Am 7. März erreicht der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf seinen
ersten ganz großen Höhepunkt – in der Liturgie des Wahljahres nimmt dieser Tag mit Vorwahlen in 15 Bundesstaaten
eine Sonderstellung ein.

Waren die "caucuses" und "primaries" bisher lose über den nordamerikanischen
Kontinent verstreute Ereignisse unter eher regionalen Vorzeichen, so sorgt der "Super Tuesday" nicht nur für
landes- sondern weltweites Interesse. Zudem dürfte nach diesen Ausscheidungen klar sein, wer sich für die
"Playoffs" im Rennen um den weißen Amtssitz in der Pennsylvania Avenue qualifiziert.

Traditionell ist der "Superdienstag" ein großes Medienereignis – in der kurzen Zeit zwischen den Dreifach-Vorwahlen
vom 29. Februar (Virginia, Washington, Nord-Dakota) haben sich die Kandidaten mit Verve in die Vorbereitungen
gestürzt und gehen dabei an die Reserven ihrer Wahlkampfkassen. Dass der Ex-Basketballstratege Bill Bradley
den "Super Tuesday" als Schlüsselspiel in seinem Zweikampf mit Al Gore einschätzt, wurde besonders durch den
Kraftakt vom vergangenen Donnerstag deutlich: Bradley kaufte sich knapp 5 Minuten "Airtime" im nationalen
Network-TV und richtete einen eindringlichen Appell
an die Vorwähler des 7. März.

Sein Konkurrent Al Gore brachte zwei neue Radio-Spots in Umlauf, in denen er die große Bedeutung der Vorentscheidungen
des "Super Tuesday" unterstreicht. Und auch im Internet rührte er kräftig die Werbetrommel: am vergangenen Freitag
präsentierte er sich mittels WebCast einem Online-Publikum – der Vizepräsident erläuterte an einer High School
in Jacksonville (Florida) die Eckpunkte seiner Schul- und Bildungspolitik.

Im Lager der "Grand Old Party" läßt George Bush jun. das Vorgefühl des
sicheren Sieges erkennen – auf der Startseite der digitalen Wahlkampfzentrale prangt stolz der aktuelle
"Delegate Count": Bush führt hier mit 178:106 Stimmen. Dazu verweist der Präsidentensohn aus Texas auf seine
glatten Erfolge bei den letzten Vorwahlen sowie die sichere Performance bei einer TV-Debatte mit seinen republikanischen
Kontrahenten McCain and Alan Keyes.

Der bereits leicht angeschlagene John McCain bittet auf seinem "nationalen Kreuzzug"
schon beinahe verzweifelt um die Mithilfe der Bevölkerung. Auf der eigenständigen Mitmach-Website "McCainInteractive"
sollen derzeit vor allem Wahlhelfer für die Schlüsselstaaten Kalifornien und New York gewonnen werden.

Die
vielleicht schillerndste Online-Episode um den "Super Tuesday" stammt
jedoch aus dem Wüstenstaat Arizona und ausnahmsweise einmal nichts mit
den Sorgen und Nöten der Kandidaten zu tun: die Primaries der dortigen Demokraten
eröffnen bereits morgen ihre Online-Wahlurnen zur Abstimmung zwischen Al Gore und Bill Bradley. Vier Tage
lang können dann die registrierten Wähler auch im Internet ihr Votum abgeben – die herkömmliche Offline-Vorwahl
findet dagegen erst am 11. März statt. Doch wird der Einsatz des Internet nicht allein positiv bewertet:
das Voting Integrity Projekt kritisierte die technologische Ausweitung
des Abstimmverfahrens und befürchtete eine Benachteiligung der weniger medienkompetenten Wähler. Auf regionaler
Ebene schienen die Bemühungen unter Hinweis auf die Probleme des "digital divide" – der ungleichen Vernetzung
der Bevölkerung – zunächst von Erfolg gekrönt. Doch in der vergangenen Woche wurde die Beschwerde durch das
Justizministerium abgelehnt und die erste rechtsgültige Abstimmung via Internet zugelassen.

Der digitale Mediendienstag hinterlässt selbstverständlich auch in den Online-Redaktionen der großen Nachrichtenanbieter
seine Spuren – die seit Wochen beständig anwachsenden Archive der Zeitungen, Magazine und Online-Dienste
bieten reichhaltige Informationen zum aktuellen Kampagnenverlauf. So liefern etwa "AllPolitics",
der Online-Ableger des Nachrichtensenders CNN oder "OnPolitics",
das zuständige Angebot der Washington Post vorbildliche digitale Dossiers. Ein ähnliches Niveau bieten auch die
Services der New York Times,
des Boston Globe und der Los Angeles Times.
Gerade diese drei Angebote sind aus einem weiteren Grund interessant für eine dienstägliche Online-Lektüre: die
Bundesstaaten New York, Massachussetts und Kalifornien sind wichtige Primary-Schauplätze. Darüber hinaus
gelten die Vorwahlen in Ohio als möglicherweise vorentscheidend für die Kandidatenauslese.

Während hierzulande am Faschingsdienstag die "Fünfte Jahreszeit" auf
die Zielgerade einbiegt, schlägt jenseits des Atlantiks der "Super Tuesday" seine Wellen – und auch wenn ganz
andere Gründe dafür verantwortlich sind, für so manchen dürften die Folgen ganz ähnlich sein: überschäumende
Freude oder böse Katerstimmung…