Die Automatisierung greift in allen Lebensbereichen weiter um sich. Längst hat sie auch die Medizinbranche erobert. Roboter sind in vielen Krankenhäusern schon lange nicht mehr wegzudenken. Hier werden drei Mitarbeiter der Klinik von heute vorgestellt.

Rollwagen schieben war gestern – Der Transportroboter

Ein System, was in vielen deutschen Krankenhäusern schon seit einigen Jahren installiert ist, ist das der Transportroboter. Diese erleichtern vielfältig den Klinikalltag. Besonders in großen Kliniken, wo lange Wege zu beschreiten sind, sind sie wertvolle „Arbeitskräfte“. Die Roboter wirken auf den ersten Blick unscheinbar. Sie sind kniehoch und etwa 1,5 m lang. Doch für ihre Aufgabe sind sie perfekt. Sie können Container mit steriler Wäsche transportieren ohne dass die Gefahr besteht, dass diese dabei mit Keimen in Kontakt kommt. Genauso können sie infektiöse Abfälle ohne Ansteckungsrisiko entsorgen. Vor allem werden diese automatisierten Mitarbeiter jedoch in der Essenversorgung eingesetzt. Tausende Mahlzeiten werden täglich von ihnen auf die Stationen gebracht. Oft wird das Essen dort von den Pflegekräften entgegengenommen und an die Patienten verteilt. Es gibt sogar schon Systeme, in denen die Roboter auch diese Aufgabe übernehmen. Diese speziellen automatisierten Helfer fahren nah an die Betten und die Patienten können sich ihre Mahlzeit selbst entnehmen. Damit hier die individuellen Speisepläne nicht durcheinander geraten, sind die Geräte so programmiert, dass sie an jedes Bett genau das Gericht liefern, was für diesen Patienten vorgesehen ist.

Die Transportroboter werden entweder von zentraler Stelle aus gesteuert und von einem Mitarbeiter überwacht, oder sie bewegen sich komplett automatisch. In letzterem Fall haben die Stationen die Möglichkeit, die Roboter per Knopfdruck zu rufen, und diese suchen sich dann selbstständig den besten Weg um an ihr Ziel zu gelangen. Sie können über Funk eigenständig den Fahrstuhl rufen und durch Sensoren erkennen, ob sich vor ihnen eine Person oder ein Gegenstand befindet. Mit Ansagen wie „Vorsicht automatischer Transport“ und „Bitte machen Sie den Weg frei“ machen die Roboter auf sich aufmerksam, wenn sie durch die Gänge rollen.

Unterstützung durch das Internet – Der virtuelle Assistenzarzt

Im Marburger Klinikum geht man einen Schritt weiter. Hier wird derzeit am Zentrum für seltene Krankheiten ein Assistent getestet, der nur aus einer Software besteht. Diese versteht die menschliche Sprache und ist sogar lernfähig. Der Arzt beschreibt dem Programm das Krankheitsbild und gibt die gemessenen medizinischen Daten ein. Die Software gleicht den Fall blitzschnell mit dem weltweiten medizinischen Wissen ab, welches ihm online zur Verfügung steht. Auf dieser Basis erstellt der virtuelle Assistenzarzt eine Diagnose und macht Therapievorschläge. Noch ist dieses vom IT- und Beratungsunternehmen IBM entwickelte System in der Testphase. Bewährt es sich, könnte es besonders bei schwierigen Diagnosen eine große Unterstützung für den behandelnden Arzt sein. Vorerst bleibt es aber bei Unterstützung, denn die finale Entscheidung, wie der Patient behandelt wird, liegt weiterhin beim Menschen.

Vier Arme für den Chirurgen – Der OP-Roboter

In Deutschland gibt es über sechzig Kliniken, in denen Roboter auch bei Operationen assistieren. Die Technik wird dabei immer weiter ausgearbeitet und verfeinert. Das neueste System ist der „da Vinci Xi“ der Amerikanischen Firma Intuitive Surgical. Das Gerät wird derzeit erst in fünf deutschen Krankenhäusern eingesetzt.

