2016-12-01-oeb-2229-2
Studieren ist teuer und die Tendenz in vielen Ländern steigend. Gleichzeitig wird der Bedarf an Berufstätigen mit einem abgeschlossenen Studium immer höher. Bildungsforscher kritisieren jedoch die konventionellen Wege der Wissensvermittlung. Die Lösung ist für viele: mehr Einbindung der Digitalisierung im Bildungssektor. Wie das im Hochschulsystem funktionieren kann, zeigen drei konkrete Beispiele.

Die 22. OEB, eine globale Konferenz zu digital unterstütztem Lernen, griff auch dieses Jahr die zentralen Probleme der Bildung auf (einen allgemeinen Bericht über die Konferenz finden Sie hier). Gerade die Verbesserung der Hochschulsysteme stand im Fokus vieler Diskussionen. In den Academic Sessions wurden unterschiedliche Beispiele von der Einbindung digitaler Aspekte in das Studium vorgestellt.

Ein Maßstab für Online-Kurse

In den letzten Jahren hat sich das Angebot von Online-Kursen stark erhöht. Immer mehr Menschen wollen an den sogenannten MOOCS (Massive Open Online Courses) teilnehmen. Je mehr Menschen sich jedoch auf die Online-Angebote verlassen, desto wichtiger ist es, dass die Qualität der Bildung auch im Netz gewährleistet ist.  Aus diesem Grund hat die European Foundation for Management Development das System EOCCS (Electronic Online Course Certification System) entwickelt, mit dem Online-Kurse zertifiziert werden. Im Jahr 2016 wurden 16 Business- und Management-Kurse von acht verschiedenen Universitäten, unter anderem von der HEC Paris, der Henley Business School und der Open University, zertifiziert.

Vier Aspekte bilden das Framework des Systems: der institutionelle Kontext, der Aufbau der Kurse, wie die Informationen konkret vermittelt werden, und die Qualität der Informationsvermittlung. Der Prozess, um EOCCS-zertifiziert zu werden, findet ebenfalls in vier Schritten statt. Die Universität kann den Antrag auf Zertifizierung jederzeit stellen und muss daraufhin Unterlagen und eine Selbsteinschätzung einreichen. Die Bewerbung wird dann in fünf bis zehn Wochen von einem Online-Ausschuss geprüft, und schließlich wird darüber abgestimmt ob das Zertifikat ausgestellt werden soll. Ist dies der Fall, bekommt der Online-Kurs spätestens zwölf Wochen nach der Bewerbung das Zertifikat, das drei Jahre lang gültig ist. Ähnlich wie bei herkömmlichen Universitäten gibt es somit also einen internationalen Maßstab, an dem sich Studenten orientieren können.

Die erste Online-Universität der Welt

Die Open University of Catalonia ist eine Online-Universität, die 1994 als erste Internet-Hochschule der Welt gegründet wurde und seitdem 58.000 Absolventen hervorgebracht hat. Sie bietet vollständige Master- und PhD-Programme auf Katalanisch, Spanisch und Englisch in verschiedenen Studienrichtungen wie Psychologie, Wirtschaft und Informatik. Das neueste Projekt der OUC ist die “Funiversity”, ein Studienformat, das ein Gleichgewicht zwischen Bildung und Entertainment garantieren will. Zwei Säulen des Projektes sind zum einen professionell produzierte Videos und zum anderen Spiele mit Lerneffekt.

Die Videos, die dem Dokumentationsstil von Vice ähneln, werden durch interaktive Inhalte ergänzt. So sieht man zum Beispiel beim Pausieren des Videos Extra-Infos darüber, welche zentralen Konzepte das Video beinhaltet, und weiterführende Links zur Vertiefung in das Thema. Außerdem können Studenten nachdem sie das Video beendet haben, ihr Wissen über die Inhalte in verschiedenen Fragen testen.

Quadrivia, das neueste Lernspiel der Universität, ist ein Quiz im Stil von Quizduell, wo Studenten gegeneinander antreten können. Die 30.000 Fragen wurden von den Professoren entwickelt und decken so die Inhalte der verschiedenen Kurse ab. Außerdem bekommen die Studenten nach jeder Runde Feedback zu ihrem Fortschritt. Besonders interessant beim Konzept der “Funiversity” ist, dass sich die OUC weniger an anderen, konventionellen Universitäten orientiert, sondern zunehmend an Entertainment Angeboten wie Netflix, wo Internetnutzer ihre meiste Zeit verbringen.

Das 75/25-Konzept

Ein weiteres Beispiel, wie das Internet für bessere Bildung genutzt werden kann, hat Klaas Wassens von der Erasmus University in Rotterdam vorgestellt. Nachdem die niederländische Universität festgestellt hatte, dass sich immer weniger Studenten für den Teilzeit-Master Business Administrations bewerben, entwraf die Universität das 75/25-Konzept. Anstatt den ganzen Master in den Räumen der Universität in Rotterdam stattfinden zu lassen, wurden 25% des Unterrichts auf Online-Elemente übertragen. Hierbei war es der Fakultät überlassen sich zu entscheiden, wie sie den Online-Unterricht gestalten. Beispiele reichen von Online-Vorlesungen über Simulationen von Tutorien und Tests, um den Fortschritt der Studenten zu überprüfen. Der erste Master in diesem Format, der im Januar 2015 startete, wird nun schon zum dritten Mal angeboten. Inzwischen hat das Programm wieder einen Zuwachs von 26% Studenten. Vor allem, so erklärt Klaas Wassens, seien mehr Studenten aus anderen Regionen der Niederlande dazugekommen. Das liegt vor allem daran, dass die Studenten nur noch zwei Mal in der Woche nach Rotterdam pendeln müssen, und somit Fahrtkosten und Zeit sparen. Das Konzept, das laut dem Professor auch auf andere Studienfächer übertragbar wäre, ist also vor allem für Städte interessant, in denen die Lebenskosten sehr hoch sind und viele Studenten daher weit außerhalb wohnen.

Alle drei Beispiele, die die Digitalisierung in einem unterschiedlichen Ausmaß in die Bildungsangebote einbinden, haben dasselbe Ziel: die Hochschulbildung für Menschen zugänglich machen, die durch finanzielle Beschränkungen sonst nicht dazu in der Lage wären. Außerdem lassen die neuen Formate hoffen, dass sich der Trend der digitalen Bildung weg von MOOCs mit einer hohen Dropoutrate und hin zu einem ernst genommenen Medium zur Wissensvermittlung entwickelt.

Titelbild: OEB via online-educa.com, Copyright OEB16/ICWE GmbH

CC-Lizenz-630x1101