„Wir halten Sie auf dem Laufenden“, hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière nach Ende der e-Konsultation zu seinen netzpolitischen Thesen versprochen. Seit dem 23. Juli 2010 heißt es auf der Seite, der Dialog werde nun ausgewertet und die Ergebnisse würden anschließend auf der Plattform präsentiert. politik-digital.de hat schon mal beim Innenministerium sowie bei der betreuenden Agentur nachgefragt – und die Thesen dann lieber selbst ausgewertet.
Vage Aussagen
Das Bundesinnenministerium (BMI) spricht auf Nachfrage von einer „Fülle der eingegangenen Beiträge und Bewertungen“ und einem sehr positiven Gesamteindruck.
Jedoch seien de Maizières Thesen für viele Konsultanten „zu juristisch“ formuliert gewesen. Dies habe sogar dazu geführt, dass einige Pro- und Contra-Trends verfälscht wurden. Die Nutzer hätten die „Thesen falsch interpretiert“, so ein BMI-Sprecher. Für eine abschließende Bewertung sei es jedoch noch zu früh. Auf die Frage, wann die Bürger wie versprochen auf dem Laufenden gehalten werden, gab es keine Auskunft aus de Maizières Haus.
Auch bei der betreuenden Agentur Zebralog ist es zu diesem Thema seit Ende der Konsultation ruhig geworden. Zwei Tweets sind auf dem Twitter-Profil der Agentur aus den vergangenen drei Wochen zu sehen. Während der Konsultationsphase konnten es schon mal fünf Nachrichten mit Infos oder Aufforderungen zu Feedback an den Thesen des Innenministers werden – täglich. Auch bei der Agentur kann man nichts Konkretes zu den Ergebnissen oder zum Zeitplan sagen. „Die Anzahl der Beiträge liegt jedenfalls im vierstelligen Bereich“, eine detaillierte Auswertung laufe aber gerade noch, so ein Zebralog-Sprecher.
Erkenntnisse in Eigenregie
politik-digital.de hat sich durch die e-Konsultation gearbeitet und durchaus Konkretes gefunden: So haben die Nutzer insgesamt etwa 2000 Beiträge in den vier Wochen Konsultationsphase abgegeben. Davon rund 200 eigene Vorschläge. Zum Vergleich: Der Bürgerhaushalt der Stadt Solingen wurde über 4700 mal kommentiert. Bei „Solingen spart!“ brachten die Nutzer außerdem 1000 eigene Ideen ein – in drei Wochen.
Ebenfalls deutlich erkennbar: Die Aktivität nahm von These zu These ab. Während die erste These „Bewusstsein für gemeinsame Werte schärfen“ noch 353 mal kommentiert wurde, sind es zur abschließenden These „Staatliche IT-Systeme attraktiv und sicher ausgestalten“ gerade noch 113 Beiträge. Diese letzte These wurde dabei sehr positiv aufgenommen. 94 Prozent der Beteiligten bestätigten die Aussage, dass „Informationstechnik den Anforderungen der Verwaltung und der Bürger folgen [muss] und nicht umgekehrt.“
Hingegen stieß die These „Verantwortung zwischen Anbietern und Nutzern gerecht aufteilen“ vorwiegend auf Ablehnung. 79 Prozent der Nutzer stimmten gegen eine Gefährdungshaftung von Anbietern im Netz. Gerade Forenbetreiber sollten nicht für User-Beiträge haften müssen, so der Tenor bei den Nutzern.
Noch deutlicher sprachen sich die Teilnehmer gegen die These „Anonymität und Identifizierbarkeit abwägen" aus. Rund 84 Prozent konnten dem nicht zustimmen, in den Kommentaren wurde vielmehr „ein klares Recht auf Anonymität“ gefordert.
An eigenen Empfehlungen vorbei
Nicht auf der Plattform zu finden: Wie der weitere Weg von der Konsultation hin zu konkreten Gesetzen oder Projekten aussieht. Einzig der Halbsatz, die Beiträge flössen „in die Entwicklung einer netzpolitischen Grundlage ein“. Das BMI spricht von „konkreten Handlungsempfehlungen“ in einem zweiten Schritt nach der Auswertung. Inwieweit die Auswertung etwas mit den Handlungsempfehlungen zu tun haben wird, ist noch offen. Zebralog dazu: „Warten wir mal das Feedback ab, das das BMI auf die Ergebnisse geben wird.“
Die Zurückhaltung von Innenministerium und Agentur bei der Kommunikation von Ergebnissen oder Schlussfolgerungen erstaunt. Sowohl das BMI als auch dessen Agentur wirkten neben weiteren Beteiligten am „Leitfaden Online-Konsultation“ (PDF-Download; 1,32 MB) der Bertelsmann-Stiftung mit, der erst im Mai 2010 veröffentlicht wurde. Dort heißt es, nach Möglichkeit sollte schon in der Ansprache der Nutzer beantwortet werden, was wann mit den Ergebnissen geschieht. Überschrift des dazugehörigen Abschnitts 4.1 im Leitfaden: „Wie lassen sich die Teilnehmer ansprechen und motivieren?“
Internet-Echtzeit trifft auf Behördengeschwindigkeit… 🙂
Es sind noch keine vier Wochen, und das in der Sommerzeit. Wäre nicht noch ein bisschen Geduld angebracht?
In der Frage, was mit den Ergebnissen geschieht, stimme ich allerdings zu. Das ist ja immer wieder die Hauptschwäche der Online-Konsultationen: Wie und ob überhaupt die Ergebnisse in politisches Handeln umgesetzt werden.