1102_BTADA2Bereits ein Jahr ist es her, dass sich am 19. Februar 2014 in Berlin 16 Bundestagsabgeordnete zur konstituierenden Sitzung des ständigen Bundestagsausschusses Digitale Agenda (BTADA) zusammenfanden. Wir gratulieren und haben uns haben einige Zahlen rund um den Ausschuss zusammengetragen, die für sich sprechen.

Wie vor einem Jahr angekündigt, dokumentieren wir auf bundestag-digital.de die Arbeit des Ausschusses Digitale Agenda und haben im vergangenen Jahr eine Vielzahl an Dokumenten, Statements und Einordnungen zusammengetragen, um eine Plattform für Netzpolitik im Bundestag zu bieten.

Der BTADA ist im Februar 2014 mit dem Ziel angetreten, die Themen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ aus der vorherigen Legislaturperiode aufzugreifen: Mit der Einsetzung des Ausschusses „Digitale Agenda“ wurde eine „maßgebliche Handlungsempfehlung“ der Enquete-Kommission umgesetzt. Jedoch erhielt der Ausschuss nicht die Federführung über die ausschussrelevanten Themen. Bereits auf Ministeriumsebene war das Thema Digitalisierung zuvor auf drei verschiedene Ressorts verteilt worden.

Dementsprechend teilen sich nun drei Ausschüsse die Federführung über die Digitale Agenda der Bundesregierung: Wenn es um Breitbandausbau, IT-Sicherheit, Datenschutz, Netzneutralität oder andere Netz-Themen geht, liegen diese im Innen- und Rechtsausschuss sowie im Verkehrsausschuss. Letzterer wurde analog zum entsprechenden Ministerium um den Bereich digitale Infrastruktur erweitert wurde. Auch bei wirtschaftlichen Themen, beispielsweise der Unterstützung der Start-Up-Szene, darf der Ausschuss Digitale Agenda keine Federführung übernehmen. Das tut der Wirtschaftsausschuss.

Der BTADA kommt etwa zweimal monatlich zusammen. Seine Aufgabe besteht darin, den drei anderen Ausschüssen beratend zur Seite stehen, „auf Augenhöhe mit den anderen Ausschüssen“, wie der Ausschussvorsitzende Jens Koeppen (CDU) die Rolle des BTADA begreift.

Nur sechs von 28 Sitzungen waren öffentlich

Der Ausschuss ist mit 16 Abgeordneten besetzt: sieben Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion, fünf SPD-Abgeordnete und je zwei Abgeordnete der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Bürgerbeteiligung und größtmögliche Öffentlichkeit waren noch Aushängeschilder der Enquete-Kommission, fanden jedoch nur begrenzt Aufnahme im Ausschuss. Von den 28 Sitzungen waren lediglich sechs für die Öffentlichkeit zugänglich, dies waren, wie in Bundestagsausschüssen üblich, die Fachgespräche. Von diesen sechs öffentlichen Sitzungen steht bisher lediglich das Wortprotokoll der ersten Sitzung vom 7. Mai 2014 zur Verfügung.

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Mitglieder des Ausschusses Digitale Agenda
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Im Juli 2014 beschloss der Ausschuss die Einsetzung eines Online-Beteiligungstools, es wurde Anfang November freigeschaltet und soll als Pilotprojekt zunächst bis zur parlamentarischen Sommerpause im Jahr 2015 im Einsatz sein. Seitdem können Interessierte sich dort mit Diskussionsbeiträgen zu vorher gestellten Fragen an öffentlichen Sitzungen beteiligen. Fragen wurden dort bislang zu drei Fachgesprächen über eHealth, Open Data sowie die Urheberrechtsreform und Leistungsschutzrecht für Presseverlage gestellt. Fazit nach drei öffentlichen Fachgesprächen und fast drei Monaten Laufzeit: 35 Antworten auf 31 bestehende Fragen. Letzte Aktivität: 3. Dezember 2014.

