Was bringt einen Historiker dazu, sich mit der netzpolitischen Materie zu befassen, wie bewertet er die Arbeit in der Internet-Enquete und wie wird das Netz die politische Kultur verändern? politik-digital.de hat Peter Tauber getroffen.

 

Gemessen an der medialen Aufmerksamkeit und der Frequenz der Tweets, kann man in den letzten Wochen wohl Peter Altmaier, den parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, als den umtriebigsten „Netzpolitiker“ der Unionsparteien bezeichnen. Doch ist der Saarländer Altmaier in Sachen Internet geradezu ein Spätstarter. Die Beschäftigung mit dem Netz begann für Peter Tauber bereits, als er vor über zehn Jahren in der Jungen Union in Hessen als deren Landesgeschäftsführer Verantwortung trug und das Internet als einen Weg entdeckte, mit politisch interessierten Menschen in Kontakt zu treten. Damals, Anfang des Jahrtausends, so resümiert Tauber heute, sei allein die Frage, ob ein politischer Jugendverband eine eigene Internetseite besitzt, „entscheidend dafür gewesen, ob man als up-to-date galt“. Und auch im Verlauf seiner weiteren parteipolitischen Laufbahn hat das Internet den gebürtigen Frankfurter, der auch Mitglied des hessischen CDU-Landesvorstandes ist, stets begleitet. Bei seiner Bundestagskandidatur im Wahlkreis Hanau-Gelnhausen gelang ihm im Jahr 2009 die Verstärkung der eigenen Bekanntheit unter anderem mit Hilfe der Präsenz in sozialen Netzwerken.

Jedoch sieht Peter Tauber die vielfältigen Entwicklungen in der digitalen Welt nicht nur positiv. Die Kommunikations- und Debattenkultur im Internet erlebe er persönlich als eine Kultur, die durchaus unmittelbar, oft weniger diplomatisch und „ehrlicher“ sei als der hergebrachte Austausch von Standpunkten. Zudem fasziniert Tauber am Kontakt mit jungen Leuten und Studenten, denen er auch als Lehrbeauftragter an der Frankfurter Universität begegnet, wie sehr sich Recherche- und Arbeitstechniken sowie Kommunikationsmöglichkeiten fortentwickelt hätten. Aber, und hier wird Peter Tauber merklich nachdenklicher, die Kommunikationskultur im Netz „ist noch nicht so, wie sie sein müsste, damit sie fruchtbar ist“. Er selbst sei durchaus bereit, sich auch mithilfe des Kurznachrichtendienstes Twitter über politische Inhalte zu streiten, es gäbe jedoch Fälle, in denen das partout nicht möglich sei. Fälle, an denen das Medium Internet jedoch keine unmittelbare Schuld trage, wie Tauber zugibt, den man sich mit seiner gelassenen und bedächtigen Art auch nur schwerlich als Auslöser eines Twitter-Shitstorms vorstellen mag.

Im Deutschen Bundestag ist Tauber, der in Frankfurt am Main Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaft studierte und am dortigen historischen Seminar über die Entwicklung des deutschen Sports in der Folge des Ersten Weltkrieges promovierte, Mitglied in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales sowie Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Politikfelder, die er mit seinem netzpolitischen Engagement unbedingt verknüpft wissen will. Angesprochen auf die Frage, was denn für ihn den Typus „Netzpolitiker“ charakterisiere, muss Tauber nicht lange nachdenken. Er begreift sein aktuelles Engagement in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ sowie im Arbeitskreis Netzpolitik der CDU ganz klar als Querschnittsaufgaben. „Das Internet als Teil der Daseinsvorsorge“, diese sozialpolitische Fragestellung möchte Peter Tauber beispielsweise in naher Zukunft in der Arbeitsgruppe für Arbeit und Soziales seiner Fraktionsgemeinschaft breiter diskutieren.

