Viel wurde plädiert, debattiert und gestritten in diesem Jahr, aber könnten Sie noch sagen, worüber genau? In der letzten Presseschau diesen Jahres versammeln wir die wichtigsten netzpolitischen Ereignisse von 2012: Von ACTA über das Anti-Islam-Video “Innocence of muslims” bis zum Streit über das Leistungsschutzrecht – die tiefen Krisen und die großen Debatten, unsere Presseschau hat sie alle.
Januar: Hollywood vs. Silicon Valley
Einen Überblick über die Diskussionen um den „Stop Online Piracy Act“ (SOPA) und die damit verbundene Netzzensur verschaffte Moritz Koch in seinem Artikel auf Süddeutsche.de. Dabei ging er insbesondere auf die Positionen von US-Regierung und Internet-Unternehmen ein, die ihre Geschäftsinteressen wahren wollen.
Februar: Gauck in der Filterbubble
Mit den Diskussionen im Netz zu früheren Äußerungen des Bundespräsidenten-Kandidaten Joachim Gauck beschäftigte sich Patrick Breitenbach in einem Blogbeitrag der Karlshochschule. Darin kritisierte er die Verbreitung von aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten Gaucks, in denen dieser sich zu Themen wie Vorratsdatenspeicherung, der Occupy-Bewegung und Sarrazin äußerte.
März: Wir sind Wikipedia
Auf Welt Online stellte Philip Volkmann-Schluck eine Reihe von Köpfen vor, die die Internet-Enzyklopädie Wikipedia mit ihrem Wissen befüttern. Die enorme Bandbreite des Online-Lexikons werde erst dann nachvollziehbar, wenn man die Autoren erzählen lasse, wie sie auf die Ideen zu ihren Beiträgen kommen.
April: Die Fronten im Streit ums digitale Kopieren
Die Fronten in Sachen Urheberrecht sind und bleiben verhärtet. Musiker, Autoren und Künstler äußerten sich auf unterschiedlichste Weise und machten im Frühling ihrer Unmut Luft. Sofort gab es Stimmen, die sich klar gegen diese Forderungen aussprachen. Kai Biermann fasste in einem umfangreichen Artikel alle Positionen für Zeit Online zusammen.
Mai: “Ich bin ein toter Mann”
Sarah Ehrmann porträtierte für Süddeutsche.de den ägyptischen Blogger Maikel Nabil Sanad, der im Mai deutschlandweit Vorträge über seine Erfahrungen als regimekritsicher Internetaktivist gibt. Sanad wurde für seine Kritik am Militärrat verprügelt und zu drei Jahren Haft verurteilt. Gegen seine Haftbedingungen protestierte er mit einem Hungerstreik, der ihn beinahe das Leben gekostet hätte.
Juni: Schwarmintelligenz im Internet
Schwarmintelligenz ist ein Begriff, der immer Konjunktur hat – Schwarmforscher Jens Krause erklärte im Interview auf dradio.de, welche Mechanismen bei dieser „kollektiven Selbstorganisation“ wirken, und vergegenwärtigte dem User viele Beispiele aus dem digitalen Alltag.
Juli: Das Aus für ACTA ist ein Sieg der Demokratie
In Zukunft könnte am 4. Juli nicht nur die Unabhängigkeit der USA gefeiert werden, sondern auch der Sieg der europaweiten Anti-ACTA-Bewegung. Das Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen, kurz ACTA, wurde vom Europaparlament abgelehnt. Ohne die europaweiten Demonstrationen wäre ACTA wohl nicht gestoppt worden. Dieser Sieg für Demonstranten und Bürgerrechtsbewegungen ist laut Patrick Beuth ein Beleg dafür gewesen, dass lebendige Demokratie nicht ausgestorben ist und Bürger Politik mitbestimmen können. Allerdings könnte ACTA auch nur ein Etappensieg sein, räumte der Autor ein.
August: “Politiker werden nie überflüssig sein”
Was hat ein “Netz aus Leidenschaften” mit der Band Radiohead zu tun? Sie wissen es nicht? Internet-Analytiker Clay Shirky von der New York University beantwortete im Sommer diese und andere Fragen. Im Interview mit Andrian Kreye von der Süddeutschen Zeitung sprach Shirky außerdem über Netzaktivismus, neue politische Verfahren, Open Source und darüber, dass Politiker nie überflüssig sein werden.
September: Wer bestimmt, was Redefreiheit ist?
Im September rückte ein Anti-Islam Video in den Mittelpunkt vieler Diskussionen zu Themen wie freie Meinungsäußerung, die Macht von Großkonzernen und die Frage nach einer rechtlichen Verbindlichkeit seiner Sperrung. John Naughton (“The Guardian”) legte in seinem Onlineblog nach und fragte: Wer legt eigentlich fest, was Redefreiheit ist, und wer hat heute die Macht in der Onlinewelt?
Oktober: Von 0 auf 16.000 und zurück
Man nehme einen frei erfundenen Nutzernamen, ein paar zufällig gewählte Inhalte und tausende Fake-Follower, heraus kommt ein marktreifer Twitter-Account. Spiegel Online hat das Experiment gewagt, 5.000 gefälschte Follower bei einer Firma zu kaufen. Am Ende blieben dann von den überraschend gelieferten 16.000 nur noch eine Handvoll und ein treuer Fan aus der FDP.
November: Into the Deep Wide Open
Wer die Nase von den Beschränkungen der herkömmlichen sozialen Netzwerke voll hat oder überhaupt unbekannt bleiben möchte, kann ja mal einen Vorstoß in die endlose Weite wagen, wie Spex-Autor Michael Seemann. Er entdeckte ein völlig anderes Internet: geheimnisvoller, dunkler – und langsamer. Ein äußerst lesenswerter Artikel für alle, die sich mit der Oberfläche nicht zufrieden geben wollen.
Dezember (Ende November): Google ist nicht das Netz, und Verlage sind nicht der gute Journalismus
Wer wissen will, wer die Akteure im großen Streit um das Leistungsschutzrecht und was ihre Motive sind, war am 28. November auf diesem Blog genau richtig: Die Argumente beider Seiten skizzierte Stefan Niggemeier und lieferte damit eine sehr lesbare Übersicht, die selbst noch alle im Dezember nachgekommenen Artikel zum Thema übertraf.