Roboter, der metallene Traum der Menschheit: Intelligente Geschöpfe, erschaffen durch unsere Hand. Sie interagieren mit uns, arbeiten für uns, bedienen und fahren uns. Doch zwischen maschineller Automatisierung und sozialer Roboterarbeit stolpern wir über unsere ethischen Wertvorstellungen. Wo soll die Reise also hinführen, zum besseren Menschen oder zur perfekten Maschine?

Längst sind die Zukunftsphantasien früher Science-Fiction Klassiker technische Realität geworden. Roboter sind fester Bestandteil industrieller Produktionsmechanismen, drehen als automatisierte Staubsauger ihre Bahnen in unseren Wohnzimmern, kümmern sich um den Rasen oder spielen in der FIRA-Roboterfußballweltmeisterschaft um den Sieg. Doch wie geht die Entwicklung weiter und welche Lebensbereiche werden Roboter in Zukunft erobern? Und welche Regeln müssen wir im Umgang mit Robotern etablieren?

  1. Ein Roboter darf kein menschliches Wesen (wissentlich) verletzen oder durch Untätigkeit gestatten, dass einem menschlichen Wesen (wissentlich) Schaden zugefügt wird.
  2. Der Roboter muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren.
  3. Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, solange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert.

Mit diesen drei Gesetzen der Robotik, die Isaac Asimov bereits 1942 in seiner Kurzgeschichte Runaround aufzeigte, ging er sogar schon einen Schritt weiter. So zielen die „Grundregeln des Roboterdienstes“ darauf ab, das soziale Miteinander von Mensch und Roboter zu regeln. Doch was basteln wir zwischen den vielen Drähten und der Software eigentlich zusammen, was ist ein solcher Roboter überhaupt?

Von Halbautomaten und metallenen Hinterteilen

Der Begriff „Roboter“ leitet sich vom tschechischen Wort „robota“, zu Deutsch, „Frontdienst“ oder „Zwangsarbeit“ ab. Eine passende Bezeichnung will man meinen, schließlich sind die technischen Helferlein dazu auserkoren, dem Menschen Arbeit abzunehmen. Auch die früheren Bezeichnungen als „Automaten“ oder „Halbautomaten“ zielt in diese Richtung und gibt Hinweis auf den Charakter des Roboters. So bestand seine Hauptaufgabe darin, automatisiert mechanische Aufgaben zu übernehmen.

Doch Entwicklung bleibt bekanntermaßen nie stehen. So wurde der Sieg des Computers Deep Blue über den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow im Jahr 1996 zum Wendepunkt der modernen Robotik. Eine künstliche Intelligenz bezwang das menschliche Denkvermögen. Roboter wurden zunehmend weiterentwickelt, lernten selbstständig, agierten und reagierten. Zur reinen Mechanik gesellten sich komplexe Denkprozesse. Nun stehen wir vor einer neuen Entwicklungsphase. Nicht nur Arbeitsbereiche, auch unser soziales Lebensumfeld soll nun von Robotern erobert werden. Wahrnehmungsmechanismen sollen das Agieren in sozialen Kontexten ermöglichen.

Die Experten- und Interventionsplattform Co:llaboratory (CoLab) – Internet & Gesellschaft befasste sich deshalb mit dem Thema sozialer Interaktion und Beziehung von Mensch und Maschine. „Der technische Fortschritt weist den Weg hin zu Robotern mit sozialen Kompetenzen. Wir wollen Roboter, die als Gefährten, Familienmitglieder und Lehrer mit uns interagieren. Dazu müssen wir sie in gesellschaftliche Kontexte und Sozialnormen einbetten“, schaut Hans-Dieter Burkhard, emeritierter Professor für künstliche Intelligenz und intelligente autonome Roboter an der HU Berlin, voraus.

