Auf die Kritik am
Deutschland-Portal antwortet Redaktionsleiterin Dörte Miosga im Interview. Klare und offene Aussagen wechseln sich mit verblüffenden und verschwiegenen Antworten ab. Die mit der Entwicklung und dem Betrieb des Deutschland-Portals deutschland.de beauftragte ARGE deutschland.de ist eine Kooperation der
T-Systems und
Ponton-Lab GmbH. Entsprechend sei das Portal kein Regierungs- oder E-Government-Portal, sagt sie.
politik-digital: Kritisiert wird die fehlende Ausrichtung an User-Bedürfnissen. Beispielsweise wird eine Überbewertung von Internet-Seiten der Ministerien kritisiert. Welche ausländischen Touristen möchten die Seite des Bundesverkehrsministeriums besuchen, die in der Rubrik Tourismus „Transport und Verkehr“ aufgelistet ist, wenn zudem die Seite nur in deutsch vorliegt?
Dörte Miosga: Zum jetzigen Zeitpunkt sind auf deutschland.de 1100 Websites in 9 Hauptrubriken vertreten. Insgesamt listen wir 13 Ministerien (1,2 Prozent), darüber hinaus an staatlichen Einrichtungen, Länder- und Städteportalen etwa 100 (9 Prozent). Wenn die Website von Ministerien außer in der Rubrik “Staat” an prominenter Stelle stehen, liegt das an der Qualität der Information und dem Fehlen von Alternativen.
politik-digital: Es fehlt eine klarere Strukturierung nach dem Lebenslagenprinzip. Warum wird nicht nach solchen Gruppen unterscheiden? Das kanadische Bundesportal beispielsweise unterscheidet zwischen Services for Canadians, Services for Non-Canadians und Services for Canadian Business?
Dörte Miosga: Beim Deutschland-Portal haben wir uns für eine Navigation nach Haupt- und Unterrubriken sowie nach Themen entschieden. Darüber hinaus bieten wir eine Suche und eine Detailsuche. Internationalen Vorbildcharakter besitzt das kanadische Portal, bei welchem vorab die verschiedenen Nutzergruppen nach ihren Erwartungen befragt wurden. Das
kanadische Portal ist ein Regierungsportal, während die Regierung im Deutschland-Portal nur in einer von 9 Hauptrubriken vertreten ist. Daher sind die beiden Sites nicht miteinander vergleichbar. Eine ständige Auswertung der Such- sowie der Callcenter-Anfragen beeinflusst die weitere Strukturierung des Deutschland-Portals. Vergleicht man dennoch die beiden Portale, braucht man beim kanadischen Bundesportal als deutscher Student 7 Klicks bis zu dem Menupunkt “Stipendien” und dann gibt es das Angebot leider doch nicht auf deutsch. Auf deutschland.de braucht der ausländische Studierende 1 Klick auf “Lehre und Studium” direkt von der Startseite aus. Soviel zur Nutzerführung.
politik-digital: Sie haben einen Beirat, der die Redaktion berät, aber wie ist dieser Beirat gewählt worden und von wem?
Dörte Miosga: Der Beirat, von der ARGE deutschland.de gewählt, berät ab Beginn nächsten Jahres die Redaktion in Fragen der Vollständigkeit, der Ausgewogenheit und in Streitfragen. Mitglieder des Beirats sind u.a. Peter Hausmann und Blixa Bargeld. Weitere Angaben zum Beirat machen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
politik-digital: Auch fehlen meiner Meinung nach die im eGovernment eingeforderten Möglichkeiten zur Bürgerpartizipation, Stichwort eDemocracy. Warum gibt es Beispielsweise keinen Hinweis auf Diskussionsforen oder Sprechstunden (Chatrooms), in denen die Bürger ihre Meinung äussern können?
Dörte Miosga: Als “Portal der Portale” verlinkt deutschland.de auf Bürgerportale, z.B.
bundesrepublik.org oder ”
Bürger für Bürger“.
politik-digital: Zwar gibt es ein eMail Callcenter, aber warum keine zentrale Telefonnummer, unter der jeder die passenden Ansprechpartner für sein Anliegen genannt bekommt oder dorthin verbunden werden könnte? Die Stadt Duisburg hat für ein solches Call Center gerade einen renomierten eGovernment Preis gewonnen. Kann die Stadt Duisburg sich etwas leisten, was sich deutschland.de nicht finanziell leisten kann?
Dörte Miosga: Beim Deutschland-Portal haben wir uns für ein fünfsprachiges E-Mail-Callcenter entschieden, weil so Anfragen aus dem In- und besonders aus dem Ausland ohne Rücksicht auf Zeitzonen preisgünstig gestellt werden können. Darüber hinaus enthält die zeitversetzte Kommunikation über Mail die Möglichkeit, Antworten innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens zu recherchieren und in der jeweiligen Landessprache zu bearbeiten. Und schließlich liegt die Antwort dem Benutzer schriftlich vor.
politik-digital: Warum gibt es keine Umleitung (engl. Redirect) auf ähnliche Domainnamen wie z.B. deutschland.gov, org, com usw. auf deutschland.de? Das gilt besonders für die fremdsprachlichen Bezeichnungen wie germany?
Dörte Miosga: Sofern die Domains im Einflussbereich des Auftraggebers liegen, werden sie auf das Deutschland-Portal verlinkt. Bestandteil des Portals ist darüber hinaus die Marke “deutschland.de”, entsprechend wird hier natürlich auf einen einzigen und nicht mehrere Namen fokussiert.
politik-digital: Wie lange läuft der Vertrag mit dem
Bundespresseamt (BPA), gab es eine Ausschreibung und welches Volumen hat der Vertrag?
Dörte Miosga: In 2000/2001 gab es eine Ausschreibung für deutschland.de. Die ARGE deutschland.de erhielt den Zuschlag. Weitere Vertragsinhalte sind nicht öffentlich
politik-digital.de: Vielen Dank für das Interview.