Vom 27.-29. Mai findet in Berlin der 7. Zukunftskongress Staat und Verwaltung statt. Ein Blick auf die Zahlen macht deutlich, dass es sich dabei um eine Leitveranstaltung des Public Sectors für Digitalen Wandel handelt: 1.836 Teilnehmende, 350 Referierende und 93 ausstellende Organisationen kommen in diesen Tagen unter dem Motto „Deutschland und Europa erfolgreicher und lebenswerter machen!“ im bbc am Alexanderplatz zusammen.
Gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft, richtete Wegweiser Media & Conferences GmbH den diesjährigen Zukunftskongress aus. Die Schirmherrschaft übernahm das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Mit einer Keynote wandte sich der Bundesminister Horst Seehofer deshalb am zweiten Veranstaltungstag persönlich an das Publikum.
Neben zahlreichen Panels und Vorträgen, konnten sich die Teilnehmenden am Dienstag einen der zehn zeitgleich stattfindenden Best-Practice Dialogen anhören. „Eine Frage der Kultur: Digitalisierung der Arbeitswelt an praktischen Beispielen“ – so der Titel einer der Diskurse bei denen drei Vertretende aus der öffentlichen Verwaltung über ihre Erfahrungen berichteten.
Wie wird das Märchen des Kulturwandels Realität?
Wie schafft man eine Kultur, die Beschäftigte motiviert, digitale Möglichkeiten für Arbeitsprozesse voll auszuschöpfen? Das will der Moderator Theodoros Moutsokapas (Management Consultant Cassini Consultant AG) eingangs von seinen Diskutanten wissen. Dr. Alexander Dietrich (Berufsmäßiger Stadtrat, Personal- und Organisationsreferent der Landeshauptstadt München), der als Vertreter der Kommunen auf der Bühne sitzt, erzählt von seiner großen Hoffnung in die Nachwuchskräfte. Gerade weil die jungen Menschen noch nicht die „Scheuklappen der Verwaltung“ aufhätten, und zudem höchst digitalaffin seien, müsse man ihre Potentiale nutzen. Dr. Helma Hagen (Referatsleiterin Organisation und E-Government, Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen) berichtet vom Ziel ihres Ministeriums, bis 2020 komplett digital und papierfrei zu arbeiten. Wichtig sei es, die Mitarbeitenden bei diesem Vorhaben „mitzunehmen“, wie sie mehrfach betont. Doch was heißt das konkret? Gleich zu Beginn der Planung habe das Ministerium für seine Führungskräfte und interessierte Beschäftigte einen Zukunftskongress organisiert, bei dem diese – auch schon vorab und anonym – ihre Ängste, Sorgen aber auch Visionen kundtun konnten. Auf dieser Basis habe das Ministerium Ziele entwickelt, die es bis heute (eineinhalb Jahre später) abarbeite und immer wieder als Kompass nutze. Wenn ein neues Tool eingeführt wird, sei es zudem wichtig, die Nutzung den Mitarbeitenden schmackhaft zu machen. Es reiche nicht, ihnen das Tool lediglich zugänglich zu machen, damit sei der Prozess noch nicht beendet. Dr. Sven Egyedy (Chief Technology Officer im Auswärtigen Amt) weist auch auf die Schwierigkeiten hin, die der erwähnte Kulturwandel mit sich bringe, wenn er sagt: „Es prasseln sehr heterogene Erwartungen und Veränderungswünsche auf uns ein. Es ist schwierig wenn man versucht, das alles zu berücksichtigen.“
Wie wird der Kulturwandel in der Praxis umgesetzt? Muss sich die öffentliche Verwaltung dafür neu strukturieren? Während Egyedy neuen Strukturprinzipien wie der Matrixorganisation sehr kritisch gegenübersteht, weil er schlechte Erfahrungen mit ihr gemacht habe, sieht Dietrich die Sache differenzierter. Er glaubt zwar nicht, dass die Verwaltung komplett auf Matrixorganisation umstellen solle, das sei ihr fremd. Trotzdem müsse sie sich neuen Formen des Zusammenarbeitens öffnen. Sein Ziel für die Landeshauptstadt München sei, von der klassisch funktionalen Arbeitsweise zu einer prozessorientierten Organisation zu kommen.
Im letzten Teil der Diskussion fragt Moutsokapas danach, wer für Hagen, Dietrich und Egyedy Vorbilder seien, wenn es um den digitalen Wandel geht? Hagen kann die Frage klar beantworten: „Das größte Vorbild und der stärkste Förderer ist unser Minister Andreas Pinkwart. Er ist für die Digitalisierung zuständig und es kommt zu tollen Synergieeffekten.“ Und woher kommt die „Kraft des Wandels“, wie es der Moderator ausdrückt, in München? Dietrich bezieht dazu eindeutig Stellung: „Für mich ist die Digitalisierung absolute Chefsache. Natürlich brauchen wir auch willige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Aber grundsätzlich muss das nach dem Top-Down Prinzip funktionieren. Ohne dass wir an der Spitze von Organisationen das Thema Digitalisierung vorantreiben, geht es nicht.“ Im Auswärtigen Amt herrsche weitgehend Konsens über die hohe Relevanz des digitalen Wandels, so Egyedy. Nur so könnten die Diplomaten und Diplomatinnen sich auf die Kernaufgaben konzentrieren und friedliche Lösungen mit anderen Ländern finden.
Bilder: politik-digital.de
Text: CC-BY-SA 3.0