Artikelbild InstagramWarum sollten Politikerinnen und Politiker auf einer Plattform aktiv sein, bei der es um Dating geht, Hasenohren auf Selfies der Renner sind und Bilder von Schuhen des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner die meisten Views erhalten? Weil sich da die junge Zielgruppe aufhält. Diese Artikelreihe will zeigen, wie WhatsApp, Instagram, Snapchat und Tinder in der politischen Kommunikation genutzt werden können und welche Politikerinnen und Politiker diese besonders gelungen einsetzen. Im zweiten Artikel haben wir uns angeschaut, wie Politikerinnen und Politiker Instagram verwenden.

Die Popularität von Instagram ist ungebrochen. 9 Millionen Nutzerinnen  und Nutzer gibt es in Deutschland und ca. 60 Prozent davon sind zwischen 18 – 34 Jahre alt. Instagram ist ein soziales Netzwerk, mit dem Nutzerinnen und Nutzer Bild- und Videonachrichten erstellen und über das Netz teilen können. Die Fotos werden mit Hashtags verlinkt und sind so in der Bildersuche auffindbar. Die Foto-App hat in Deutschland mehr Nutzerinnen und Nutzer als Twitter. Und diese sind dort besonders aktiv, was Kommentare und Likes angeht: Die Interaktionsrate ist höher als auf Facebook und Twitter und das wird auch so bleiben, denn die Foto-Plattform hat im letzten Jahr erfolgreiche Features integriert: das aus Snapchat bekannte Format der Stories sowie die Live Funktion, die an Facebook Live erinnert. Instagram Stories bietet die Möglichkeit, kurze Geschichten zu erstellen, die aus 60-Sekunden Videos und Fotos bestehen. 24 Stunden nach der Veröffentlichung verschwinden die Stories. Die Live-Videos geben die Möglichkeit, bis zu einer Stunde ununterbrochen live auf Instagram zu senden. Während bei Facebook die Videos gespeichert werden, ist das bei Instagram nicht möglich, sie werden danach gelöscht.

Diese neuen Funktionen sind der Versuch, die Foto-Plattform, die für perfekte Bildinszenierungen bekannt ist, zu mehr authentischen Inhalten zu bringen.
Die neuen Instagram Stories sind beliebt: weltweit nutzen 150 Millionen Menschen das Feature täglich. Und damit genauso viele, wie es Snapchat Nutzende insgesamt gibt. Die Stories sowie die Live Funktion bringen mehr Persönlichkeit und Authentizität in das Profil. Und es lohnt sich, die neuen Funktionen mal auszuprobieren. Dabei kann man dieselbe Content-Strategie, also die strategische Planung für das Erstellen und Verbreiten von Social Media Inhalten, wie auf der Instagram-Seite verwenden, da der Algorithmus dazu führt, dass nicht alle Followerinnen und Follower dasselbe sehen. Außerdem erscheinen die Stories auf der „Explore“-Seite, so dass hierdurch auf das Profil aufmerksam gemacht werden kann und so neue Followerinnen und  Follower gewonnen werden können.

Selfies, Turnschuhe und Kaffeklatsch

Wir haben uns die Instagram Account von Christian Lindner, Johannes Kahrs und Arndt Klocke angeschaut und die Politiker gefragt, welche Inhalte sie verwenden, welche bei den Followerinnen und Follower gut ankommen und welche  Funktionen sie schon benutzt haben.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ist mit seinem Instagramaccount Cl2017 seit Mitte Februar 2016 aktiv. Er postet fast täglich einen Moment aus seinem politischen oder privaten Alltag. Die Fotos sind in Hochglanzmanier geschossen und passen von der Bildsprache perfekt zu Instagram. Viele Bilder zeigen ein Blick hinter die Kulissen und aus außergewöhnlicher Perspektive. Wie bei einem Polit-Profi zu erwarten, ist sein Instagramaccount wie seine anderen Social Media Kanäle durchweg gut durchdacht und mit hochwertigen und schön anmutenden Bildern versehen. Christian Lindner berichtet, dass vor allem die Blicke hinter die Kulissen, „ein Selfie in der Maske, ein Detail meiner Turnschuhe oder meine Perspektive von der Bühne aus“ besonders gut bei den Followerinnen und Follower ankommen. Die neue Live-Funktion bei Instagram benutze er noch nicht. Bis jetzt werden die Inhalte der Live Video-Kampagne #CLimAuto noch über Facebook und Twitter gesendet

Screenshot Instagram

Der Schulzug rollt auch auf Instagram

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs sieht mehrere Vorteile in der Verwendung von Instagram, ,,man erreicht eine deutlich jüngere Zielgruppe und es zwingt mich, laufend neue Fotos zu produzieren, die ich dann auf Facebook und Twitter zweitverwenden kann.“ Er teilt auf seinem Account eine Mischung aus Politik, Privatem und Unterhaltung. Der Inhalt, der zurzeit am besten ankäme, wäre Martin Schulz, berichtet er. Und so sieht man auch einige Fotos oder Memes über den SPD-Kandidaten, die relativ beachtliche Like-Zahlen erzielen. Privates käme aber auch gut an, so Kahrs. Ob er das neue Instagram Live benutzten werde, wisse er noch nicht. Das käme nur in Frage, wenn es mit wenig Aufwand verbunden wäre.

