Innovationen schaffen möchte, die Lösungen generieren, muss erst einmal Daten über das Problem sammeln. Damit möglichst viele Unternehmen selbst aktiv nach Lösungen für ein besseres Zusammenleben in der Stadt suchen können, arbeitet Dänemarks Hauptstadt aktuell daran, ihre Stadtnutzungsdaten online zu veröffentlichen. Geschaffen wird also eine Art „Big Data Marketplace“, auf dem Daten erkundet, erworben oder selbst hochgeladen werden können.
Bis zum Jahr 2025 soll Dänemarks Hauptstadt nicht nur CO2-neutral werden, sondern auch zur Smart-City. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen möglichst viele Investoren mit anpacken. Mit einem digitalen Marktplatz, auf dem der Kauf und Verkauf sowie die gemeinsame Nutzung von Daten ermöglicht werden soll, versucht Kopenhagen nun, Innovationen im Bereich der Stadtentwicklung voran zu treiben. Die Online-Plattform trägt den Namen „City Data Exchange (CDE)“ und ist eine Kollaboration der Stadt Kopenhagen, der Hauptstadtregion Dänemark und des Technik-Konzerns Hitachi. Ziel des Projektes ist es, eine Plattform zu schaffen, die öffentliche und private Daten kombiniert. So soll der Informationsaustausch zwischen öffentlichem Sektor und Privatwirtschaft gefördert werden.
Aktuell stellt die Plattform hauptsächlich Rohdaten zur Verfügung, im weiteren Verlauf soll das Angebot aber auch durch entsprechende Analysewerkzeuge ergänzt werden. Dabei bietet der CDE Daten in verschiedenen Kategorien an, wie beispielsweise in den Bereichen Infrastruktur, Geschäftsdaten und Wirtschaft, Klima und Umwelt oder Wohnhäuser. Kunden der Plattform sind damit alle, die ein Interesse daran haben, was Kopenhagen, seine Unternehmen und seine Bevölkerung bewegt. Von Behörden über Stadtplanungsämter bis hin zu Telekommunikationsnetzwerken oder Geschäftsinhaberinnen und -inhabern: vielfältige Branchen haben ein potentielles Interesse an den Daten. Kopenhagens digitaler Daten-Marktplatz zeigt, dass die Frage nach dem Umgang mit „Big Data“ letztendlich entscheidend dazu beiträgt, ob sich eine Stadt zur Smart City entwickeln kann.
Ein digitaler Marktplatz für öffentliche und private Daten
Das Prinzip des digitalen Marktplatzes ist nicht neu, sondern setzt letztendlich um, was seit Jahrhunderten auf Marktplätzen rund um den Globus funktioniert. Statt Obst oder Gemüse werden Datenmengen zum verkauften Produkt und finden einfach und transparent Abnehmerinnen und Abnehmer. Das Besondere daran: Datenanalyse ist damit nicht länger nur denen vorbehalten, die in der Lage sind, große Datenmengen selbst zu sammeln. Anders ausgedrückt, nicht jeder der Gemüse verarbeitet, muss nun noch einen Acker besitzen. Kopenhagens digitaler Big-Data-Marktplatz ermöglicht Unternehmen und Privatpersonen exakt die Daten zu erwerben, die sie für ihre Zwecke benötigen. Das schafft mehrere Vorteile. Zum einen müssen Daten nicht für jedes Projekt neu gesammelt werden, sondern können zeitgleich für verschiedene Projekte benutzt werden. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch wertvolle Arbeitskraft, die bisher vor jeder Datenanalyse in den Prozess der Datenerhebung fließen musste. Mit den CDE soll also auch kleineren Unternehmen die Chance geboten werden, sich an der Gestaltung der Stadt von morgen zu beteiligen. Zudem ermöglicht der Daten-Marktplatz eine bessere Übersicht bezüglich bisher gesammelter Informationen. Das generiert ein besseres Bewusstsein für Nutzungsbereiche, in denen bisher wenig oder gar keine Daten vorliegen. Schlussendlich, so erhofft sich zumindest die Stadt Kopenhagen, bietet der Big-Data-Marketplace eine Chance, Kreativität und Innovation im Bereich der Stadtentwicklung zu steigern. Probleme, die das Leben in der Stadt erschweren, sind unter Umständen noch gar nicht identifiziert und können an Hand der zur Verfügung gestellten Daten schneller und effizienter lokalisiert werden.
