Die Rolle des Internets hat im politischen Entscheidungsfindungs-prozess in den USA an Bedeutung gewonnen. Das ist das wesentliche Ergebnis der fünften
Untersuchung seit Oktober 2000 des `
Center for the Digital Future’ der USC Annenberg School, in der US-Bürger über ihren Umgang mit dem Internet befragt wurden.
Immer mehr Nutzer mit niedrigem Einkommen
Im Vergleich zu den Untersuchungen aus den Vorjahren zeigt die Erhebung die mit 78,6 Prozent bisher höchste Quote an Internetnutzern in den USA. Diese waren durchschnittlich 13,3 Stunden wöchentlich im Netz – auch dies ist der höchste Wert seit Beginn der Umfragen. Die Nutzung erfolgte allerorten: während der Arbeit, im Internetcafé oder bei Freunden. Zwei Drittel der Amerikaner surften 2005 jedoch daheim, ein deutlicher Anstieg von knapp 50 Prozent im Jahr 2000. Auffallend ist der Anstieg von Nutzern aus den unteren Einkommensschichten. In keiner anderen Einkommensschicht wuchs der Anteil der Internet-User so rasant wie dort. Bemerkenswert ist zudem die Erkenntnis, dass der Anteil an Usern jenseits des 55. Lebensjahres beständig zunimmt.
Hitliste 2006
Die Umfrage listet die zehn populärsten Internetaktivitäten der Amerikaner auf. Wie schon in den Jahren zuvor blieb das Hauptmotiv für die Nutzung des Internets der Gebrauch von eMails. 2005 nutzten 90 Prozent zu diesem Zweck das Internet. Das entspricht gut 70 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die übrigen beliebtesten Online-Aktivitäten im Jahr 2005 sind unspektakulär: allgemeines Web-Surfing, das Lesen von Nachrichten, das Suchen nach Informationen zu Medizin, Hobbies und Reisen sowie deren Buchung, Einkaufen und Online-Banking. Bei den Online-Aktivitäten lässt sich ein messbarer Unterschied zwischen weniger erfahrenen und erfahrenen Nutzern feststellen: Während bei den Erfahrenen User die Breitband-Technologie weit verbreitet ist, greifen weniger erfahrene Nutzer eher auf das „altbewährte“ Modem zurück.
Warum das Netz nicht genutzt wird
Für die Nichtnutzung des Internets (21,4% der Befragten) konstatiert die Studie eine weite Bandbreite an Gründen. Die beiden Hauptgründe haben 2005 erneut an Bedeutung verloren, womit sich der Trend seit 2003 fortsetzt. Abermals ist der Anteil derjenigen, die als Grund „kein Computer vorhanden“ angaben, geschrumpft. Deutlich ist der Rückgang der Nichtnutzer, welche die Kosten des Surfens als Begründung für ihre Enthaltung angaben. Hier ist der Wert um die Hälfte zurückgegangen.
Politische und Gesellschaftliche Effekte des Internets
Zum ersten Mal wurden die Interviewten 2005 nach ihrer Beteiligung in Online-Communities befragt. Als Grund für die Nutzung wurde von den meisten Teilnehmern angegeben, dass das Internet ein privates Hobby sei. Danach folgt die Teilhabe an sozial orientierten Communities. Berufliche Interessen wurden an dritter Stelle genannt. Insgesamt gab nur eine geringe Anzahl von Nutzern an, dass sich durch das Internet ihr Kontakt mit Interessensgenossen gesteigert habe. Dies stimmt mit den Erkenntnissen der vorherigen Befragungen überein. Eine Ausnahme bildet der Bereich der politischen Interessen. Hier wuchs die Zahl jener leicht an, die ein Anwachsen ihrer Kontakte durch das Internet konstatierten. Im familiären Bereich zeigt sich ein etwas anderes Bild: Mehr als 40 Prozent der Internet-Nutzer äußerten, die Technologie habe ihren Kontakt mit Familie und Freunden intensiviert oder gar erheblich intensiviert.
Bedeutung für die politische Kommunikation nimmt zu
Insgesamt verdeutlicht die Umfrage 2005 die zunehmende Bedeutung des Internets für die private und öffentliche sowie für die politische Kommunikation im weitesten Sinne. So stimmten fast zwei Drittel der Befragten (61.7%) der Auffassung zu, das Internet sei für politische Kampagnen wichtig. Dies taten auch 52 Prozent der Nicht-Nutzer. Ähnliche Werte ergeben sich beim Thema „politische Entscheidungsfindung“. 2005 glaubten 60,4 Prozent der Nutzer und immerhin ein gutes Drittel der Nicht-Nutzer, dass das Internet ein Mittel zum besseren Verständnis des politischen Geschehens sei. Bei beiden Gruppen setzt dies einen kontinuierlichen Anstieg seit 2000 fort. Dass das Internet als Informationsquelle im politischen Entscheidungsprozess an Bedeutung gewonnen hat zeigt zudem der hohe Prozentsatz an Nutzern, die während der Präsidentschaftswahlkampf 2004 surften, um näheres über die verschiedenen Kandidaten zu erfahren.
Doch ist nach Meinung der Befragten das Internet mittlerweile nicht nur für Bürger, sondern ebenso für Politiker interessant. Jedenfalls stieg im Vergleich zu den Vorjahren 2005 zum ersten Mal die Zahl der Befragten, die das Web als mögliches Mittel sahen, politische Macht zu erlangen. Allerdings scheinen die Bürger, was die Verlässlichkeit von Informationen angeht, die den Seiten politischer Kandidaten zu entnehmen sind, misstrauisch zu sein. Zwar wurden solche Seiten genutzt, jedoch nicht als hauptsächliche Quelle. Hier war das Vertrauen in allgemeine Medien-Webseiten größer.
Durch die vergleichende Umfrage soll langfristig der Einfluss der Online-Technologie auf die US-Gesellschaft untersucht werden. Dabei werden nicht nur die Veränderungen von Jahr zu Jahr berücksichtigt, sondern es wird auch zwischen Internet-Nutzern und Nicht-Nutzern unterschieden. Die Nutzer wiederum werden in erfahrene (mehr als 8 Jahre Erfahrung) und weniger erfahrene Nutzer unterteilt. Die Befragung umfasst ihrem Anspruch entsprechend weite Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in den Vereinigten Staaten. Neben den Auswirkungen auf die Politik betrifft dies etwa die Beeinflussung des Konsums, Veränderungen von familiären Beziehungen, Einflüsse auf das Verhalten am Arbeitsplatz oder den Umgang Minderjähriger mit dem Internet.