Eine britische Initiative will neue Wahlhelfer rekrutieren – allerdings nicht für eine Partei oder den Staat, sondern für die Wähler selbst. Anlässlich der kommenden Unterhauswahl in Großbritannien sucht der „Democracy Club“ im ganzen Land nach Freiwilligen, um für mehr Transparenz und unabhängige Informationen im Wahlkampf zu sorgen.
„Ich habe einfach nie glauben wollen, dass die britischen Wähler politisch apathisch sind“, erklärt der Gründer des Democracy Club, Seb Bacon, gegenüber politik-digital.de. „Ich hatte immer nur das Gefühl, dass den Leuten die richtigen Informations- und Kommunikationskanäle fehlen.“ 2001 fiel die Wahlbeteiligung in Großbritannien auf ein historisches Tief von 59 Prozent, bei den letzten Unterhauswahlen 2005 waren es 61 Prozent. Speziell junge internetaffine Briten zwischen 18 und 24 Jahren sind laut einer Studie der Europäischen Kommission immer weniger motiviert, ihre Stimme an der Wahlurne abzugeben oder sich in einer politischen Partei zu engagieren.
Alle für den Wähler
Diesem Trend will der Demokratie Club entgegentreten. Das Projekt basiert auf dem crowdsourcing Prinzip. „Informationen über bestimmte Kandidaten sind für die Wähler in Großbritannien schwer zu finden,“ sagt Bacon. „Das Problem kann man aber lösen, wenn viele einzelne Wähler ihre Informationen zusammentragen.“ Freiwillige Helfer aus dem gesamten Wahlgebiet sollen Details über Wahlkreiskandidaten und ihre Positionen sammeln und dann in eine Online-Datenbank eintragen. Die Einträge werden ausgewertet, aufbereitet und auf Partnerplattformen – TheyWorkForYou.com und TheStraightChoice.org – der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Das crowdsourcing Prinzip birgt gleichzeitig natürlich ein schwer kalkulierbares Risiko: Wie stark werden sich die Freiwilligen, die sich für das Projekt anmelden, auf Dauer engagieren? „Es ist ein großes, verrücktes Experiment für uns,“ gibt auch Tom Steinberg vom britischen Think Tank mysociety.org gegenüber politik-digital.de zu. „Wir haben keine Ahnung, was uns da erwartet.“ mysociety.org betreibt die Partnerplattformen des Democracy Clubs.
Erfolgreicher Startschuss
Die erste Standortbestimmung des Projekts fiel allerdings recht positiv aus. Gut 2400 Unterstützer aus 625 Wahlkreisen haben sich bereits in die Datenbank eingetragen (Stand 4. Februar 2010), das entspricht einer Abdeckung von 96 Prozent aller Wahlbezirke. In einer ersten Welle trugen die Mitglieder des Democracy Clubs innerhalb weniger Stunden rund 500 Informationsbeiträge aus gut einem Viertel aller Wahlkreise zusammen. „Natürlich wollen wir irgendwann 100 Prozent der Bezirke abdecken“, sagt Bacon. „Aber für den Anfang ist das Ergebnis nicht schlecht.“