„Von allen Freunden die ich je hatte bist du der Erste“, meint Bender, der metallene Roboter-Kumpel des Pizzaboten Fry in der Serie Futurama. So überspitzt wie dieses Beispiel auch sein mag, gibt es dennoch Hinweis darauf, welcher Folgen wir uns durch die technischen Entwicklungen der Robotik, bewusst werden müssen. „The humanity can bite my shiny metal ass“, ist Benders Markenspruch. Vielleicht bekommen wir diesen Spruch bald auch im echten Leben zu hören; dann nämlich, wenn intelligente Roboter Teil unserer Lebenswelten und eigene Mitglieder der Gesellschaft werden. Ob dann die drei Gesetze der Robotik hier noch genügen, um das Miteinander von Mensch und Roboter zu regeln?

Auch Roboter brauchen Gefühle

Medizinroboter sind bereits heute fester Bestandteil hochkomplexer Medizin. Transportroboter, virtuelle Assistenzärzte und Chirurgie-Roboter sind zu einer nicht wegzudenkenden Unterstützung in modernen OP-Sälen geworden. Wo Krankenhäuser von der modernen Technik profitieren, fallen aber andere Stellen des Gesundheitssystems zurück. So kann die Pflege, die einen steigenden Anteil älterer PatientInnen versorgen muss, bisher nur wenig von den technischen Neuerungen profitieren. Pflegeroboter sollen hier Abhilfe schaffen.

Auch als soziale Agenten sollen sie handeln und mit dem Menschen interagieren, ihm in Notlagen helfen und bei gesundheitlichen Problemen unterstützen. Um diese Aufgabe zu übernehmen, braucht es zweierlei: Handwerkszeug, um eine ausreichende Unterstützung mechanisch zu realisieren, aber auch Sozialkompetenz, um gegebenenfalls für PatientInnen Entscheidungen zu übernehmen. Ähnlich wie im Film „Der 200 Jahre Mann“ müssen Roboter dann lernen, was ein Mensch ist, was ihn ausmacht. In Japan laufen hierzu bereits erste Feldversuche mit einem Hotel, das nur noch von Robotern betrieben wird. Sollten solche Tests langfristig funktionieren, könnte man ein ähnliches Prinzip auf Krankenhäuser übertragen.

Für Karsten Weber, Professor und Technikphilosoph, und Dr. Martin Meister, Techniksoziologe, liegt hier aber die zentrale technische Herausforderung: die Programmierbarkeit von Sozialität. So erscheint es äußerst schwierig, Robotern das beizubringen, was sich Menschen in Jahrzenten des sozialen Lernens aneignen. Sollten dann einmal die falschen Entscheidungen getroffen werden, ist es äußerst schwierig, einen Verantwortlichen für die Fehlentscheidung zu finden, ergänzt Burkhard.

Je mehr Roboter zu Begleitern in unseren Lebenswelten werden, je intelligenter und selbstständiger sie handeln, desto häufiger werden wir auf Konflikte mit unseren normativen Werten von Selbstbestimmung und Selbstbestimmtheit treffen. Wenn die Anknüpfungspunkte zwischen Mensch und Maschine zunehmend diverser und Teil unseres sozialen Umfelds werden, müssen wir letztlich entscheiden, in welcher Beziehung wir zu Robotern stehen. Sollen sie unsere Mittel, unsere Werkzeuge, Partner, Freunde oder sogar mehr sein? Auf dem Weg zu einer Antwort darauf müssen wir darüber diskutieren, wie Roboter aussehen sollen und wie nicht; wir müssen uns darüber klar werden, was Roboter eigentlich sind, und festlegen, welche Rolle sie in unserer Gesellschaft einnehmen sollen.

More human than human?

Betrachtet man das Einsatzgebiet der Pflege, scheint die Frage nach dem Erscheinungsbild sozialer Roboter bereits geklärt. Der Mensch überholt sich selbst. Vielleicht leitet sich der Roboter also doch eher vom englischen Namen „Rob“ ab: denn „der Erhabene“ humanoide Roboter rückt zunehmend ins Zentrum der Entwicklung und eröffnet den Raum für weitere Gedankenspiele.

Längst weisen Roboter typisierte ästhetische Formen auf, längst bauen wir Roboter nach unserem Ebenbild. Denn der Mensch anthropomorphisiert, er neigt zur Vermenschlichung von Robotern. So gehören unförmige Maschinen, die strikt Befehlen befolgen und einzelne Aufgaben erledigen, der Vergangenheit an.

