In den USA hat Barack Obama sein Online-Unterstützernetzwerk aus dem Wahlkampf zur mächtigen Plattform "Organizing for America" umgebaut. Was wird aus den Communities der Bundestagsparteien? politik-digital.de hat die Verantwortlichen der Online-Wahlkämpfe gefragt.
Bei allen Parteien ist die Auswertung des Online-Wahlkampfs noch in vollem Gange. Ein erstes Fazit haben die Online-Macher aber im Gespräch mit politik-digital.de bereits gezogen. Und sie haben schon einmal vorsichtig in die Zukunft geblickt.
Stefan Hennewig (CDU): "Auf soziale Netzwerke zu setzen, war richtig"
Stefan Hennwig (CDU) ist mit dem Online-Wahlkampf der CDU sehr zufrieden: "Auf soziale Netzwerke zu setzen, war richtig". Die Erfahrungen der Europawahl seien für die richtige Netzstrategie hilfreich gewesen. "Für die Unterstützer-Plattform des "teAM Deutschland" gibt es bereits weitere Pläne", sagte Hennewig.
Auch die Profile von Angela Merkel und der Partei auf Facebook würden weitergepflegt, die "teAM"-Community werde dabei eine wichtige Rolle spielen. Der Rückgang der finanziellen und personellen Ressourcen nach der Wahl werde sich aber auf den Netzauftritt der CDU auswirken, so Hennewig.
Sebastian Reichel (SPD): "Perspektivische, langfristige Konzepte wichtig"
Die Unterstützerdynamik im Internet sei nach dem TV-Duell sehr groß gewesen, sagt Sebastian Reichel (SPD). Diese weiter zu gestalten und die Online-Unterstützer auch über Wahlkampagnen hinaus einzubeziehen, sei für die SPD wichtig. "Perspektivische Konzepte, die langfristig wirken, müssen dafür entwickelt werden. Auch kulturelle und technische Entwicklungen im Netz müssen einbezogen werden", so Reichel.
Die Webseite wahlkampf09.de wird es folglich bald nicht mehr geben. Die Netzwerkplattform meineSPD.net bleibt dagegen erhalten. In welcher Form hänge von den Ressourcen ab und könne abschließend erst nach dem Bundesparteitag im November (13.-15.11.2009) gesagt werden, so Reichel weiter.
Thomas Scheffler (FDP): "Fortsetzung eine Glaubwürdigkeitsfrage"
Den FDP-Wahlkampf im Netz bewertet Thomas Scheffler (FDP) als gelungen: "Innovative Konzepte wie die Google AdWords Kampagne sind sehr gut angenommen worden. Die Web-Community hat sich etabliert". Daher werde die mitmacharena, die Community der FDP, in jedem Fall fortgeführt. Die Präsenz in den übrigen sozialen Netzwerken bleibe erhalten.
Zudem sollen die Koaltionsverhandlungen im Netz begleitet werden. Die Online-Kommunikation jetzt nicht einschlafen zu lassen sei eine "Glaubwürdigkeitsfrage", so Scheffler. Inwieweit die Kommunikation mit den Unterstützern in die Regierungsarbeit der FDP integriert werden könne, hänge vom Ausgang der Koalitionsverhandlungen ab.
Robert Heinrich (Grüne): "Hunger im Netz nach authentischem Dialog"
Auch Robert Heinrich (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich mit dem Internet-Wahlkampf der Grünen mehr als zufrieden: "Den Grünen ist im Netz große Sympathie entgegen gebracht worden". Erfolgreich sei zudem die Spendenaktion "mein Plakat" gewesen, da die Spender direkt mit einbezogen wurden.
Auch die Mitgliederkampagne rund um den Wahltag habe den Grünen viele neue Mitglieder beschert. "Es gibt im Netz einen Hunger nach authentischem Dialog", sagte Heinrich. Dies hätten allein die mehr als 12.000 Fragen der Drei-Tage-Wach-Kampagne gezeigt. In Zukunft wollen die Grünen den Dialog mit den Unterstützern fortführen. Qualitativ sollen dabei keine Abstriche zum Wahljahr gemacht werden, so Heinrich.
Mark Seibert (Linkspartei): "Echte Partizipation realisieren"
Mark Seibert (Linkspartei) bilanziert: "Der Online-Wahlkampf ist sehr erfolgreich gewesen, allerdings ist ‘Die Linke.’ in diesem Bereich zu spät eingestiegen". Die Partei habe viele Kontakte generieren können. Die Online-Präsenz in den sozialen Netzwerken werde weiterentwickelt, auf die eigene Community linksaktiv.de gesetzt.
"Die Werkzeuge des Web 2.0 müssen mehr genutzt werden", sagte Seibert. Auch das Parteiprogramm soll online zur Diskussion gestellt werden. Zusätzlich sei eine offene Veranstaltung geplant, in der die Onlineaktivitäten der Partei über den Kreis der Mitglieder hinaus diskutiert werden sollen. Ziel sei es, gemeinsam mit den Online-Unterstützern "echte Partizipation zu realisieren", so Seibert.
Und jetzt?
Alle Bundestagsparteien wollen die Online-Kommunikation mit ihren Unterstützern aufrecht erhalten oder gar ausbauen. Die personellen und finanziellen Ressourcen werden aber offenbar bei allen Parteien zurückgefahren. Mehr denn je werden folglich Mut, Kreativität und Visionen gefragt sein.