Polizei Sachsen, TwitterNicht nur die Politik nutzt soziale Netzwerke für ihre Außendarstellung und als Informationsplattform. Für die Zivilgesellschaft sind Plattformen wie Twitter, Facebook oder Instagram längst wichtige Diskursräume. Auch staatliche Institutionen finden sich vermehrt im virtuellen Netzwerk, so beispielsweise Polizeibehörden. In der Flüchtlingsdebatte kann die Polizei eine wichtigere Rolle einnehmen – als „Gegenrede“ zu lancierten Gerüchten und Mutmaßungen.

Die Aktivitäten von Behörden im Internet zur Verbrechensaufklärung oder allgemeinen Gefahreneinschätzung sind auch in Deutschland längst kein neues Phänomen. So kam es in der Vergangenheit zu ersten Erfolgen durch Facebook-Fahndungen. Bereits im Jahr 2011 machte die Polizei Hannover erste positive Erfahrungen mit diesem Ansatz. Niedersachsen avancierte zu dem Bundesland mit der intensivsten Nutzung. Die Politik beschäftigte sich daraufhin mit den Potenzialen und Risiken. Über Vor- und Nachteile diskutierten bereits in der Vergangenheit Experten auf politik-digital.de.

Soziale Netzwerke stehen für Möglichkeiten sowie Gefahren. Behörden können beispielsweise digitale Plattformen für die Auswahl geeigneter MitarbeiterInnen nutzen, wie es bereits bei der Personalakquise von Unternehmen üblich ist. Für die ureigene Aufgabe der Verbrechensaufklärung und Gefahrenabwehr muss die Polizei mittlerweile auch die Kommunikationsformen im Internet kennen, da sich kriminelle Motivationen zunehmend auch im Cyberspace bemerkbar machen.

Die gezielte Verbreitung von Gerüchten durch NutzerInnen von sozialen Netzwerken, vor allem über mutmaßlich durch Flüchtlinge begangene Straftaten, ist ein neueres Phänomen, mit dem sich die Polizei auseinandersetzen muss.

Polizei genervt von (Online-)Gerüchten

Im Zuge der Flüchtlingsdiskussion finden sich gerade in den deutschsprachigen sozialen Netzwerken gezielt geschürte Gerüchte über Straftaten von Flüchtlingen wieder. Vorsätzlich gestreute Beschuldigungen können Risiken möglicher Eskalation bergen und gegebenenfalls zu Übergriffen anstiften. Die Gefahr von Selbstjustiz durch Bürgerwehren, die sich auch auf sozialen Netzwerken organisieren, wurde in den Wochen nach der Silvesternacht verstärkt diskutiert.

Die Behörden zeigen sich zunehmend genervt von Gerüchten, wie die Leipziger Polizei mitteilt. Strafverfolgungsbehörden sind aufgrund des Legalitätsprinzips zu Ermittlungsverfahren angehalten, wenn durch ein Gerücht auf eine mögliche Straftat hingewiesen wird. Falsche Gerüchte binden viel Arbeitszeit und Arbeitskraft, berichten die BeamtInnen aus Leipzig, und behindern eine effiziente Polizeiarbeit. Derweil appellieren einige KollegInnen, so auch die Berliner Polizei, an die InternetnutzerInnen, sensibler mit schwerwiegenden Vorwürfen umgehen.

Polizei kann Gerüchten Online entgegentreten

Die Vorstellung von kriminellen Flüchtlingen in der deutschen Flüchtlingsdebatte ist präsent, somit  muss gerade ein Exekutivorgan wie die Polizei mit Aufmerksamkeit und Sensibilität reagieren. Das gelang im Oktober 2015 einer Polizeibehörde in Mecklenburg-Vorpommern, als sie eine Facebook-Offensive gegen eine pauschale Verurteilung von Flüchtlingen als Kriminelle startete. Die Polizei Vorpommern-Greifswald griff zu Fakten und präsentierte die nackten Zahlen: Das Ergebnis der statistischen Darstellung zeigte keinen Kriminalitätsanstieg im diskutierten Zeitraum.

(Digital) Community Policing?

Community Policing ist ein Konzept aus der Polizeiforschung, das die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bevölkerung vor Ort (meist auf kommunaler Ebene) verbessern soll. Es dient in erster Linie  der verbesserten Kommunikation und soll gemeinsame Probleme präventiv lösen.

In diesem Zusammenhang scheint es daher besonders interessant, welche Möglichkeiten sich aus der aktiven Nutzung sozialer Netzwerken durch die Polizei ergeben könnten. Kann der Polizei-BürgerInnen-Dialog durch soziale Netzwerke nachhaltig gefördert werden? Welche Konzepte können das Vertrauensverhältnis verbessern? Diese Fragen könnten in der Zukunft von größerer Bedeutung werden, vorausgesetzt die Politik wird sich der Relevanz neuer Technologien bewusst und setzt hier neue Akzente. Die Flüchtlingsdebatte zeigt bereits eindrücklich, dass die BeamtInnen vor neuen digitalen Herausforderungen stehen.

Bild: Screenshot des Twittter-Profils der Polizei Sachsen

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