Wer zahlt die Standgebühren?
Mitinitiiert wird das Projekt vom japanischen Technik-Konzern Hitachi. Das Unternehmen entwickelte selbst beispielhaft zwei Anwendungen auf Basis der zur Verfügung gestellten Daten, um den Mehrwert der Plattform zu veranschaulichen. Wie so oft auf dem Markt der „Smart City“ Innovationen, steht also auch hier ein Konzern hinter der Entwicklung und Realisierung des Projektes. Die Problematik der Abhängigkeit besteht daher auch beim CDE. Auch wenn die Plattform in Zusammenarbeit mit der Stadt Kopenhagen und der Hauptstadtregion Dänemark entstand, so birgt die Zusammenarbeit mit Technik-Riesen wie Hitachi immer die Gefahr, die Anwendung des entsprechenden Anbieters zu präferieren. Dass sich der CDE den Austausch von privatwirtschaftlichen und öffentlichen Daten zu Aufgabe macht, erklärt die Kooperation zwischen öffentlichen und privatwirtschaftlichen Trägern des Projektes aber zumindest teilweise. Laufende Kosten der Online-Plattform werden aktuell noch durch Service-Gebühren und Abonnements gedeckt. Auch wenn der Datenzugang damit nicht komplett „for free“ ist, sind die Kosten noch immer um ein vielfacheres geringer als die einer eigenen Datenerhebung.
„Big Data“ als Konsumgut
Letztendlich beschäftigt sich Kopenhagens digitaler Daten-Marktplatz mit der Frage, ob Datenmengen künftig als „normales“ Konsumgut etabliert werden können. Der Abstraktionsgrad von Begriffen wie „Big Data“ ist nur einer der zahlreichen Gründe, die bisher verhinderten, dass Daten, wie andere Produkte auch, erworben und konsumiert wurden. Datenmengen erscheinen für Fachfremde oft wenig greifbar und laufen daher Gefahr, den Status eines „normalen“ Produkts zu verlieren. Obwohl sich viele Anbieter heutzutage nicht direkt mit der von Ihnen angebotenen Dienstleistung, sondern mit den dabei erworbenen Daten finanzieren, besitzen Datenmengen bisher kaum transparente Preisschilder. Userinnen und User willigen oftmals ein, ihre Daten zu abzugeben und sind sich dabei teilweise nicht bewusst, dass diese Daten überhaupt einen Wert besitzen. „I want to know how much I pay for my data. Do I pay to much?“ so auch Dr. Monika Lessl, Leiterin der Abteilung „Corporate Innovation and Research & Development“ des DAX-Unternehmens BAYER, vergangene Woche bei einer Veranstaltung der Telefonica in Berlin. Wie viel sind meine Daten wert, wem nutzen sie und wie können wir einen transparenten Markt schaffen, auf dem nachvollzogen werden kann, wer welche Daten wie konsumiert? Ein Bewusstsein für den finanziellen Wert von Daten bildet die Grundlage für eine effektive und sichere Nutzung von Big Data. Der City Data Exchange der Stadt Kopenhagen könnte dabei einen ersten Meilenstein am Rande des Weges hin zu einem transparenten, sicheren und nutzerfreundlichen Umgang mit dem Konsumgut „Big Data“ markieren.
Teil 3 befasst sich mit den “Robocops” in Dubai. Die weiteren Stationen auf unserer Smart-City-Reise sind: Rio de Janeiro, Wien und Satander. Zum Übersichtsartikel geht es hier.
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