Dabei sollte man nicht denken, dass ein menschenähnlicher Roboter den Operateur ersetzt. Denn tatsächlich ist der operierende Arzt direkt vor Ort und steuert die vier Roboterarme an einer Konsole. Der Chirurg ist es auch, der entscheidet, was gemacht wird. Der Roboter führt nur aus. Der Einsatz dieser Technik stellt einen weiteren Schritt in der minimalinvasiven Chirurgie dar. Minimalinvasiv bedeutet, dass nur vier kleine Einschnitte nötig sind, durch die die Roboterarme in den Bauchraum gelangen, und so keine großen Wunden entstehen. Die Roboter der da-Vinci-Reihe kommen vor allem bei Bauchoperationen, wie beispielsweise in der Urologie zum Einsatz. An einem der Arme befindet sich eine 3D-Kamera mit hoher Auflösung, durch die der operierende Arzt sehen kann, was vor sich geht. Die Handbewegungen, die er an der Steuerung der Konsole macht, werden zitterfrei von den Roboterarmen im Patienten nachvollzogen. Durch die kleineren Wunden heilen die Patienten schneller und können so zeitnah nach der Operation aus dem Krankenhaus entlassen werden. Natürlich bildet sich dadurch auch viel weniger Narbengewebe an den Schnitten und die Lebensqualität der Patienten steigt.

Bisher ist es so, dass der operierende Arzt direkt neben dem Roboter sitzt, sodass er im Notfall sofort da ist und eingreifen kann. Es wäre aber bei einer ausreichenden Datenübertragungsgeschwindigkeit auch denkbar, dass der Spezialist in großer räumlicher Distanz vom Patienten den Roboter lenkt und vor Ort ein allgemeinerer Chirurg den Ablauf beaufsichtigt. So könnten gefragte Spezialisten komplizierte Operationen aus der Ferne ausführen. Theoretisch ist das alles schon möglich, die Technik wäre dazu in der Lage.

Ist es alles Gold was glänzt?

Natürlich hat diese Entwicklung nicht nur positive Seiten. Denn es darf nicht vergessen werden, dass jeder vernetzte Roboter potenziell hackbar ist. Dass dabei besonders bei kritischen Infrastrukturen wie der Krankenversorgung auf Datensicherheit geachtet werden muss, sei hier nur erwähnt. Die Vorstellung, von Robotern, die von Hackern zweckentfremdet werden, ist erschreckend. Ein gehackter OP-Roboter könnte leicht den Patienten töten, genau wie eine absichtlich falsche Diagnose durch einen virtuellen Assistenzarzt. Die Transportroboter bergen noch größeres Gefährdungspotential, da sie nicht nur einzelne Menschen erreichen.

Aber auch Störungen, die nicht von außen verursacht werden, können tödlich enden. Dies zeigten einige Probleme des da-Vinci-Systems in der Vergangenheit: Durch kleine unentdeckte innere Verletzungen oder Fehlströme kam es zu Todesfällen. So hatte das Unternehmen eine Reihe von Gerichtsprozessen in den USA zu bestreiten. In den neueren Geräten wurden die Abdichtungen verbessert, um derartige Fehlströme zukünftig zu vermeiden.

Ein anderer Gedanke ist der wirtschaftliche und dabei die Frage nach der Marktdominanz. In der Medizinrobotik sind die USA derzeit unangefochtener Marktführer. Es gibt keine vergleichbaren OP-Roboter zu der da-Vinci-Reihe von einem deutschen Hersteller. Das verschafft der Firma eine Monopolstellung, die sich in hohen Preisen niederschlägt. Neben Anschaffungskosten in Höhe von 2 Millionen Euro fallen beachtliche laufende Kosten an, da die Instrumente häufig ausgetauscht werden müssen. Der Kampf zwischen den Wirtschaftsstandorten ist somit auf dem Feld der Medizinrobotik vorerst entschieden. Die Chancen, die die Robotik für die Medizin der Zukunft bietet, bleiben aber davon unberührt.  Neben technischen Möglichkeiten werden zukünftig auch besonders rechtliche Rahmenbedingungen und Sicherheitsstandards auszuloten sein.

Bild: Army Medicine, CC BY SA 2.0

CC-Lizenz-630x1101