Eine Gruppe junger Menschen mit technischem und wirtschaftlichem Know-how, die gemeinsam eine neue Website aufziehen – Berliner Start-Up-Alltag. Der Unterschied zu den üblichen Start-ups: Die Hälfte der Mitarbeitenden sind Geflüchtete, es geht nicht um Profit, sondern nur um eine Idee. Die Idee, Menschen und Kulturen zusammen zu bringen.
Lasse Landt, Mitinitiator von Let’s integrate!, stellte im Oktober fest, dass viele Menschen noch nie mit Geflüchteten gesprochen hatten, sondern nur über sie. Deshalb entschloss er sich, an einer Veranstaltung für Geflüchtete teilzunehmen. Dort lernte er Khaled Alaswad, einen Geflüchteten aus Damaskus kennen. Es entstand die Idee eines gemeinsamen Projekts, über das sich auch andere Geflüchtete und Deutsche kennenlernen können. So sollen Berührungsängste abgebaut und ein größeres Verständnis für die andere Kultur geschaffen werden. Seit November traf sich eine kleine Gruppe regelmäßig um an dem Projekt zu arbeiten, inzwischen sind rund 20 Personen involviert.
Ein Secret Handshake als Erkennungszeichen
Das Prinzip ist simpel: Über die Website von Let’s integrate! melden sich interessierte Deutsche und Geflüchtete an, geben ein Wunschdatum und eine Uhrzeit an und wählen einen Treffpunkt aus fünf Orten, die über die Stadt verteilt sind, aus. Dann bekommen beide Seiten eine E-Mail von Let’s integrate! mit weiteren Informationen und treffen sich dann am ausgemachten Punkt. Erkennen können sie sich an einem „Secret Handshake“, mit der rechten Hand wird ein „L“ für „Let’s“ geformt, mit dem Daumen der linken Hand ein „I“ für „integrate“. Die Treffpunkte wurden so gewählt, dass sich diverse Aktivitäten anbieten: Spazieren gehen im Park am Rathaus Schöneberg, gemeinsam den Zoo erkunden oder auf dem Alexanderplatz einen Kaffee trinken gehen. Auch Sprachbarrieren sollen kein Problem sein. „Im Urlaub funktioniert die Verständigung auch ohne dass man die Sprache spricht“, sagt Lasse Landt dazu.
Auch wenn ein Treffen schon nach einer halben Stunde beendet sei und man feststelle, dass man sich unsympathisch ist, wäre das ein Erfolg. “Das klingt zwar zunächst komisch, lässt aber immerhin in nur in den seltensten Fällen Raum für Gefühle wie etwa eine diffuse Angst, die bei entsprechender öffentlicher Stimmung schnell in Ablehnung oder gar Hass umschlagen kann.“, so Lasse Landt. Es geht darum Stereotypen abzubauen, weg von „dem Geflüchteten“ und „dem Deutschen“ und hin zu mehr Offenheit in der Gesellschaft. Wichtig ist den Gründern dabei aber auch ein anderer Punkt, es ist eine Begegnung von Menschen auf Augenhöhe. Es geht explizit nicht darum, Geflüchteten zu helfen, dafür gibt es andere Plattformen. Vielmehr sollen beide Seiten einander kennenlernen, wenn sich daraus weitere Treffen ergeben, umso besser.
Beta-Phase endet bald
Ab dem 01. Mai sollen die Treffen stattfinden können, momentan steht das Projekt noch in der Beta-Phase. Nachdem nun eine Website und der Newsletter verfügbar sind, wollen die Planer am „eigenen Leib“ ausprobieren, ob ihr Konzept aufgeht. Hierbei sind vor allem kulturelle Begriffe wie Pünktlichkeit und Gastfreundschaft ein Thema, damit das Aufeinandertreffen klappen kann. Alle Erfahrungen, die sie jetzt sammeln, werden dann als Hinweise in die E-Mails aufgenommen.
Ein weiteres Problem ist es sowohl auf deutscher Seite als auch auf Seiten der Geflüchteten potenzielle Teilnehmer zu erreichen. Denn nicht nur die Deutschen haben Vorurteile und bisweilen Angst vor Geflüchteten. Auch die Geflüchteten haben Hemmungen. „Es ist schwerer die Menschen in den Heimen zu erreichen, sie sind vor einem Krieg geflüchtet und haben Angst“, sagt Khaled Alaswad. Dennoch werden sie versuchen, möglichst viele Leute über Facebook zu erreichen, dort gibt es Gruppen, in denen sich die Geflüchteten gegenseitig helfen und sich online austauschen. Geplant sind auch Vorstellungen in Heimen und möglicherweise Flyer auf den Straßen. Als erstes Ziel haben sich die Gründer ungefähr 10 Treffen pro Woche gesetzt, nach oben ist die Grenze natürlich offen.
Sollte sich das Projekt in Berlin als Erfolg erweisen, könnte das Konzept auch schnell auf andere Städte übertragen werden. Notwendig wären nur ein wenig Ortskunde, um die Treffpunkte festzulegen und natürlich jede Menge Werbung. Dass ein solches Konzept funktionieren kann, zeigt unter anderem die Schwedische App Welcome!, die lokale Nutzer mit Geflüchteten verbindet. Das technische Wissen und die Motivation das Projekt in Deutschland groß zu machen haben die Mitglieder von Let’s integrate! auf jeden Fall.
Hier geht es zur Facebook Seite von Let’s integrate!
Titelbild: politik-digital.de, CC BY SA 3.0