Gut ist ihm nicht gut
genug: der Internetauftritt des Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Rezzo Schlauch,
war eigentlich hochgelobt und auch prämiert.
Trotzdem stellt der "große Grüne" aus Schwaben nun seine rundumerneuerte Website
vor und kann sich selbst noch übertreffen. Neben den reichhaltigen politischen
Informationen zur günen Politik bietet www.rezzo.de
einige echte Netzneuerungen an.

Ein
Spendentool soll es Spendierwilligen erleichtern, die grüne Partei zu unterstützen,
unter "Rezzonanz" werden Umfragen zu aktuellen Themen durchgeführt und die Rubrik
"EUROpa" wartet mit Verbraucherinformationen zur Währungsumstellung auf. Den
größten Coup landet Rezzo Schlauch jedoch mit einem Wettbewerb, der Engagement
für die grüne Sache belohnt. Auch ohne Parteibuch können die User sich durch
gute Ideen und kleine oder große Aufgaben je nach persönlichem Interesse engagieren.
Politik-digital erzählte Rezzo Schlauch einen Tag vor dem Launch, welche Bedeutung
sein neuer "Marktplatz" für ihn hat.

politik-digital:
Herr Schlauch,
ist ihre Seite fit für den Wahlkampf 2002?

Rezzo Schlauch: Die
war eigentlich schon vorher fit. Ich denke dass diese Seite jetzt ein umfassendes
Angebot hat, sowohl ein aktuelles Informationsangebot, wie auch ein interaktives
Angebot. Die Interaktion auf der Seite ist mir ganz besonders wichtig. Die neuen
Medien werden ja lauthals von Vielen gepriesen, das Entscheidende an der Kommunikation
im Netz ist aber die Interaktion. In diesem ganzen Bereich habe ich den Eindruck,
dass es Defizite gibt. Wir haben da mit der neuen Seite an entscheidenden Stellen
aufgeschlossen, das ist nicht nur eine technische Frage, das ist auch eine hochpolitische
Frage. Viele behaupten, dass die Politik, so wie sie sich insbesondere bei jungen
Leuten darstellt, abtörnt. Mit dieser Seite machen wir den Versuch, Politik
und Lebensfreude zu verbinden. Last but not least schaffen wir mit Anwendungen
wie dem Spendentool einen Mehrwert, der für eine kleine Partei wie die Grünen
wichtig ist. Aber wegen des Wahlkampfes habe ich das nicht primär gemacht. Wir
wollten einfach endlich die Möglichkeiten einer Website ausschöpfen und nicht
nur darüber reden.

politik-digital:
Das Mitmach-Tool,
das ein Engagement ohne Parteimitgliedschaft fördert, könnte ja für den Wahlkampf
interessant werden.

Rezzo
Schlauch:
Ja, Partizipation ist ein ganz wichtiges Element, das auf der
Seite angeboten wird, auch ausserhalb der klassischen Parteimitgliedschaft.
Ich selber war bis zu dem Zeitpunkt zu dem ich in die Partei eingetreten bin,
ein Skeptiker Parteien gegenüber. In meinem eigenen Kreisverband in Stuttgart
war ich maßgeblich daran beteiligt, jungen Leuten, die sich im Wahlkampf beteiligt
haben, einen Platz und auch Mittel zu geben und gleichzeitig deutlich zu machen:
Leute, ihr mühst nicht Parteimitglied werden. Das Internet bietet für solche
Formen des Engagements spielerische Varianten, die ich mit meiner Seite testen
möchte. Es gibt übrigens nicht nur fürs Plakate-kleben Punkte, originelle Ideen
werden noch höher eingestuft.

politik-digital:
Es gibt also ein
Punktesystem für Engagement?

Rezzo Schlauch: Ja,
für Engagement in jeder Hinsicht gibt es Punkte, für kreatives, gedankliches
und handwerkliches. Es gibt dann ein Benotungssystem und entsprechende Belohnungen,
beispielsweise Buchgeschenke, T-Shirts oder ein Abendessen mit mir oder anderen
Grünen. Das ganze ist zwar um meine Person herum angeordnet, soll aber auf die
ganze Partei hinführen und über die Arbeit informieren. Alle reden davon, dass
der Einstieg in die Politik vereinfacht werden soll, aber es gibt kaum seriösen
Angebote. Ich denke, nun gibt es eins.

politik-digital:
Ihre Seite schlägt auch persönliche Töne an. Haben sie Sorge, dass man Ihnen
vorwirft, zu wenig sachliche Inhalte zu liefern?

Rezzo Schlauch: Ich
habe bewusst gesagt, dass ich ein bißchen Entertainment und Lockerheit auf der
Seite möchte. Ich bin mit Leidenschaft Politiker, doch ich lebe auch mit Leidenschaft.
Auf meiner Seite soll beides rüberkommen. Wenn man in die Tiefe gehen will,
kann man das auf meiner Seite auf verschiedene Weise. Es gibt Informationen
zur Partei und zur Fraktion, zur grünen Idee, zu meiner politischen Einstellung.
Dazu gibt es die Dialogangebote im Forum, im Gästebuch und gerne würde ich auch
öfter einen eigenen Chat anbieten.

politik-digital:
Sie haben ja auch eine Rubrik "Europa" auf der Seite eingerichtet. Was erwartet
den User da?