VorschauAuftraggeberBeschreibungJahr
pol-di.net e.V.Politik kommunizieren – über die Kommunikationsfähigkeit von Ministerien per Brief, Fax und E-Mail2009
Bertelsmann StiftungStudie über die Webfähigkeit der Bundesregierung2009
Bundesministerium für Bildung und ForschungStudie zur Anwendbarkeit des Förderinstruments “Digitale Pioniere” in Deutschland2009
Right Livelihood Award Foundation (“Alternativer Nobelpreis”)Erarbeitung einer Online-Strategie für die Stiftung2008
Bertelsmann StiftungStudie zur Rolle des Internet bei der Optimierung politischer Reformprozesse2007
-Bertelsmann StiftungNeue Medien und politische Kommunikation auf EU-Ebene2007
-Bertelsmann StiftungNeue Medien als Ressource strategischen Regierens2007
-Bundeszentrale für politische BildungMöglichkeiten von Web 2.0-Angeboten für den Aufbau einer Community bei euro|topics2006
Initiative Pro DialogKommunikationsfähigkeit von Ministerien per Brief, Fax und Mail2006
British Council Berline-Participation in Deutschland und Großbritannien: Bestandsaufnahme und Analyse (in deutscher und englischer Sprache)2006
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vertreten durch das Internationale Büro des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beim DLRKonzeption einer zielgruppenspezifisch orientierten Website zum Forschungsstandort Deutschland2006
Bundeszentrale für politische BildungZwischen Hype und Potenzial: Weblogs in der politischen Bildung2005
politik-digital.de in Zusammenarbeit mit Initiative e-Partizipatione-Bürgerbeteiligung in deutschen Großstädten
politik-digital.deWebsites der Landesparlamente im Vergleich2004
Bertelsmann StiftungRecherche Informationsfreiheitsgesetze und Anwendungsbeispiele2004
Technikfolgenabschätzungsbüro beim Deutschen Bundestag (TAB)Copyright und Urheberrecht: Formen und Bedeutung des Internet-Diskurses2004
Bundeszentrale für politische BildungDefining eDemocracy in Relation to eGovernment- and eAdministration-Strategies2004
Zentrum für Medien und Interaktivität an der Universität Gießen / Technikfolgenabschätzungsbüro beim Deutschen Bundestag (TAB)Zuarbeit zu größerem Studienprojekt des Technikfolgenabschätzungsbüro beim Deutschen Bundestag: eParlamente. Internet-Strategien von nationalen Parlamenten im Vergleich2004
Universität KasselBenchmarking der internationalen Hochschulwebsite2004
VerdiTrendbarometer: Vorstudie zur Erstellung von Trendbarometern, Online und Offline2004
Deutscher Akademischer Austausch-Dienst (DAAD) / GATE GermanyDas Internet al das zentrale strategische Instrument des internationalen Hochschulmarketings2003
-Deutscher Akademischer Austausch-Dienst (DAAD) / GATE GermanyInternetstrategien internationaler Mittler-Organisationen im Bildungsbereich2003
-Stiftung MitarbeitRatgeber: „Netzwerke stärken – virtuelle Netze nutzen Lernen. Eine Einführung und Entscheidungshilfe für erste und zweite Schritte beim Internetauftritt kleiner Organisationen und Nichtregierungsorganisationen”2003
-Hessischer RundfunkOnline-Parteientest im Bundestagswahlkampf 2002.2002
politik-digital.de, emnid@emind, 3-point-conceptseCandidates. Webtest von Kandidatenseiten für den Deutschen Bundestag. Partner: emind@emnid und 3-point-concepts2002
Deutscher Akademischer Austausch-Dienst (DAAD) / GATE GermanyGlob@lma Mater – Internationalisierungsstrategien deutscher Hochschulen mit Hilfe des Internets.2002
Initiative D21 e.V.“E-Town: Deutschlands digitale Hauptstädte”2002
Holtzbrink-VerlagWebtest: Berliner Hochschulen im Auftrag von zitty-Stadtmagazin2001
Initiative D21 e.V.„eLearning: Chancen neuer Bildungsstrategien für das Beschäftigungspotenzial in Deutschland” Auftragsprojekt.2001
AccentureePolitics – Von eBusiness zu ePolitics. Was die Politik von eBusiness-Strategien lernen kann. Gemeinsames Projekt.2001
Bundeszentrale für politische BildungArchivierungsstrategien im Internet2001
(N) Onliner-Atlas. Studie.Formulierung eines White Papers zur Digitalen Spaltung, Medienpartner. Partner: emind@emnid und Initiative D21
Are we family? Partner: Initiative D21Are we family? Umfang und Formen der Mitarbeiter-Mitbestimmung in der New Economy.2001
-Bertelsmann StiftungNichtregierungsorganisationen im Internet: Best Practice Analyse2001
Friedrich Ebert StiftunParteiPolitik 2.0: Online-Auftritte der Parteien im Vergleich2001
politik-digtal.deWebtest aller Mitglieder des Bundestages2001
politik-digital.de mit Partner “zitty”Websites Berliner Hochschulen im Test2001
politik-digital.deWebtest aller Mitglieder des Bundestages2000
politik-digital.deParteientest
politik-digital.deWebsites der unter 35-jährigen Bundestagsabgeordneten im Test1999
politik-digital.deWebsites der Bundesministerien im Test1999
politik-digital.deWebtest aller Mitglieder des Bundestages1998
politik-digital.deWebsitecheck der Bundesministerien am ersten Arbeitstag mit neuen Dienstherren1998

