Die studentische Protestwelle rollt, auch im Internet. Wie reagiert die politische Gegenseite auf die digitale Mobilmachung der Studenten?
Berlins Studenten haben das Internet in ihre derzeitigen Proteste fest eingebunden, indem sie ihre Aktionen im Netz koordinieren und die Öffentlichkeit online über ihre Positionen informieren. Aber auch die politischen Institutionen, an die sich die studentischen Proteste richtet – der Berliner Senat, die Regierungsparteien PDS und SPD und die Uni-Präsidenten – könnten im Kampf um die öffentliche Meinung die ihnen zur Verfügung stehenden elektronischen Informationsmöglichkeiten nutzen.
Der Berliner Senat
Wie reagiert die politische Gegenseite auf die digitale Mobilmachung der Studenten?
Die Bemühungen des Berliner Senats, den Studenten elektronisches Paroli zu bieten und ihrerseits die Öffentlichkeit im Netz zu informieren, fallen sehr spärlich aus. Auf dessen
Website finden sich lediglich einige Pressemitteilungen. In diesen lässt beispielsweise Finanzsenator Sarrazin die Außenwelt wissen, dass er die Besetzung seines Büros nicht als eine „legitime Form der politischen Auseinandersetzung hält“. Konkrete Informationen oder Stellungnahmen der politisch verantwortlichen Akteure sucht man ebenfalls wie interaktive Beteiligungsformen vergebens.
Die Regierungsparteien
Auf welche Weise setzen sich die Internetauftritte der Berliner Regierungsparteien PDS und SPD mit den Protesten auseinander? Die
PDS thematisiert die Studentenproteste in Pressemitteilungen über die Besetzung der Landeszentrale, bezieht in einem Artikel Stellung und veröffentlichte online sogar einen offenen Brief mit den Forderungen der Studenten. An der
Berliner SPD hingegen scheinen die Proteste spurlos vorüber zu gehen – zumindest, wenn man deren Internetauftritt betrachtet: Dort finden sich weder Pressemitteilungen noch Stellungnahmen oder interaktive Angebote.
Die Uni-Präsidien
Teilweise richten sich die Proteste der Studierenden aber auch gegen ihre eigenen Präsidenten. Ihnen werfen die Studenten vor, sich nicht in genügendem Ausmaß den Kürzungsplänen entgegengesetzt zu haben und die Proteste nicht ausreichend zu unterstützen. Aber auch hier gibt es Unterschiede zwischen den Berliner Unis, die sich an der Gestaltung der offiziellen Seiten der drei großen Universitäten bemerkbar macht. Während sich der Präsident der Technischen Universität mit den Studenten solidarisiert hat und auch auf der
TU-Seite sehr viele Informationen und Links zum Streik zu finden sind, hält sich das Präsidium der Freien Universität eher zurück – dementsprechend dürftig sind auch die Informationen auf der offiziellen
FU-Seite.
Klarer Sieger nach Punkten: Die Studenten
Auf dem digitalen politischen Schlachtfeld scheinen die Studenten also klar die Nase vorn zu haben, die politischen Gegner sind dem elektronischen Arsenal der Protestler klar unterlegen.
Das Netz ist fest in studentischer Hand – allerdings spannt das Internet nur die Fäden. Den Protest-Aktionismus vor Ort kann das Internet nicht ersetzen, denn die wahren „Schlachten“ werden offline, ohne Maus und Modem geschlagen. Dies zeigt auch der letzte Eintrag bei indymedia zur Besetzung des Büros von Finanzsenator Sarrazin: 16 Uhr 42: „Beamte der 23. Einsatzhundertschaft räumen derzeit das Gebäude“
Der Akteur der Gegenseite, der das Informationspotential des Internets am besten erkannt zu haben scheint, ist die Berliner Polizei, denn deren Pressestelle bestätigt gegenüber politik-digital.de, dass auch die Staatsgewalt das Netz nutzt, um Informationen über geplante Protestaktionen zu bekommen: „Wir gucken schon auch rein und informieren uns, wie jeder andere User auch.“
Erschienen am 09.12.2003
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