Am 15.01.2020 fand in der Stratum Lounge Berlin das Event: „Bits und Bäume – Wie nachhaltig ist die Digitalisierung?“ statt. Dabei berichteten Anja Höffner und Vivien Frick davon, wie aus einer Idee eine Konferenz wurde, dann ein Buch und schließlich sogar eine neue Bewegung.

Die Frage, wie wir Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammen denken können, beschäftigt zurzeit viele Menschen. Der breiten Öffentlichkeit wird immer mehr bewusst, dass ihr Internetkonsum massive Mengen an Energie verbraucht. Doch was nun?

Diese Frage stellten sich die Macher*innen der Konferenz „Bits und Bäume“ bereits 2018. Es sollte eine kleine Konferenz mit Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen Branchen werden. Das Ziel war es, die Ökologie-, Entwicklungsarbeits- und Tec-Experten*innen zusammen zu bringen, um dieses interdisziplinäre Thema anzugehen. Das Feedback war riesig und insgesamt 2000 Menschen nahmen daran teil. In unterschiedlichsten Formaten erarbeiteten die Teilnehmer*innen Visionen für eine sozialgerechte und ökologisch sinnvolle Nutzung der Digitalisierung zu Gunsten der Erde und der Menschen. Festgehalten wurden die Ergebnisse in konkreten Forderungen und in einem Buch.

Von einer Konferenz zur Bewegung ?

Geeint wurden alle Teilnehmer*innen durch den Wunsch, mit Hilfe der Digitalisierung einen sozial-ökonomischen Wandel herbeizuführen. Dieses Anliegen sollte nicht mit dem Ende der Konferenz verstummen. Deshalb wurde dazu aufgerufen, Artikel einzureichen, die die einzelnen Teilgebiete des Themas behandeln sollten. Die Texte von über 50 Autor*innen wurden gemeinsam mit kreativen Infografiken schließlich in einem Buch gesammelt, das sowohl in einer gedruckten Version verfügbar herausgegeben wurde, als auch in einer digitalen, kostenlosen Form zum Download bereit steht. Doch auch damit waren Bits und Bäume nicht zu Ende. In einigen Städten begannen sich regionale Zweige herauszubilden, die Stammtische organisierten und Events veranstalteten. Möglich wurde das dadurch, dass der Name und die Inhalte des Buches mit einer Creative Commons 3.0 ausgestattet sind.  Somit kann sie jede*r nutzen (nicht kommerziell und unter Nennung der Quelle) und auch jede*r ist zum Mitmachen aufgerufen.

Die selbstorganisierten Stammtische und Veranstaltungen sammeln sich, hinter den 11 Forderungen der Bits und Bäume-Bewegung, die klare Punkte für eine nachhaltige Digitalisierung vorgeben und dem Ziel, die eigenen Veranstaltungen möglichst umweltschonend stattfinden zu lassen. (Im Detail kann man das auf der Website von Bits und Bäume nachlesen). Bits und Bäume als Bewegung befindet sich also noch in der Wachstumsphase, aber angesichts des großen Interesses, auf das das Thema stößt, scheint Zuwachs garantiert. nachlesen). Bits und Bäume als Bewegung  befindet sich also noch in der Wachstumsphase, aber angesichts des großen Interesses, auf das das Thema stößt, scheint Zuwachs garantiert.

Forderungen an die Politik

Das Kernziel ist es, Digitalisierung so zu gestalten, dass sie sich weniger nach den Interessen einzelner Wirtschaftsakteure richtet, sondern vor allem am globalen Gemeinwohl orientiert ist. Um das zu verwirklichen, hat Bits und Bäume 11 Forderungen erstellt, welche auf ganz unterschiedlichen Ebenen ansetzten. Viele scheinen direkt auf die Politik abzuzielen, aber auch die Informatik und Wirtschaft ist gefragt, um eine nachhaltige Digitalisierung zu schaffen.

Die Forderungen zeigen klare Wege, wie wir die Digitalisierung als Tool für das Gemeinwohl nutzen könnten. Sie legen Wert darauf, dass diese Digitalisierung in sich demokratisch gestaltet werden muss, da sich nur so ihr volles emanzipatorisches Potential nutzen lässt. Sie sprechen sich für informelle Selbstbestimmung aus und fordern die Zerschlagung von digitalen Monopolen, wie z. B. Google. Mit Bildung müsse gezielt versucht werden, die digital Kompetenz der Bürger*innen zu steigern, ebenso wie ihre Fähigkeit kritisch drüber nachzudenken. Im Bereich Entwicklungs- und Handelspolitik fordern die Bit und Bäume Teilnehmer*innen: „Alle Gesellschaften sollen gleichen Anteil an Nutzen und Kosten der Digitalisierung haben“, und wolle in Zukunft keine Einschränkungen der emanzipatorischen Digitalisierung mehr in Handelsabkommen oder bilateralen Verträgen.An die Technologie-Brache stellen sie die Forderungen nach einer Pflicht zur Nachhaltigkeit, Softwarehaftung und ein Ende von Software-Locks. Außerdem soll es einfacher werden Hardware zu reparieren oder zu recyceln. Auf der Website sind nicht nur die 11 Forderungen genau aufgelistet, es gibt sogar die Möglichkeit diese als private Person oder als Organisation zu unterzeichnen, um die eigene Unterstützung dieser Werte auszudrücken.

Da sich die Bewegung aber vorerst vor allem auf die Mobilisierung in der Zivilbevölkerung fokussieren will, setzt sie darauf, dass Mitglieder und Individuen ihre Ideen in die Politik tragen. In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass vor allem politische Regulierungen eine zentrale Rolle dabei spielen werden, sowohl technische als auch soziale Ziele zu erreichen und einen echten Wandel auszulösen.

Tipps für den Alltag

Auf der Veranstaltung wurde deutlich, dass aktuell eine große Verunsicherung darüber besteht, wie wir die Digitalisierung weniger umweltschädlich nutzen können. Anhand all der nach dem Vortag gestellten Fragen zeigt sich, dass ein großer Wille zum Handeln besteht. Für den ersten Schritt in Richtung bessere Zukunft hier ein paar einfache Tipps:

-Kaputte Geräte reparieren lassen oder es in Reparaturcafés  selbst versuchen

-DVD/Blu-ray statt Streams nutzen, wenn möglich

-Linux als Betriebssystem für den Computer verwenden, für die eigene Datensicherheit und den Support von Open Source Technologien

-Alte Elektrogeräte recyceln, anstatt sie Zuhause zu lagern oder unsachgemäß zu entsorgen

-Alternativen zu WhatsApp nutzen, die Open Source sind, wie z. B. Signal oder Conversation

-Und natürlich selbst aktiv für eine nachhaltige Digitalisierung eintreten und diese sowohl im privaten als auch im Arbeitsumfeld propagieren

Zu guter Letzt wurde von den Sprecher_innen eine Faustregel vorgeschlagen: Wer eine Stunde in der Woche für eine nachhaltige Digitalisierung und digitale Nutzung einsetzen möchte, sollte davon 15 Minuten in das Überlegen über technische Effizienz stecken und 45 Minuten in den Austausch mit anderen. Denn nur durch Sichtbarmachung kann das Bewusstsein dafür in der Gesellschaft wachsen und damit über die Politik eine nachhaltige, digitale Revolution auslösen.

Photo: from the Book „Was Bits und Bäume verbindet – Digitalisierung nachhaltig gestalten von Anja Höfner (Hrsg.), Vivian Frick (Hrsg.)

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