Die Untersuchung "Politik im Netz – Akteure, Formate, Trends politischer Online-Kommunikation" von Dr. Christoph Bieber wird der Stand der Entwicklungen politischer Online-Kommunikation in Deutschland aus doppelter Perspektive analysiert.


Einerseits wird eine Betrachtung und Bewertung der wissenschaftlichen Konzeptualisierungsversuche des Untersuchungsfeldes vorgenommen, andererseits zielt der Blick auf die Praxis-Komponente der Thematik und benennt wesentliche Akteure, Formate sowie konkrete Fallbeispiele. Auf diese Weise wird die begrifflich wie empirisch bislang stets unscharfe „politische Netzöffentlichkeit“ systematisch eingekreist, in den Teilabschnitten ist diese Platzierung an den Schnittstellen von Theorie und Praxis sichtbar. Im Kern der Untersuchung steht, als Folge einer kritischen Bestandsaufnahme, die systematische Erfassung „digitaler Parlamentskommunikation“.

Dabei bildet eine theoretische Modellierung der Netzöffentlichkeit zunächst die Basis für eine empirische Skizze der tatsächlichen Verhältnisse im Netz: Wer sind die „Sprecher“, wer das „Publikum“, wie verteilen sich „Sender“ und „Empfänger“ in der digitalen, interaktiven Kommunikationsumgebung? Die „Kartografie politischer Online-Kommunikation“ vermittelt Einsichten in die „politische Verfassung des deutschsprachigen Internet“. Eine Übersicht wichtiger Akteure und Formate politischer Online-Kommunikation zeigt dabei historische Entwicklungslinien auf und bildet die Grundlage für eine empirisch angereicherte Skizze der Netzöffentlichkeit.

Die Auseinandersetzung mit dem Stand der politikbezogenen Internetforschung in Deutschland offenbar insbesondere Lücken im Bereich der „digitalen Parlamentskommunikation“ – sowohl in der parlamentarischen Praxis wie auch in der wissenschaftlichen Untersuchung. Dieser Tatsache begegnet die Studie im Rahmen einer knappen Feldstudie, die eine Bestandsaufnahme der Kommunikationsgepflogenheiten in mehreren Parlamenten unternimmt. Analysiert werden die Online-Angebote von Parlamenten in Deutschland (auf Bundes- und Landesebene), der Schweiz, Spanien und Litauen (jeweils nur auf der nationalen Ebene). Flankierend durchgeführte Interviews mit Anwendern „digitaler Parlamentskommunikation“ ergänzen die Website-Analysen um praxisorientierte Eindrücke von der Arbeitswirklichkeit im vernetzten Parlament.

Die Resultate der vergleichenden Untersuchung der Websites verstärken zunächst den Eindruck von der Dominanz der Außenkommunikation – sämtliche Angebote präsentieren sich als solide Online-Auftritte, die inzwischen i.d.R. auch ihre eigene „Entwicklungsgeschichte“ vorweisen können. Generell sind bei diesen Entwicklungsprozessen zwei Strategien zu beobachten – einerseits eine schrittweise, partielle Renovierung auch einzelner Site-Elemente, die auch durch Ergänzungen neuer, technologisch eigenständiger Features erreicht wird. Seltener sind dagegen „integrierte Modernisierungen“, die stets alle Elemente der Website in eine neue Version übertragen. Als künftige Kernaufgabe „digitaler Parlamentskommunikation“ zeichnet sich die Begleitung von Gesetzgebungsprozessen ab – der Grundfunktion des Legislativorgans. Von einer massiven Beeinflussung des Gesetzgebungsprozesses durch Online-Kommunikation kann zum aktuellen Zeitpunkt allerdings noch nicht die Rede sein – die derzeit verfügbaren Mittel konzentrieren sich auf die Abbildung bereits abgeschlossener Vorgänge und weniger auf die direkte Mitwirkung an laufenden Verfahren.

Dennoch bleibt festzuhalten: mit der digitalen Parlamentskommunikation ist ein weiterer „digitaler Politikprozess“ entstanden, der sich nicht in der simplen Digitalisierung von Kommunikationsvorgängen und –inhalten erschöpft, sondern auch Auswirkungen auf komplexe Arbeitsabläufe und Routinen im parlamentarischen Arbeitsprozess nach sich zieht.

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