Insgesamt wurden auf allen Sitzungen des BTADA bisher 102 inhaltliche Tagesordnungspunkte behandelt (ausgenommen die Tagesordnungspunkte „Allgemeine Bekanntmachungen“ und „Verschiedenes“). Somit ergeben sich durchschnittlich drei Tagesordnungspunkte pro Sitzung.

Seit Gründung kein Gesetzentwurf unter Federführung des Ausschusses

Im Oktober 2014 erhielt der Ausschuss die Federführung über den Themenbereich Digitale Agenda. In den vorangegangenen Sitzungen mussten sich die Abgeordneten aber noch vom Bundesinnenminister die „Digitale Agenda des Bundesministeriums des Innern“ und von der Bundesregierung die „Digitale Agenda 2014 bis 2017“ vortragen lassen.

Die dem Ausschuss übertragene Federführung ist auch nicht allumfassend. Mehr als ein halbes Jahr nach seiner Einsetzung darf der Ausschuss zwar alle die Digitale Agenda der Bundesregierung betreffenden Themen ausarbeiten. Die verbleibenden Arbeitsgebiete werden jedoch weiterhin vom „Dreigestirn“ aus Innen-, Wirtschafts- und Verkehrsausschuss bearbeitet. Bislang hat der Ausschuss keinen einzigen Antrag bzw. Gesetzentwurf für die fortschreitende Digitalisierung oder für die Umsetzung der Vorschläge der Enquete-Kommission bearbeitet. Bisher gab es auch weder Beschlussempfehlungen noch Berichte zu Themen, die die Digitale Agenda der Bundesregierung betreffen.

Vorläufiges Fazit zum 1. Geburtstag

Nach einem Jahr ist die Umsetzung der Themen der Enquete-Kommission in einigen Gebieten, wie dem Breitbandausbau, planerisch vorangeschritten, in vielen anderen Themengebieten jedoch nicht. Insgesamt gab es weder eine nennenswerte öffentliche Beteiligung noch Impulse der 16 Abgeordneten des Ausschusses, um etwas an diesem Zustand zu ändern. Während die Enquete-Kommission ambitionierte Beschlüsse niederschrieb  und öffentlichkeitswirksam präsentierte, nutzte der BTADA diese Möglichkeiten bisher nicht. Trotz über 100 inhaltlichen Tagesordnungspunkten in 29 Sitzungen erfolgte keine öffentlichen Stellungnahme oder Empfehlung. Es entsteht der Eindruck, dass der Ausschuss wieder bei Null angefangen hat, anstatt an die Ergebnisse und Empfehlungen der Enquete-Kommission anzuknüpfen – schade um die bisher vertane Chance.

Zum einjährigen Jubiläum des Ausschusses Digitale Agenda veröffentlichen wir in der kommenden Woche auf bundestag-digital.de fünf Interviews mit Mitgliedern des Ausschusses, in denen sich je eine VertreterIn aller Fraktionen zur Arbeit des vergangenen Jahres äußert, u. a. mit dem Vorsitzenden Jens Koeppen (CDU).

Titelbild: Mike Haufe

Artikelbild: Tobias Koch

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