Anfang November wurden die Gewinner eines Studentenwettbewerbs, der vom
Innenministerium ausgeschrieben wurde, im Berliner Roten Rathaus ausgezeichnet. Im ausgehenden 20. Jahrhundert,
im Zeitalter der Chats, e-mails und Websites schrieb der Gewinner des ersten Preises,
Till Westermayer, zu einem hochaktuellen Thema: Chancen und Risiken elektronischer Demokratie in Deutschland.


Über 50 Studenten mussten lange warten. Manche hatten es vielleicht auch schon vergessen oder dachten, ihre Mühe wäre
umsonst gewesen, denn immerhin kostete es den meisten von ihnen viele Stunden vor dem PC, um ihren Beitrag zum Thema
"Deutsche Staatlichkeit im Zeitalter der Globalisierung" zu verfassen. Den Studentenwettbewerb, der vom
Bundesministerium
des Innern
zum 50. Jahrestag des Grundgesetzes schon im Sommer letzten Jahres ausgeschrieben wurde, hatte jedoch auch
die neue Regierung nicht vergessen, und Anfang November schließlich die Gewinner benachrichtigt. Jedoch sind die
"Anfangsversprechen", nämlich die Teilnahme an einem Jugend-Verfassungskongress und die Veröffentlichung der besten
Arbeiten, aus finanziellen Gründen vom Veranstalter gestrichen worden.

Im Oktober sind von einer unabhängigen Jury
die eingereichten Arbeiten von Till Westermayer, Gerhard Kilian und Oliver Ernst als beste ausgewählt worden. Till
Westermayer, der den mit 5000 Mark dotierten ersten Preis gewann, hat sich mit den "Chancen und Risiken elektronischer
Demokratie in Deutschland" beschäftigt. In seiner wissenschaftlichen Ausführung legt der Soziologiestudent der
Universität
Freiburg
jedoch nicht nur verschiedene Zukunftsvisionen dar, sondern führt auch die bisherigen Versuche elektronischer
Demokratisierungsprozesse aus. Dabei stellt er die These auf, dass der Wunsch, elektronische Hilfsmittel zur
Demokratisierung zu nutzen, nicht erst mit der Etablierung des Internets entstanden ist: Schon 1960 gab es den
Begriff der "Computerdemokratie" in der Soziologie, wie der 24jährige in schildert. Interessante Beispiele geben
Aufschluss über die Entstehung des Begriffs und die frühen Ideen der "direkteren Demokratie" in den USA. Till
Westermayer kommt in seinem Wettbewerbsbeitrag zu dem Schluss, dass "es nicht darum geht, den klassischen
parlamentarisch-demokratisch verfassten Nationalstaat vor der Globalisierung zu schützen, sondern darum,
neue Möglichkeiten in der Informationstechnologie flexibel zu nutzen, um so auch unter den Rahmenbedingungen
einer sich globalisierenden Welt die demokratische Staatlichkeit gerade durch ihre Veränderung und Modernisierung zu
erhalten." Neue technologische Möglichkeiten sollen also Werkzeuge sein für einen sich verändernden Staat, politische
Chats zum Beispiel sieht Till Westermayer als einen wichtigen Schritt zu mehr Partizipation der Bürger. (siehe
Interview).

Kurz nach der Preisverleihung, an der Till Westermayer ursprünglich, als er von seinem Gewinn noch nichts wusste,
nicht teilnehmen wollte, "um zuzuschauen, wie Preise an andere übergeben werden", entschloss sich der Veranstalter
doch zu einer Publikation der drei Gewinner-Beiträge.