Rezzo Schlauch: Das
ist eine ganz praktische Seite: Hier biete ich Information zu den Fragen, die
ich zum Thema EUROpa häufig gestellt bekomme. Die unter "EUROpa" verfügbaren
Informationen rund um die Einführung des Euro sind ja nicht stramm politisch
oder stramm grün, sondern ich biete da einen Verbraucherservice mit Hinweisen
zur Währungsumstellung. Für die Detailinformationen habe ich eine differenzierte
Linksammlung zusammengestellt.

politik-digital:
Wie lief die Planung zu der Seite ab? Wie eng waren Sie an der Entwicklung beteiligt?

Rezzo Schlauch: Wir
hatten mit der bisherigen Seite eine gute Resonanz, bekamen aber auch Rückmeldungen
was wir besser machen können. Wir haben uns also am Anfang alle zusammengesetzt
und ein Brainstorming gemacht und überlegt, was auf der Seite alles passieren
soll. Dabei war die entscheidende Frage, wie wir ein Mehr an Beteiligung, an
Möglichkeiten zum Mitmachen hinbekommen. In der Folgezeit hat unser Webmaster,
Rüdiger Puntke, ein junger und offensichtlich sehr talentierter Grafiker sehr
sehr viel Zeit in die Entwicklung gesteckt.

politik-digital:
Beteiligung muss gewollt werden. Grade bei politischen Fragen gehen die Vorstellungen
davon, wieviel Mitbestimmung gut ist, ja auseinander.

Rezzo Schlauch: Das
stimmt. Interaktion und Mitbestimmung kann natürlich auch mühsam sein. Wenn
die Angebote gut angenommen werden, dann macht die Pflege und Betreuung sehr
viel Arbeit. Mein Politikstil war aber schon immer ein kommunikativer Stil.
Ich bin immer dahin gegangen, wo die Leute sind: auf den Marktplatz oder in
die Kneipe. Meine Seite ist auch ein Ort für Kommunikation, das ist nur eine
andere Form von Marktplatz. Ich möchte Kommunikation auf meinem Marktplatz im
Netz befördern. Das ist eine Übertragung meines Politikstils.

politik-digital:
Wie wollen Sie den Marktplatz bevölkern?

Rezzo Schlauch: Wenn
wir gut bleiben und es weiterhin gelingt, schnell auf Anfragen zu reagieren,
dann spricht sich das Angebot rum. Als kleinen Einführungsgag bieten wir ja
jetzt auch T-Shirts unter der Überschrift "green-me-up.de" sowie "forevergreen"
an. Man könnte sagen: Die beste Qualität ist uns nicht nur in unserer Politik
wichtig, sondern auch auf der Haut. Deshalb kooperieren wir mit der Kampagne
Öko-Fair-tragen, die ökologisch nachhaltige und fair gehandelte Textilien anbietet.

politik-digital:
War das Mailaufkommen bisher zu bewältigen?

Rezzo Schlauch: Wir
haben gut damit zu tun, aber bisher musste noch niemand dafür eingestellt werden.
Allerdings verändern die Anforderungen des Internet auch den Büroalltag und
im Grunde sind unsere Strukturen darauf bisher zu wenig ausgerichtet.

politik-digital:
Das Design ihrer
Seite ist ungewöhnlich. Geben sie mit dem schwarz/grünen Layout eine Zukunftsvision
vor?

Rezzo Schlauch: Ich
bin eigentlich in der Farbenlehre offen, auch in der politischen Farbenlehre.
Aber eine aktuelle Relevanz hat die Kombination schwarz-grün nicht. Die CDU
ist zur Zeit in einem tiefgreifenden Umbruchsprozess, von dem keiner richtig
weiß, wohin er die Partei führt. Das ist zur Zeit also politisch für die Grünen
keine Perspektive.

politik-digital:
Wie hoch war das Budget für die Seite?

Rezzo Schlauch: Wir
sind ohne Agentur und mit wenig Geld ausgekommen, dies gilt selbst für so schwierige
Fragen wie die sichere und vertrauenswürdige Abwicklung der Spenden. An der
Danksagung im Impressum können sie ablesen, dass am Ende eine Vielzahl von Bekannten
und Freunden zum Gelingen des Projektes beigetragen haben.

politik-digital:
Cem Özdemir hat ja seit einigen Wochen auch eine neue
Website
. Gibt es eine neue grüne Netzrenaissance?

