Titelbild: Microsoft Explained von Lina Carnap / politik-digital.de, licensed CC BY SA 3.0Uns erwartet eine spannende Zeit, lautete der Tenor der dritten Microsoft Explained Konferenz am 23.03.2017 in Berlin. In interessanten Vorträgen erläuterten internationale Experten aktuelle Trends aus den Bereichen Digital Leadership, Cybersecurity, Future of Digital Marketing und Digital Transformation.

Kürzlich ist der Network Readyness Index 2016 erschienen, der die Wettbewerbsfähigkeit durch Informations- und Kommunikationstechnik der Staaten bewertet. Mit einem ernüchternden Ergebnis, denn Deutschland als Heimatland der IngenieurInnen liegt nur auf Platz 15. Besonders im Bereich des Business- und Innovationsklimas fällt die Bundesrepublik deutlich ab. Nur durchschnittlich 10.000 € investieren hiesige mittelständische Unternehmen in die digitale Transformation und die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse.

Weitere Herausforderungen stellen der Datenschutz und die Gefahr von Datenmissbrauch dar. Auch die Umstrukturierung und das Wegfallen von Arbeitsplätzen durch künstliche Intelligenz (KI, bzw. AI, Artificial Intelligence) müssen gemeistert werden.

Dennoch ist sich Peter Jaeger, Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft, sicher, dass die „dunkle Seite“ der Digitalisierung durch das kluge Gestalten von Rahmenbedingungen in Schach gehalten werden kann. Dabei stellte er einen Kanon von sechs ethischen Grundsätzen vor

  1. AI muss zur Unterstützung der Menschheit designt werden.
  2. AI muss transparent sein.
  3. AI muss Effizienz maximieren ohne Würde des Menschen zu verletzen.
  4. AI muss zum intelligentem Datenschutz konzipiert werden.
  5. AI muss algorithmisch Verantwortbarkeit besitzen, so dass unbeabsichtigter Schaden korrigiert wird.
  6. AI muss Unvoreingenommenheit und repräsentative Forschung sicherstellen, so dass falsche Heuristiken nicht zu Diskriminierung genutzt werden kann.

Im zweiten Teil der Veranstaltung griff der Mathematik-Professor Sebastian Stiller von der TU Braunschweig noch einmal das Thema „Künstliche Intelligenz“ auf. In einem pointierten Vortrag führte er aus, wie Algorithmen funktionieren. Man merkte, dass selbst dieses eher technikaffine Publikum nicht einfach erklären konnte, wie das alles funktioniert. Und genau diese Wissenslücke muss nach Stiller geschlossen werden, um eine konstruktive Diskussion führen zu können. Denn nur, wenn wir Wissen darüber haben, nach welchen Prozessen und Kriterien die Algorithmen funktionieren, können wir sie auch hinterfragen.

In einem waren sich alle Speaker jedoch einig: Die Digitalisierung ist nicht die erste Innovation, die kritisch beäugt und milde belächelt wird. Doch die Veranstaltung zeigte einen Ausblick darauf, wie eine vernetzte und digitale Zukunft aussehen könnte. Das Ziel ist, ein perfektes Team aus Mensch und Maschine zu schaffen, in dem eine vom Mensch angeleitete Zusammenarbeit effektiv von der Maschine unterstützt wird. Dabei geht es vor allem um das „Empowerment“, also die Selbstbefähigung der einzelnen Menschen und Unternehmen. Das Motto lautet: „empowering every person of every organization to achieve more”.

Auch aus ökonomischer Sicht ist eine Zusammenarbeit wichtig, um das Ziel der digitalen Transformation zu erreichen. Ein Beispiel ist die Kooperation zwischen Startups und Unternehmen. Da es vielen Unternehmen an Flexibilität und Innovation fehlt, können sie von der Schnelligkeit und Kreativität von Startups profitieren. Andererseits können Startups vom festen KundInnenstamm und von der Erfahrung der Unternehmen profitieren und sich dadurch etablieren. So bieten zum Beispiel die Deutsche Bank Labs umfassende Kooperationen an. Dafür müssen laut Kai Jäger, Technology Lead der Deutschen Bank Labs, verschiedene Voraussetzungen vorhanden sein. So ist eine zentrale Anlaufstelle, aber auch eine klare Verantwortlichkeit und ein Zusammenarbeitsmodell unabdingbar.

Trotzdem müsse sich auch das Unternehmen wandeln, so Markus Köhler, ebenfalls Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Deutschland. Auch bei Microsoft gäbe es immer mehr Forderungen von MitarbeiterInnen nach mehr Autonomie und weniger Hierarchie am Arbeitsplatz. Die Rede ist von einem kulturellen Wandel, hin zur Vertrauens- und auch Fehlerkultur. Die heutigen und zukünftigen Leader müssen sich vor allem als Coaches verstehen. Diese neue Ausrichtung wird unter dem Schlagwort „growth mindset“ gehandelt. Die Digitalisierung kann diesen Wandel unterstützen.

Es wurden aber nicht nur Tipps für Unternehmen gegeben, sondern auch neuste Trends und Visionen vorgestellt. Live und in Echtzeit wurde vor unseren Augen ein Bot gebaut. Mit Microsoft Azure kann jedes Unternehmen kinderleicht ein Bot selber bauen. Die großen Programmierungen übernimmt der Computer selbst. Und am Ende ist ein „intelligenter“ Textbot entstanden, der Fragen von KundInnen direkt und ohne die Hilfe von MitarbeiterInnen beantworten kann.

Auch die Optimierung von intelligenten AssistentInnen und Unternehmens-Software schreitet stetig voran: Die Methoden, wie ein Smartphone Termine erkennt und uns rechtzeitig daran erinnert oder wie Systeme in Geschäften vorausschauend Nachschub bestellen, werden immer ausgefeilter.

Die visionärste Vorstellung ist jedoch die Holoportation. Microsoft arbeitet zurzeit an der Verbesserung dieser Art des Apparierens von Muggeln, um es magisch auszudrücken. Mit Hilfe der HoloLenses soll ein virtuelles menschliches Beamen über eine Echtzeit-3D-Übertragung möglich werden. So ließe sich Bildung auf neue Weise vermitteln. Beispielweise können StudentInnen so viel einfacher und realgetreuer die Anatomie des Menschen begreifen und lernen. Selbst Operationen können so geübt werden.

Eine kritische Nachfrage kam aus dem Publikum: „Wie kann Microsoft sein Versprechen halten, jeden Menschen empowern zu wollen?“ Kurzzeitig wirkten die Redner etwas ratlos. Und beteuerten dann, dass sie dieses Problem sehr ernst nähmen und durch Investitionen in die Bildung lösen wollten.

 

Titelbild: Microsoft Explained von Lina Carnap / politik-digital.de, licensed CC BY SA 3.0

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