Interview mit MDR-Nachrichtenredakteur Thomas Datt über das Wahlkampfspecial des MDR

Die
Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 21. April wird als Testwahl gesehen.
Schließlich könnte nach Meinung der Experten das Wahlverhalten
beispielhaft für die Abstimmung der fünf neuen Bundesländer zur
Bundestagswahl im September sein. Allein im Internet lässt sich dieser
Testwahlcharakter jedoch nicht erkennen, das eCampaigning der großen
Parteien, aber auch die Berichterstattung der einschlägigen Medien und
Internetseiten lässt zu wünschen übrig. Rühmliche Ausnahme: Das
Wahlspecial auf den Internetseiten des Mitteldeutschen Rundfunks. Und
die Onlineredaktion des MDR beweist mit einem ausführlichen
Informationsangebot über Parteien, Programme und Kandidaten, dass
öffentlich-rechtliches Internet gerade im Bereich politische
Kommunikation Sinn macht. Politik-digital hat mit dem verantwortlichen
Nachrichtenredakteur des MDR, Thomas Datt (34), gesprochen.

politik-digital: Wie ist es zu dem Wahlkampfspecial gekommen, welche Ideen stecken dahinter?

Thomas Datt:
Für uns war natürlich klar, dass wir den Wahlkampf in unserem
Sendegebiet genauer beleuchten. Wir haben dabei auf ein Konzept
zurückgegriffen, dass wir bereits zu den Landtagswahlen 1999 in Sachsen
und Thüringen umgesetzt haben. Unser Ansatz ist, die Möglichkeiten des
Internets nutzen, um die Bürger über die Ziele der Kandidaten und
Parteien mit öffentlich-rechtlichem Anspruch zu informieren.

politik-digital: Wie haben Sie das umgesetzt?

Thomas Datt:
Wir haben alle Direktkandidaten für den Landtag gebeten, uns vier
Fragen zu beantworten. Ausgangspunkt war, was den Wähler interessieren
könnte. So sind wir zu den Kandidaten in den einzelnen Wahlkreisen
gekommen. Wir haben allen Direktkandidaten den gleichen Fragebogen
geschickt, außerdem die ersten 20 der Landesliste um eine Stellungnahme
gebeten.

politik-digital: Gab es Vorbilder bei dieser Konzeption?

Thomas Datt:
Wir haben uns bei der Aufbereitung der Parteiprogramme von der BBC
Anleihen genommen. Wir haben die Programme der Parteien nach
Themenblöcken durchsucht und versucht, die wichtigsten Aussagen
herauszufiltern. Durch die Anbindung an eine Datenbank kann der User
nun die Parteiprogramme vergleichen und die Dinge heraussuchen, die ihn
interessieren. Parteiprogramme sind allein von der Darstellung her ein
sperriges Thema. Zwar wird der Wahlkampf immer mehr personalisiert,
trotzdem darf man nicht vergessen, dass es genug Leute gibt, die
explizit nach Sachthemen suchen und sich anhand dessen für oder gegen
eine Partei entscheiden. Diese Möglichkeit wollten wir in prägnanter,
übersichtlicher Form anbieten.

politik-digital: Wie wird das Angebot von den Nutzern aufgenommen?

Thomas Datt:
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass vor der Wahl immer weniger
Interesse spürbar ist als nach Schließung der Wahllokale. Es ist
bedauerlich, aber in Sachsen-Anhalt scheint das Interesse der Menschen
an ihrer Wahl besonders gering zu sein.

politik-digital: Was können die Internetnutzer noch vom MDR erwarten? Gibt es etwas Besonderes am Wahltag auf ihren Seiten?

Thomas Datt:
Ja, eine Synthese von Prognose, Hochrechnungen und offiziellen
Zwischenständen, die sonst niemand anbietet. Und zwar bieten wir die
dimap-Daten an, also die Prognose und die Hochrechnungen des
ARD-Partners. Außerdem bekommen wir vom statistischen Landesamt die
Zwischenstände der Auszählung in den einzelnen Wahlkreisen und
natürlich die vorläufigen amtlichen Endergebnisse. Unsere Programmierer
haben es so eingerichtet, dass wir die Daten direkt abgreifen und
direkt in unser System fließen lassen, damit der Nutzer immer die
aktuellsten Informationen erhält. Außerdem haben wir drei
Online-Reporter vor Ort, die über die Reaktionen der Parteien
berichten. In einem Dauerchat sind Politiker und Experten zu Gast.