Netz-Zensur in der Türkei, Cablegate-Jubiläum & Lebenszeichen von WikiLeaks, Regulierung & Anarchie im Netz, Digitale Bürgerbeteiligung mit Adhocracy, INDECT als Werkzeug für Diktatoren – dies und mehr in der Digitalen Presseschau.
Unser Video der Woche
Die BBC thematisiert in einem aktuellen Video-Report die Einwirkungen der türkischen Regierung auf die Internet-Zensur. Mittlerweile sind geschätzte 20.000 Seiten (Erotik, Politik etc.) für Internetnutzer nicht mehr frei zugänglich. Jeder Türke soll sich für ein Internetpaket entscheiden (z. B. Familien- oder Kinderpaket), das die Art des Netzzuganges regelt. Das dafür vorgesehene Filter-System trat vergangene Woche offiziell in Kraft. Es droht die Sperrung hunderttausender Internetseiten. Auch bei Zeit Online erschien dazu ein informativer Beitrag.
Auf den ersten Platz der dieswöchigen Presseschau schafft es ein Beitrag des Internetaktivisten Trevor Timm von der Electronic Frontier Foundation (EFF), in dem er beschreibt, wie die Cablegate-Veröffentlichungen von WikiLeaks ein Jahr danach den Journalismus sowie die Außenpolitik und den 1. Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten beeinflusst haben. Es sei Aufgabe der Mainstream-Medien, zwar nicht Julian Assange, aber die Idee hinter WikiLeaks zu verteidigen, um den Tod der Pressefreiheit zu verhindern. Ein neues Lebenszeichen von WikiLeaks gab es übrigens gestern mit der Veröffentlichung der „Spy Files“.
Netzdebatte zur Freiheit des Internet
„Das Internet stellt den Gesetzgeber vor neue Herausforderungen. Urheberrecht und Datenschutz müssen angepasst werden, neue demokratische Modelle werden debattiert – das Netz verliert sein anarchisches Moment.“ So leitet das Online-Magazin The European eine Debatte mit Beiträgen der Politiker Michael Kretschmer (CDU/CSU), Jimmy Schulz (FDP), Lars Klingbeil (SPD), Konstantin von Notz (Grüne) und Halina Wawzyniak (Linkspartei) über Regulierung und Anarchie im Internet ein.
Wie viel digitale Beteiligung verträgt unsere Demokratie?
Bei tagesspiegel.de erschien ein Beitrag von Anna Sauerbrey und Johannes Schneider über das vom Liquid Democracy e.V. entwickelte Bürgerbeteiligungstool „Adhocracy“ und digitale Bürgerbeteiligung. Dabei wird deutlich, dass die Bürger die Mitbestimmungsmöglichkeiten im Netz noch sehr zögerlich nutzen.
INDECT: Werkzeug für Diktatoren
Auf dem vierten Platz: ein Beitrag von Christoph Behrens zum europäischen Forschungsprojekt INDECT. Kritisiert wird darin nicht nur die Dimension der vorgesehenen Überwachungsmaßnahmen, sondern auch die Intransparenz des Projekts. Auch ist fraglich, ob das Projekt von Gesetzen und Verfassung gedeckt ist.
Für die neue Kolumne „Silicon Demokratie“ von faz.net bricht der Internet-Skeptiker Evgeny Morozov eine Lanze für Privatsphäre und Anonymität im Netz als Schutz vor der Macht der Internetkonzerne. Zielscheibe und Namensgeber ist das US-kalifornische Silicon Valley, dessen Ziel es sei, die Konsumwelt total zu vernetzen und transparent zu machen – mit Erfolg!
Die frauenfeindliche Revolution in Ägypten
Am Montag begannen die ersten Parlamentswahlen in Ägypten seit dem Sturz des Mubarak-Regimes. Doch vor allem für die Frauen des Landes sei die ägyptische Revolution bereits jetzt eine Enttäuschung, meint Frederik Fischer im ZDF-Blog Hyperland. Sie seien Bürgerinnen zweiter Klasse und vermehrt Opfer sexueller Übergriffe, die wohl von Militär und Muslimbrüdern gezielt durchgeführt würden.