Weblogs sind momentan in vieler Munde. Nur in der deutschen Politik scheint sich diese Form von Kommunikation noch nicht recht durchsetzen zu können. So gibt es bislang nur eine Handvoll Mitglieder des Bundestags, die eine eigenes Weblog führen. Warum nutzen so wenige Abgeordnete bisher solch ein Forum? Wird zu viel Missbrauch damit getrieben, liegt es an der Zeitknappheit oder Unwissenheit und sind die Internettagebücher für politische Kommunikation überhaupt sinnvoll?

 

Weblogs sind momentan in vieler Munde. Nur in der deutschen Politik scheint sich diese Form von Kommunikation noch nicht recht durchsetzen zu können. So gibt es bislang nur eine Handvoll Mitglieder des Bundestags, die eine eigenes Weblog führen. Warum nutzen so wenige Abgeordnete bisher solch ein Forum? Wird zu viel Missbrauch damit getrieben, liegt es an der Zeitknappheit oder Unwissenheit und sind die Internettagebücher für politische Kommunikation überhaupt sinnvoll?

Nur wenige Abgeordnete des Deutschen Bundestages führen ein Internetagebuch, dabei könnte direkte Demokratie doch leichter nicht sein. Überraschend: In anderen Ländern wie den Niederlanden, Großbritannien oder den USA gehören Politikerweblogs längst zum Standard. In Deutschland werden die Abgeordneten vermutlich erst zum Wahlkampf 2006 aufwachen – und damit wieder einmal den Entwicklungen im Internet peinlich berechnend hinterher hecheln. Zwar herrscht in so manchen politischen Foren ein Umgangston, der manchmal unter der Gürtellinie ist. Aber Politiker sollten Auseinandersetzungen doch eigentlich herausfordernd annehmen und offensiv zu begegnen wissen. Hier die wenigen Politiker, die bei unserer Recherche gefunden wurden.

Allein auf weiter Flur

ottosweblog.blogg.de Mit einem der wenigen Mitglieder des Bundestages (MdB) mit Weblog, Hans-Joachim Otto von der FDP, kann man auf einer übersichtlichen Seite in Kontakt treten. Er betreibt sein Weblog erst seit Februar 2005. In den fünf unterschiedlichen Themengebieten Internet, Kultur, Politik, Politiker und Medien verfasst Hans-Joachim Otto, in seiner Fraktion zuständig auch für Neue Medien, Beiträge.

Die Beteiligung der Nutzer an dem Weblog des kultur- und medienpolitischen Sprechers der FDP hält sich aber in Grenzen. Nur bei dem aktuellsten Diskussionsthema (Mitte März 2005) melden sich gleich mehrere Leser zu Wort. Thema: Ob Otto seinen Weblog wohl tatsächlich von einem Mitarbeiter schreiben lässt, statt selbst in die Tasten zu hauen? Solche Vermutungen waren im Weblog Metablocker von politik-digital.de aufgetaucht und schnell von Otto aufgegriffen worden. Otto bestätigt ausdrücklich, dass nur er die Beiträge schreibe. Marketing scheint für das neue Format nicht betrieben worden zu sein.

ulrich-kelber.de/blog/index.html Auch Ulrich Kelber von der SPD-Bundestagsfraktion betreibt seit September 2004 ein eigenes Weblog. Fast täglich werden Einträge gepostet. Kommentare sind möglich, Trackbacks sucht man vergebens. Auch hier sieht man unterschiedliche Themenkategorien, aber auch Termine und Standpunkte des Abgeordneten. Im Büro des Abgeordneten hört man, dass das ausbleibende Interesse der Nutzer enttäusche. Die Motivation des Abgeordneten zum Betrieb des Weblogs aber sei ungebrochen.

Auch der Sozialdemokrat
Axel Schaefer bietet aktuelle News mit Kommentarfunktion. Leider fehlt auch hier die Möglichkeit, Trackbacks zu setzen.

In Deutschland konnte bis April 2005 noch jeder Politiker den Versuch unternehmen, den besten Politiker-Blog des Landes aus der Taufe zu heben. Doch seit dem Launch des
Mierscheid-Blogs von politik-digital.de ist damit vorerst Schluss: Die Latte liegt jetzt richtig hoch.

Im Bundestag scheint die Bereitschaft der Abgeordneten, eine regelmäßige Kommunikation mit ihren Internet-Nutzern aufzubauen, noch nicht allzu ausgeprägt. Es scheint viel Unkenntnis zu geben – nicht nur über die Handhabung eines Blogs, sondern auch über die Potenziale, die in dem neuen Format für politische Kommunikation stecken. In anderen Ländern ist man um Längen weiter. Die Beispiele sind so zahlreich, das eine Auflistung den Rahmen sprengen würde. In den Niederlanden bloggen mehrere Minister, auf EU-Ebene eine
Kommissarin und in den USA gar ein Präsidentschaftskandidat. In Österreich bloggt die grüne Stadtparlamentarierin aus Wien, Marie Ringler, per SMS-Text und MMS-Bildern und wer sich auch nur ein wenig umschaut, findet weitere innovative Weblog-Angebote aus der Politik. Allerdings nicht in Deutschland.

Bei einem kurzen Blick auf die kommunale Ebene in Deutschland sieht man, wie Weblogs immerhin im Wahlkampf eingesetzt werden – beispielsweise das Weblog des (jedoch erfolglosen) SPD-Kandidaten
Thomas Mirow in Hamburg. Zwar wurde das Blog nur im Wahlkampf selbst betrieben und outet sich dadurch als Propaganda-Blog – aber während der aktiven Zeit waren durchaus neue Themen in dem Weblog zu finden. Ob Mirow selbst geschrieben hat oder Wahlkampfhelfer hatte, muss offen bleiben.

Auch im aktuellen Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen führt die
SPD den direkten Dialog im Internet. Die Verantwortlichen für den Weblog, die Agentur barracuda, erklärten gegenüber politik-digital.de bereits, das Weblog auch nach dem Wahltermin am 22. Mai weiter bestehen lassen zu wollen. Das Weblog sei als Dialog-Angebot gemeint, und dieses beschränke sich eben nicht nur auf Wahlkampf-Zeiten. Beim Weblog der
CDU in Nordrhein-Westfalen hingegen sind Zweifel angebracht, ob es sich tatsächlich um einen solchen handelt. So ist es zum Beispiel erforderlich, sich vor Abgabe eines Kommentars ein Passwort zu geben. Auch was die Aktualität betrifft, hat die SPD derzeit deutlich die Nase vorne – der letzte CDU-Beitrag ist derzeit drei Monate alt.

Scheuen Politiker in Deutschland den direkten Online-Kontakt mit den Bürgern und deren Anliegen? Oder wissen die Abgeordneten schlicht noch zu wenig über die Möglichkeiten im Netz? Die potenzielle Wählergruppe der Weblog-Aktiven jedenfalls fällt derzeit noch durch das Aufmerksamkeitsraster der Politik.