Die Wahl zwischen der „perfekten Maschine“ und dem „besseren Menschen“ scheint also bereits entschieden. Die moderne Robotik baut am „Mensch 2.0“: Intelligent, lernfähig, sozial und allzeit bereit, ein Allroundtalent eben. „More human than human is our motto“, heißt es da vom Hersteller menschlicher Replikaten im Film Blade Runner über die Natur humanoider Roboter.

Zwischen Dienern und Gynoide

In vielerlei Hinsicht haben uns Science-Fiction Klassiker bereits die zentralen Probleme auf dem Weg zum Bau des „besseren Menschen“ gezeigt. So begegnet Batty, einer der humanoiden Replikanten in Blade Runner, dem Protagonisten mit den Worten: „That’s what it is to be a slave.” Aber auch der Gynoid (weiblicher Androide) Cho in Gwyneth Ann Jones Roman „Divine Endurance“ leidet unter ihrer Unterdrückung. Als „perfekte Frau“ ist sie dazu auserkoren, jeden Wunsch des Menschen zu erfüllen, doch ihre Schönheit und stereotypischen Geschlechtsattribute verstärken Unterdrückung und Diskriminierung.

Schon heute bevölkern Chatbots die Singlebörsen des Netzes und täuschen soziale Kontakte vor. Auf diese Weise sind Roboter nicht mehr nur noch Werkzeuge oder Helfer, die für uns Aufgaben erledigen. Sie erfüllen menschliche Wünsche nach Liebe, Anerkennung und Partnerschaft. In Japan beispielsweise wird Singles durch Roboter Aufmerksamkeit geschenkt, indem sie mit ihnen reden, Geborgenheit vortäuschen, ihnen das Gefühl von Liebe und Nähe vermitteln. Dabei fördert diese Verfügbarkeit aber auch eine zunehmende Beliebigkeit, fördern sogar Sexualisierung und Diskriminierung.

Vielleicht brauchen wir gerade deshalb geschlechtsneutrale Roboter, wie es die Ethik der Robotik vorschlägt. Vielleicht sollten wir weniger den „besseren Menschen“ bauen wollen, als uns auf die Entwicklung der „perfekten Maschine“ zurückzubesinnen. Wenn aber Sexualisierung und Unterdrückung von künstlicher Intelligenz und Robotern dazu führen, dass Geschlechtsdiskriminierung und „Master-Slave“ Konstellationen unsere Umgangsweise mit Robotern bestimmt, dann steht es nämlich vielleicht auch schlecht um unsere ethischen Wertevorstellungen.

Mein metallener Freund und Helfer?

In erster Linie bleibt der Roboter eine Maschine: Intelligent, sozial, aber eben ohne Gefühle. Auch die Entwicklung humanoider Roboter steckt noch in den Kinderschuhen. Dennoch dürfen wir die ethischen und gesellschaftlichen Fragen nicht ignorieren, die uns beim Bau von Robotern begegnen. Denn die Schöpfung einer menschenähnlichen Dienerschaft, die uns gehorsam folgt und unsere Arbeit verrichtet, wird nicht ohne Folgen an uns vorbeigehen. Wozu brauchen wir Roboter? Welche Eigenschaften wollen wir ihnen zuschreiben? Sollen sie aussehen wie Bender, geschaffen nach unserem Abbild, als Freund oder lediglich ein Industrieroboter zur reinen Arbeitshilfe sein?

Die Mechanisierung und der technische Fortschritt werden weitergehen. Roboter werden den Alltag immer mehr mitbestimmen und begleiten. Die Frage bleibt, in welche Richtung dies gehen soll. „Da waren lauter Nullen und Einsen und ich dachte, ich hätte sogar eine zwei gesehen“, schildert der Roboter Bender seine Erfahrungen. Es bleibt also noch viel zu entwickeln, zu entdecken und zu hinterfragen auf dem Weg zum Roboter der Zukunft.

Titelbild: Berlin, Roboter mit seinem Erfinder; Bild 102-09312 by Bundesarchiv via wikimedicommons licenced CC-BY-SA 3.0

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