Digitalisierung bedeutet neue Möglichkeiten, doch Deutschland gilt oft noch als digitale Wüste. Das Projekt Zollhof der Stadt Nürnberg möchte digitale Wüsten dynamisch machen. Ein Besuch bei einem jungen Start Up, das seinen (Park-)Platz in der digitalen Welt gefunden hat.

Digitalisierung ist eine große Baustelle

„Digitalisierung ist für mich kein großes Ziel. Digitalisierung ist für mich ein Werkzeug,  um Probleme zu lösen“, begrüßt Stefan Eckart (25), Jungunternehmer und Geschäftsführer von Smart City System, auf dem Zollhof. Dieses Werkzeug böte die Möglichkeit Probleme neu zu denken, Lösungen anders anzugehen, denn überall verändere sich gerade etwas.

Auf den ersten Blick ist wenig zu sehen von einem neuen Zeitalter. Der Zollhof Tech Incubator befindet sich in einem alten funktionalen Bau um 1900, dem sogar schon der Abriss drohte. Eher unscheinbar befindet sich das Gebäude in einer Seitenstraße zwischen Parkplätzen und Bahngleisen. Allerding zeigen die vielen Schilder am Eingang eines: Hier wird die digitale Zukunft gemacht. In die historischen Hallen ist neues Leben eingezogen. Seit Frühjahr 2017 haben sich bisher 24 Start Ups in diesem Haus im Nürnberger Stadtteil Gostenhof angesiedelt. Ihre Themen sind so vielseitig wie die Digitalisierung selbst, ob KI, Mobilität oder Virtuelle Realität. Das Projekt möchte Start Ups beim Weg in die digitale Unternehmerwelt unterstützen.

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Einen (Park-)Platz für Kreative schaffen

Die Metropolregion Nürnberg möchte Platz für Kreative bieten. Dies ist hier gelungen. „Es  gab für uns gar keine Überlegung irgendwo anders hinzugehen. Wir haben gewusst, hier und nirgendwo anders“, unterstreicht Eckart seine Standortentscheidung. Genau die Suche nach einem Standort, besser gesagt nach einem Parkplatz, war der Ursprung für Smart City System.

Bereits im Studium hatten sich die fünf Gründer kennengelernt. Unzufrieden mit der Parksituation an ihrer Universität, waren sie der Meinung, es müsse einfacher und besser gehen. Gemeinsam entwickelten sie einen Sensor, welcher die Belegung von Parkraum in Echtzeit erfassen sollte. Die Resonanz von Parkraumbetreibern war positiv, erinnert sich der Gründer: „Wenn ihr das auf den Markt bringt, dann kaufen wir es euch ab!“

Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen insgesamt 20 Mitarbeiter. Sie bedienen Kunden in ganz Europa und weltweit. Hierzu zählen aktuell vor allem große Supermärkte, welche Dauerparker vermeiden wollen. „Das Ziel ist es von einer starren Parkstruktur wegzukommen, hin zu einer flexibleren Nutzung von Parkflächen, je nach aktuellem Bedarf“, erläutert Stefan Eckart seine Zukunftsvision.

Experimentierfreude und lösungsorientiertes Denken seien entscheidend, meint er weiter: „Wir haben Sachen sehr schnell ausprobiert, sowohl technisch als auch mit Geschäftspartnern. Wir haben versucht, möglichst schnell festzustellen, klappt das, passt das, oder aber eher nicht!“ Wichtig sei aber auch ein gutes Team und funktionierendes Netzwerk:“ Wir kannten uns vorher schon. Da haben wir gewusst, dass wir uns sehr gut ergänzen und ein ähnliches Mindset haben!“

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Gemeinsam gründen, gemeinsam lernen

Vielen aus dem Team war schon damals klar, dass sich der Zollhof zum zentralen Anlaufpunkt für die Start Up Szene entwickeln würde. Stefan Eckart kannte den Geschäftsführer Benny Bauer bereits, da dieser wie er während seines Studiums ein studentisches Start Up hatte. „Der Zollhof ist ungefähr so alt wie wir. Für diese Zeit ist der Support sehr allumfassend“, stellt Eckart zufrieden fest. Neben der umfassenden Beratung zu juristischen, finanziellen oder wirtschaftlichen Fragen, begeistert den jungen Unternehmer vor allem die gemeinsame Lernkurve. Obwohl jedes Gründerteam eigene Themen verfolgt, stünden doch alle vor ähnlichen Herausforderungen. „Man lernt auch gemeinsam ein bisschen“, freut sich der Geschäftsführer. „Regelmäßig findet hier Austausch statt. Es werden Synergien geschaffen!“

Allerdings müsse vor allem der Austausch zwischen Start Ups und Großunternehmen verbessert werden. Start Up könnten neue Innovationen und Ideen für Großunternehmen bieten. Dafür bräuchten sie aber auch immer wieder Feedback von den großen Unternehmen.

Digitalisierung ist eine Einstellungssache

Digitalisierung bedeutet vor allem Möglichkeiten. „Ich glaube, man hat überall die Möglichkeiten. Man ist ja auch recht einfach und schnell vernetzt“ zeigt sich der digitale Pionier optimistisch. Allerdings wünscht sich Eckart mehr Toleranz, in der Digitalisierung etwas zu versuchen, scheitern zu dürfen, um dann mit einem neuen Ansatz erfolgreich zu sein.

Eine digitale Kultur ist nötig, die jeden mitnimmt, neue Möglichkeiten auszuprobieren. Der Zollhof Tech Incubator ist genau das richtige für die wachsende Startup Szene der Region. Gemeinsam mit Nürnberger Witz, dem berühmten Erfindergeist der Frankenmetropole, und Gründergeist entsteht hier aus einer digitalen Wüste eine dynamische Zukunft.

 

Titelbild: Bild by Stephan Raab