Auf der Open Knowledge Konferenz am 30. Juni und 1. Juli hielten international renommierte Experten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Journalismus, Wissenschaft und Kunst Vorträge und Workshops rund um das Thema Open Data. So bot sich den Teilnehmern ein umfassendes Gesamtbild eines breiten Themengebiets.
Schon in seiner Eröffnungsrede machte Rufus Pollock, Mitgründer des ausrichtenden Vereins „Open Knowledge Foundation“ den rund 400 Besuchern der Konferenz klar, worin eines der Hauptprobleme der heutigen Gesellschaft seiner Ansicht nach liegt. Menschen müssten gegenwärtig zahlen, beanstandete Pollock, um an Wissen zu gelangen. Dieser Kritik stimmte auch der Journalist Glyn Moody in seinem Vortrag zu. Man müsse intellektuelle Monopole hinter sich lassen, da diese Fortschritt und Innovation behindern würden. Urheberrechtsgeschützte Daten seien aktuell die größte Hürde, da durch sie eine freie und kostenlose Nutzung und Verteilung von Informationen verhindert werde, stellten auch Jordan Hacher, Gründungsmitglied von Open Data Commons, und Timothy Vollmer, Mitarbeiter bei Creative Commons, fest.
(Eröffnungsrede von Rufus Pollock)
Wie solch ein Open Data-Projekt aussehen kann, zeigte Brewster Kahle, Vorstandsmitglied der Non-Profit-Bibliothek „Internet Archive“. Die Beteiligten des bemerkenswerten Projekts haben es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, sämtliche Bücher der Welt zu digitalisieren. Außerdem soll so viel Musik- und Videomaterial gesammelt werden wie möglich. Mit der „Wayback Machine“ bewahren die Macher des Internetarchivs Kopien aller Webseiten in den verschiedenen Versionen der vergangenen Jahre auf. Seit zehn Jahren gibt es außerdem eine 24-Stunden Daueraufzeichnungen von Nachrichten aus allen Ländern der Welt. Für dieses beeindruckende Mammutprojekt gab es am Ende des Vortrags sogar Standing Ovations.
Die nötigen technischen Hilfsmittel, die zur Verwirklichung solcher Open Data-Vorhaben nötig sind stellten beispielsweise Vertreter des Projektes „ScraperWiki“ vor. Um umfassende Daten sammeln zu können, braucht man Crowdsourcing-Software, die über das gesamte Internet verteilte Informationen sammelt. Julian Todd, Gründer von „ScraperWiki“, erklärte, die Seite sei zweigeteilt. Neben dem Portal für Programmierer, in dem „Scraper“ zur freien Verfügung gestellt werden können, haben die Nutzer die Möglichkeit, sich auf dem zweiten Teil der Seite mithilfe des für sie passenden Programms ihre Information aus dem Netz „zusammenzukratzen“.
Ein großer Themenschwerpunkt der Konferenz waren die Auswirkungen von Open Data auf die Arbeit von Regierungen. Als Vorteile von Open Government gab Nigel Shadbolt, Konrektor der School of Electronics and Computer Science an der University of Southampton, ein Mehr an Transparenz, Effizienz, langfristige Kostenvorteile, Innovation, sowie verbesserte Partizipationsmöglichkeiten für Bürger an. Dies sollen Argumente für die Regierungen sein, langfristig in mehr Offenheit im Netz zu investieren.
John Sheridan, Zuständiger für die Internetauftritte legislation.gov.uk und data.gov.uk der britischen Regierung, wendete jedoch ein, dass Regierungen weniger die globalen Vorteile von Open Government sehen würden, sondern vielmehr den nationalen Druck, ihre Kosten gering zu halten. Qualitativ hochwertige Daten zu erstellen sei nämlich teuer, genauso wie es auch teuer sei, diese als Serviceleistung anzubieten und sie immer auf dem aktuellen Stand zu halten. Daher würde es vielen Regierungen, trotz zahlreicher offensichtlicher Vorteile für ihre Wähler, an Anreizen fehlen, Open Government aktiv zu betreiben.
Sowohl Chris Taggart, Mitglied des britischen Local Public Data Ausschusses, als auch Richard Stallman, Mitgründer des kostenlosen GNU/Linux Systems, betonten in ihren Vorträgen, dass es aber nur mit Open Government eine Aussicht auf Demokratie in der Zukunft gäbe.
Ebenfalls thematisiert wurde die praktische Umsetzung von Open Government. Friedrich Lindenberg, Entwickler bei der Open Knowledge Foundation und Programmierer der „adhocracy“-Software, lobte Großbritannien als einen der internationalen Vorreiter und übte gleichzeitig Kritik an der deutschen Politik. Die Menge an Daten, die von der britische Regierung veröffentlicht würden, sei beträchtlich. Im Gegensatz dazu mache man sich in Deutschland Sorgen, wie man die Daten so veröffentlichen könne, dass Politiker dabei noch gut aussähen.
Über die Bemühungen der EU, sprach Carl-Christian Buhr, Mitglied des EU-Kabinetts für Digitale Agenda. Bis Ende 2013 wolle man die verschiedenen Portale der EU unter der Seite data.gov.eu vereinigen und so mehr Transparenz und Überblick schaffen. Auch sprach er über die Schwierigkeiten, neue Gesetzesvorschläge in diesem Themenbereich einzubringen. Es sei nicht einfach, herauszufinden, in welchem Maße man Gesetzesvorstöße für die Umsetzung von Open Government-Maßnahmen fordern könne, ohne, dass gleich die gesamte Initiative abgelehnt werde.
Eine effiziente Umsetzung von Open Government-Prinzipen sei jedoch nur dann möglich, wenn es Akzeptanz und den Willen zur Veränderung auf allen Ebenen gäbe, erklärte Jose Manuel Alonso, Leiter zahlreicher Open Government-Initiativen der spanischen Regierung. Diese Ebenen seien die Regierung, die Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung und die Zivilgesellschaft. Wenn einer dieser Akteure nicht bereit ist zu kooperieren, sei es unmöglich maßgebliche Schritte in Richtung Open Government zu erwirken.
Allen Bemühungen zum Trotz merkten Alonso und Michael Gurstein, Professor am New Jersey Institute of Technology und an der University of Quebec, kritisch an, dass die Lücke zwischen denen, die Zugang zum Internet haben und denjenigen, denen diese Möglichkeit fehle, immer breiter werde. Nur ein Viertel der Weltbevölkerung habe überhaupt die Gelegenheit, Informationen aus dem Internet zu erhalten. Open Data könne erst dann erfolgreich sein, wenn auch wirklich alle Menschen davon profitieren könnten. So sei es zunächst einmal Aufgabe auf lokaler Ebene, in Gebieten ohne Internet nicht nur dessen Ausbau zu unterstützen, sondern auch die Betroffenen im Umgang mit dem Netz zu schulen.