Instagram Johannes Kahrs

,,Spaghettikochen oder Wäscheaufhängen gibt es bei mir nicht”

 Selfies mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag, Bilder zu queeren Themen, lustige Entdeckungen und Landschaftsfotos prägen den Instagramaccount von Arndt Klocke, grüner Landtagsabgeordneter in NRW. Erst seit Ende Mai 2015 ist er aktiv und postet seitdem fast täglich und ohne ein spezielles Konzept, berichtet er. Fotografie ist ein Hobby von ihm und das sei auch der Grund, wieso er seinen Account alleine bespielt.

Die neue Storyfunktion von Instagram nutzt er regelmäßig. ,,Ich biete ein paar Einblicke in meine politische Arbeit und auch in mein Privatleben. Dabei soll es interessant sein, Alltägliches und Banalitäten wie zB. Spaghettikochen oder Wäscheaufhängen gibt es bei mir nicht zu sehen.” Beliebt seien ,,Fotos, die ganz für sich sprechen”. Positive Resonanz bekommt er für Aufnahmen, die eine klare Botschaft kommunizieren: ,,gute Stadt-oder Landschaftsaufnahmen, politische Statements oder Fotos mit Promis.”

Screenshot Instagram

Community Building und Digital Storytelling mit Instagram

Ein Blick hinter die Kulissen, Schnappschüsse und Selfies aus dem politischen und privaten Alltag sind Formate, die auf Instagram gut ankommen. Aber Instagram kann mehr, als nur zu visueller Selbstdarstellung genutzt werden. Werden Userinnen und User mit in die Content-Strategie miteinbezogen, kann man aus einem Profil eine Community bilden. So können z.B. mit Expertinnen und Experten aus dem Wahlkreis Interviews geführt oder in Form einer öffentlichen Bürgersprechstunde, einmal wöchentlich Fragen von Followerinnen und Follower beantwortet werden. Für Abwechslung eignen sich auch sogenannte Takeovers, d.h. der Account wird von einem Userin oder User (z.B. durch eine Praktikantin oder einen Praktikanten oder einer lokal bekannte Persönlichkeit) übernommen, die eigenständig z.B. aus dem Wahlkreis oder aus einem bestimmten Themengebiet berichten.

Außerdem eignet sich die App für Visual Storytelling. Dies ist eine Erzählmethode, mit der durch den Einsatz von Fotos, Illustrationen, Videos und Audio emotionale Geschichte erstellt werden können, die die Nutzende in das Geschehen hineinziehen. Die eigentlichen Fakten oder die Person treten dabei in den Hintergrund und werden in die Geschichte mit eingewoben. Eine Möglichkeit, als Politikerin oder Politiker Visual Storytelling einzusetzen, ist zum Beispiel das Einbeziehen der Wähler und Wählerinnen aus dem Wahlkreis. Ihnen ein Gesicht geben und sie ihre persönliche Geschichte erzählen zu lassen – im Stil von Humans of New York – sind zum Beispiel eine gute Variante, die Userinnen und User lokal im Wahlkreis mehr einzubinden und Nähe zu schaffen. Das stärkt das Community-Gefühl und kann für mehr Austausch auf der Plattform sorgen.

Fazit

Die hier beschrieben Beispiele sind nur drei von vielen, mittlerweile sind viele Politikerinnen und Politiker, Parteien, Fraktionen, Ministerien und Ämter auf Instagram aktiv.
Instagram eignet sich für Politikerinnen und Politiker als Ergänzung zu weiteren Social Media-Kanälen, da der Fokus der App auf Fotos liegt und nur wenig Text und keine Links hinzugefügt werden können. Die Conversionrate, also die Anzahl der Besucherinnen und Besucher des Instagramaccounts, welche den politischen Webauftritt besuchen, wird dementsprechend geringer sein als auf anderen Social Media-Kanälen. Um junge Menschen in ihrer Lebenswelt abzuholen, sie auf Politik aufmerksam zu machen und um das eigene Profil zu stärken, lohnt sich ein Account und eine ansprechende Bespielung auf Instagram. Denn Instagram wächst. Das liegt vor allem an der Einführung der Instagram Stories. Das Feature, welche u.a. Snapchat so erfolgreich gemacht hat, zieht Nutzerinnen und Nutzer von Snapchat zu Instagram. Die neue Instagram Live und Instagram Story eignen sich, um auch außerhalb der politischen und parteiinternen Filterblase von Userinnen und User wahrgenommen zu werden.

Im ersten Artikel haben wir uns angeschaut, wie Politikerinnen und Politiker WhatsApp einsetzen und im dritten Teil, wie diese Snapchat einsetzen.

Titelbild: Marie-Elisabeth-Lüders House und Smartphone via pixabay, CC0 public domain, bearbeitet von Daniel Schumacher

Bilder im Text: Screenshot Instagram Christian Lindner, Johannes Kahrs und Arndt Klocke

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