Im Februar 2003 findet im Bundestag die zweite Lesung zur geplanten Novellierung des Urheberrechtsgesetzes statt. Das Gesetz soll die Grundlage für ein modernes Urheberrecht in der digitalen Wissensgesellschaft schaffen.

 

Die Zeit ist reif ist für eine Neuregelung des Urheberrechts, darüber sind sich alle Parteien einig. Aufgabe des Gesetzes ist laut Justizministerin Brigitte Zypries "der Rechtsschutz für Urheber sowie die Förderung der Kultur und Medienwirtschaft und ihrer Entwicklung." Doch darüber wie stark diese beiden Komponenten das Gesetz bestimmen sollen herrscht Uneinigkeit zwischen den Parteien.

"Das Urheberrecht im digitalen Zeitalter mit seinen vielen neuen Medien braucht zeitgemäße Regeln" meint Brigitte Zypries (SPD), auch die FDP und die Union betonen die zentrale Rolle eines modernen Urheberrechts, sie rücken allerdings vor allem die finanziellen Auswirkungen der bisher lückenhaften Regelungen in den Mittelpunkt. Günther Krings von der CDU bezeichnet das Urheberrechtsgesetz als "zentrales Marktordnungsrecht des digitalen Zeitalters" und rechnet vor, dass jeder zwölfte Euro in der deutschen Wirtschaft mit Produkten verdient wird, die unmittelbar auf den Schutz des Urheberrechts angewiesen sind. Auch Rainer Funke (FDP) betont die "starken wirtschaftlichen Interessen" und wünscht sich eine Umsetzung des Urheberrechts "im Sinne der Industrie". Während Union und FDP der Meinung sind, dass der Gesetzentwurf geistiges Eigentum nicht genügend vor Missbrauch schützt, ist Dirk Manzewski (SPD) überzeugt, dass der Regierungsentwurf "einen angemessenen Rechtsrahmen vorgibt, der den Einsatz der neuen Technologien zulässt und die Entwicklung in der Informationsgesellschaft fördert." Die Einführung des Rechts der öffentlichen Zugänglichkeitmachung verdeutliche, "dass Werke in den elektronischen Medien wie dem Internet nur mit Zustimmung der Urheber verwertet werden dürfen.", andererseits legt es aber auch fest, dass die Urheber es in bestimmten Fällen hinnehmen müssen, dass ihre Werke auch ohne ihre Zustimmung genutzt werden, zum Beispiel für den Unterricht an Schulen und Hochschulen sowie für die Forschung.


Digitale Spaltung muss verhindert werden

Ähnlich beurteilen auch die Grünen den Gesetzentwurf. Auch sie sind der Ansicht, dass "Urheberinnen und Urheber […] im digitalen Zeitalter für ihre Arbeit entsprechend entlohnt werden" müssen und stellen fest, dass die Gesetzesnovelle einen "Interessensausgleich zwischen allen vom Urheberrecht betroffenen Gruppen" darstelle. Im Gegensatz zu den anderen Parteien stellen sie jedoch eine eher normativ geprägte Diskussion in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Sie fordern die freie Zugänglichkeit von Wissen und warnen vor einer digitalen Spaltung der Gesellschaft. Der Gesetzentwurf weise zwar in die richtige Richtung, doch langfristig müsse eine "digitale Vielfalt" angestrebt werden, die in der analogen Sphäre gültige urheberrechtliche Komponenten in die digitale Welt überträgt und ergänzt. Grietje Bettin (Bündnis 90/Grüne) vergleicht den Download von Dateien mit dem Ausleihen eines Buchs in der Bibliothek.



Analog gleich Digital?


Gegen dieses auch im § 53 des Gesetzentwurfs implizierte Vorgehen wendet sich die CDU/CSU. Es wäre unmöglich, "dass ein Rechtsregime, das dem Zeitalter des Papierkopierers entstammt, nun ohne weiteres auf den CD-Brenner übertragen werden soll. Allein dadurch, dass das digitale Kopieren so viel schneller ausführbar sei als das analoge, müsse man besondere Schutzvorkehrungen treffen. Der Gesetzentwurf erklärt technische Verrichtungen zum Schutz vor Kopien für zulässig und stellt das Umgehen des Kopierschutzes unter Strafe. Digitale Privatkopien sollen allerdings weiterhin zulässig sein. Für diese Nutzung sollen die Urheber über Verwertungsgesellschaften wie die GEMA entschädigt werden.



Dem DRM gehört die Zukunft


Jedenfalls solange bis ein System der individuellen Lizenzierung, das so genannte Digital Rights Management technisch ausgereift ist. CDU/CSU und FDP sprechen von dem digitalen Rechtemanangement als "intelligenter Schutzstrategie der Zukunft", die SPD macht ihre Unterstützung des DRM von der technischen Entwicklung des Systems abhängig. Die Grünen betonen, dass das DRM für sie kein "Allheilmittel" darstelle. Neben der Einzelabrechnung müsste es immer noch möglich sein, Wissen zu erlangen ohne dafür eine Individuallizenz zu erwerben. Zukünftig soll es also eine Nebeneinander von Digital Rights Management und Vergütungsregelungen über Verwertungsgesellschaften geben.

Alle Zitate aus dem Plenarprotokoll der 10. Sitzung des Bundestags in der 15. Wahlperiode

 

Erschienen am 23.01.2003