Die Cybersicherheit in Deutschland, der mit Unterstützung von Twitter-Nachrichten geführte Luftkrieg gegen Libyen und die Enttarnung des “Gay Girl” sind in der Woche nach Pfingsten einige Themen in der “Digitalen Presseschau”. Unser Favorit ist jedoch eine BBC-Reportage über die zunehmende staatliche Internet-Zensur in Afrika.
Cyberwar oder Cyberattacks galten lange als Termini aus Science-Fiction-Romanen, die beim Normalbürger regelmäßig ein kulturpessimistisches Schaudern auslösten. Spätestens seit dieser Woche nun sind die Begriffe Gegenstand realer sicherheitspolitischer Debatten nicht nur jenseits des Atlantiks, sondern auch hierzulande geworden. Neben Berichten über das Bedrohungspotenzial digitaler Kriegsszenarien hat die politik-digital.de-Redaktion wie an jedem Freitag lesenswerte Online-Publikationen zum Verhältnis von Internet, Politik und Gesellschaft zusammengetragen. Gerade weil in diesen Tagen weiterhin die kriegerischen Auseinandersetzungen im Norden Afrikas rund um die Stadt Tripolis im Fokus des medialen Interesses stehen, fanden wir den Bericht eines Afrika-Korrespondenten der BBC aus dem wenig beachteten Süden des Kontinents besonders lesenswert.
Politischer Einfluss auf das Internet in Afrika
Wenn die Problematik staatlicher Zensur im Netz diskutiert wird, wird zumeist die Volksrepublik China an erster Stelle genannt,. Karen Allen, eine Südafrika-Korrespondentin der BBC, berichtet über eine zunehmende Sensibilisierung der Regierungen des afrikanischen Kontinents für die Nutzung des Internet bei politischen Prozessen und zur Bekämpfung von Regimegegnern. So hätten es die Machthaber in Uganda erst vor wenigen Monaten vermocht, die Nutzung von Facebook und Twitter auf dem Höhepunkt der dortigen “walk-to-work”-Kampagne zu unterbinden.Als weiteres Länder-Beispiel wird von der britischen Journalistin Swasiland angeführt, wo es der Regierung gelungen sei, die Nutzung von Facebook und verschiedenen Kurznachrichtendiensten während eines Protstmarsches im April zu sperren.
Der PC als Waffe
Die Vereinigten Staaten haben das Internet endgültig zu einem möglichen Kriegsschauplatz ausgerufen. Der Beitrag von Jörg Wittkewitz auf FAZ.net liefert eine ethisch fundierte Rückschau auf die Ursprünge der Internet-Nutzung, die ebenfalls eng mit dem Thema Kriegsführung zusammenhängen. Der Autor analysiert im Zusammenhang mit der Nutzung privater Daten zu sicherheitspolitischen Zwecken auch die Argumentationsketten der “post-privacy”-Ideologen.
Der Kampf des Bundes gegen die Netzkriminalität
politik-digital.de hatte bereits in verschiedenen Meldungen über das Thema berichtet und in dieser Woche nimmt die Autorin Annika Kremer auf dem Blog “gulli” das Thema erneut auf. Anlass ist der Start des Nationalen Cyber-Abwehrzentrums, einer Kooperation verschiedener Sicherheitsdienste auf Bundesebene zur Bekämpfung schwerer Internet-Kriminalität. Zwischen den Koalitionspartnern FDP und CDU/CSU war die Einrichtung lange Zeit umstritten, da die Liberalen vor allem das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten verletzt sahen. Experten für Internet-Sicherheit wie Dr. Sandro Gaycken von der Freien Universität Berlin zweifeln jedoch in erster Linie an der Sinnhaftigkeit der zur Verfügung stehenden Werkzeuge.
Twitter und der Krieg gegen Tripolis
Ein Beitrag über den andauernden NATO-Luftkrieg gegen das Regime in Tripolis hatte es bereits in die Linkliste der vergangenen Woche geschafft. Auch an diesem Freitag beschäftigt uns das Thema, denn in dem Blog “The Globe and Mail” berichtet Graeme Smith über die Verwendung von Twitter-Koordinaten bei der Bombardierung Libyiens durch britische und französische Piloten. Der Bericht über die militärische Verwendung von häufig seichten “tweets” ist ein weiterer eindrücklicher Beleg dafür, wie eng verwoben die Themen Krieg und Internet mitunter sind.
OpenData in Europa
Ein Zwischenfazit
Über das Anliegen des Briten Rufus Pollock und der “Free Software Foundation” wurde am gestrigen Donnerstag auf der Wiener OpenGovernment Konferenz diskutiert. Das österreichische Blog “futurezone.at” nimmt die Konferenz zum Anlass, mit Pollock über die Herausforderungen und best-practice-Beispiele zu diesem Thema zu sprechen. Pollocks Rat: “Keep it simple”.
Die Revolution in Damaskus und die Wahrheit im Netz
Von der Twitter-, wahlweise von der Facebook-Revolution war die Rede, als die Proteste auf dem Tahir-Platz in Kairo im Februar zum Erfolg führten. Qualitätsmedien rund um den Globus nahmen die über das Web 2.0 verbreiteten Statements der Demonstranten vor Ort dankbar auf. Vor wenigen Tagen nun wurde die wahre Identität einer der Symbolfiguren der digitalen Revolutionsberichterstattung bekannt. Bei dem “Gay Girl in Damascus” handelte es sich in Wahrheit um einen 40-jährigen Blogger aus Schottland. “Der digitale Flaneur” analysiert die Konstruktion der “Kunstfigur” Gay Girl, einer Figur, die, so die These des Verfassers, mit ihren Eigenschaften den Erwartungen westlicher Medien und Mediennutzer in der konkrten politischen Konstellation auf geradezu ideale Weise entsprach und somit zur Ikone des digitalen Protests wurde. Zukünftig sei in solchen und ähnlichen Fällen gerade auf Seiten der Presse eine striktere Quellenskepsis einzuhalten.