Mit Blick auf die eigene politische Sozialisation und sein Grundverständnis politischer Prozesse ist Netzpolitik, genauso wie alle anderen Politikbereiche, für ihn als Christdemokraten dabei ein „ständiges Abwägen von verschiedenen Werten“, was dann eben „nicht so sexy wie eine rein dogmatische Position“ sei. Der Wert der Freiheit, der in diesen Debatten gegenüber anderen Werten abzuwägen sei, war für Tauber nach eigener Aussage jedoch der ursprüngliche Antrieb für sein politisches Engagement bei den Christdemokraten und der Leitgedanke im Kanon der Werte, für die seine Partei stehe.

Freiheit für alles und jeden auch im digitalen Zeitalter? Auf das vielfach als kritisch beschriebene Verhältnis von christdemokratischen Innen- und Rechtspolitikern zu Netzaktivisten angesprochen, merkt man Peter Tauber deutlich an, dass er, der sich im Gegensatz zu anderen Unionspolitikern gegen Netzsperren und die Vorratsdatenspeicherung positioniert hat, mit dieser Frage schon gerechnet hatte. Hinsichtlich der Debatte in seiner eigenen Partei gibt er unterschiedliche parteiinterne Auffassungen zu netzpolitischen Fragestellungen ganz unumwunden zu. „Die Union muss aufpassen, dass sie bei dem Thema die richtigen Positionen findet“, konstatiert Peter Tauber – einer der wenigen Momente, in denen der ansonsten abwägend formulierende Bundestagsabgeordnete einen Konflikt andeutet. Wichtig sei ihm jedoch bei allen parteiinternen Debatten, dass es zwischen den Unionspolitikern einen in der Sache zwar harten, jedoch stets auf Kommunikation ausgelegten Diskussionsstil zu Fragen des Urheberrechts, der Netzneutralität oder der Vorratsdatenspeicherung gäbe.

Die Enquete-Kommission habe im Rahmen ihrer bisherigen Arbeit zwar zu wichtigen Fragen der digitalen Gesellschaft Positionen erarbeitet, sie sei, wie Tauber offen zugibt, für ihn natürlich auch ein „Vehikel, sich in der Debatte zu beteiligen“. Es störe ihn jedoch, wenn einzelne Kommissionsmitglieder nicht über ihren Schatten springen und allein aus parteitaktischen Überlegungen heraus ihre Übereinstimmung mit den Positionen der Gegenseite nicht zeigen würden. Tauber vermisst zudem – hier wird er mit Blick auf die Arbeit des Gremiums dann auch selbstkritisch – eine allgemeine Sensibilisierung für die dort diskutierten Themen der digitalen Zukunft. „Was ist denn diese Enquete, was macht ihr da eigentlich? Dies seien typische Fragen, die er bei Besuchen im heimischen Gelnhausen, im Wahlkreis und in Diskussionen seines CDU-Kreisverbandes häufig gestellt bekomme. Die Arbeit würde zu seinem Bedauern eher über ihn als Person und weniger über die gesellschaftliche Wirkung der Kommissionsarbeit wahrgenommen. Seine Erfahrungen aus der Arbeit der Enquete-Kommission versuche er nichtsdestotrotz mit der Präsenz im Wahlkreis zu verknüpfen und nennt hier beispielhaft die Versorgung des ländlichen Raumes mit Breitbandanschlüssen oder die Vermittlung von Medienkompetenz an Schulen.

Von dem medialen Hype rund um die Piratenpartei will sich Peter Tauber übrigens nicht in die Defensive drängen lassen. Ob die Piraten beispielsweise die Frage beantworten könnten, wie wichtig das Internet für die Gesellschaft sei, diese Frage sei, so Peter Tauber, derzeit noch offen. Von der Zukunft der netzpolitischen Debatte erwartet der 37-Jährige eine immer stärkere Verknüpfung mit den übrigen Politikbereichen: „Im Idealfall wird es irgendwann vielleicht sogar so sein, dass es den expliziten Netzpolitiker gar nicht mehr braucht“. Direkt nach dem Gespräch ist dann aber doch erst einmal wieder der Netzpolitiker Peter Tauber gefragt. Er muss zurück an den Schreibtisch. Die Formulierung eines Newsletterbeitrags für die eigenen Fraktionsmitglieder zur aktuellen Arbeit der Enquete-Kommission steht an.

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