Rezzo Schlauch: Ich
hoffe, dass die Grünen kapieren, dass mit dem Internet ein optimales Kommunikationsmittel
bereitsteht. Unter den Wählerinnen und Wählern der Grünen sind ja die höchsten
Zahlen von Internetusern. Da wären wir dumm, das Netz nicht weiter in den Mittelpunkt
zu rücken. Cem und ich machen uns ein kleines Vergnügen daraus, uns gegenseitig
anzuspornen – von den anderen Parteien bekommen wir in der Frage ja keinen Druck.

politik-digital:
Haben die Grünen als Regierungspartei genug getan, um die Digitalisierung der
Gesellschaft voran zu treiben? Reichen die Projekte aus, um den notwendigen
technologischen Fortschritt anzuregen?

Rezzo Schlauch: Wir
Grünen differenzieren ja zwischen dem Nutzen der verschiedenen neuen Technologien,
den Neuen Medien stehen wir äußerst positiv gegenüber. Diese Regierung hat die
Defizite der alten Regierung in weiten Teilen aufgeholt. Die Initiative D21
hat beispielsweise viel für die Vernetzung der Bildungsinitiativen getan, ein
wichtiger Punkt. Aber ich sehe ein Defizit im Bereich der Partizipation. Die
Angebote, bei denen dem Bürger Bürokratie und Kommunikation erleichtert werden,
sind viel zu selten. Aber das ist nicht nur eine Frage der Bundesregierung als
oberster Ebene. Das muss auch in den Kommunen und Ländern stattfinden.

politik-digital:
Deutschland ist beispielsweise bei der Digitalisierung der Verwaltung nur Mittelfeld.
Liegt das am Geld oder am Enthusiasmus?

Rezzo Schlauch: Dass
das Internet auch Ängste schürt und nicht nur Neugierde hervorruft, dass ist
ja nicht zuletzt in Verwaltungen zu spüren. In Stuttgart z.B. höre ich, dass
die Einführung von einem erneuerten stuttgart.de zu vielen gruppendynamischen
Konflikten führt. Wir sind auch deshalb also im Mittelfeld, weil wir in der
Verwaltungserneuerung nicht mit der Digitalisierung ansetzt, sondern viel früher.
Außerdem müssen wir auch die Menschen der mittleren und älteren Generation an
die Medien heranführen. Dies ist wichtig, damit wir nicht eine Spaltung in der
Gesellschaft haben. Der wichtige Begriff ist hier die Zugangsgerechtigkeit.

politik-digital:
Wie stehen sie zum Dauerthema "Wahlen per Mausclick"?

Rezzo Schlauch: Man
sollte sich davor hüten, Erwartungen zu wecken, die keinen realen Bezug haben.
Die Beteiligung, die Partizipation wurde auch ganz weit gedacht und bisher so
mangelhaft umgesetzt. Das Thema Wahlen ist doch auch symbolisch: Das Kreuzchen
setzen und Wahlzettel einwerfen ist ein symbolischer Vorgang. Gleichzeitig wird
das Thema Internetwahlen auch symbolisch für den Grad der Digitalisierung behandelt.
Ich denke, dass es zunehmend schwierig ist, eine Briefwahl zu ermöglichen, eine
Wahl im Internet aber nicht. Wir grünen haben da ja in Baden-Württemberg mit
dem ersten Internet-Parteitag, der Wahl von Delegierten, dem Abstimmen von Resolutionen
etc. die Richtung aufgezeigt …

politik-digital:
Kommen wir noch mal zu Ihrer Seite. Wieviel Raum werden Sie für aktuelle Themen
haben. Wird beispielsweise mit dem Launch der Seite auch die Gelegenheit sein,
zu aktuellen Themen wie dem Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr zu diskutieren?

Rezzo Schlauch: Das
ist ein ganz wichtiger Punkt. Ohne zu hohe Erwartungen zu wecken, will ich versuchen,
regelmäßig aktuelle Themen aufzupicken und meine Position dazu darlegen. Das
Forum kann ja zudem schon jetzt von allen genutzt werden, um aktuelle Fragen
zu diskutieren; dass muss ja nicht von mir kommen.

politik-digital:
Könnte es dann unter "Rezzonanz" auch zu einer Abstimmung kommen z.B.: Soll
sich die Bundesregierung an einem Einsatz beteiligen? Würden Sie sich danach
richten?

Rezzo Schlauch: Onlinevoting
wird auf der Startseite seinen Platz haben. Allerdings wird es kein imperatives
Mandat geben. Wenn meine Entscheidung stark von der "Rezzonanz" abweicht, dann
sehe ich das als Zeichen für mehr Kommunikationsbedarf und Nachdenken meiner
eigenen Position.

politik-digital:
Herr Schlauch, das Abendessen, das man bei Ihnen auf der Seite gewinnen kann,
kochen Sie das selber?

Rezzo Schlauch: Das
können wir aushandeln. Vor einem Essen stehen ja eine Reihe von Aktivitäten…
Wenn jemand jedoch gute Spaghetti essen will, dann koche ich. Den Wein suche
ich in jedem Fall aus.