Am 13.03 sind in Rheinland-Pfalz Landtagswahlen. Durch den wahrscheinlichen Einzug der AfD und den möglichen erneuten Einzug der FDP wird sich die politische Lage im Land verändern und neue Koalitionsmöglichkeiten eröffnen. In den Wahlprogrammen aller Parteien, die Chancen auf den Einzug in den Landtag haben, tauchen dabei Internet und digitale Infrastruktur als Wahlkampfthemen auf. Wie sehr unterscheiden sich dabei die Positionen der Parteien? Oder wollen am Ende doch alle das Gleiche?
Die digitale Welt, da sind sich alle untersuchten Parteien (SPD, CDU, die Grünen, AfD, FDP, die Linke) einig, ist heute in vielfältiger Weise für die Rheinland-Pfälzer von Bedeutung. Wo genau sie jedoch ihre Schwerpunkte setzen, da unterscheiden sich die Parteien. Wir haben die Wahlprogramme der Parteien in Rheinlandpfalz auf netzpolitische Themen untersucht.
SPD- weiter wie bisher
Die SPD setzt auf Bewährtes und vertritt keine überraschenden oder außergewöhnlichen netzpolitischen Standpunkte. Sie ist die führende Partei der aktuellen Regierungskoalition und die meisten konkreten Pläne sind Weiterführungen bereits bestehender Projekte, wie etwa beim Thema Breitband (50 Mbit/s bis 2018), eGovernment (Open Government Portal und elektronische Akte) oder Onlineschlichtungsverfahren. Bei geplanten Projekten wählt sie viele sehr vorsichtige Formulierungen. Die Partei will sich für „Die Freiheit des Einzelnen, sich in der digitalen Welt frei zu bewegen“ einsetzen, wobei jeder dabei „möglichst selbstbestimmt“ über seine Daten verfügen können sollte. Weder wie man sich in der digitalen Welt frei bewegt, noch wie viel Selbstbestimmung denn möglich ist, wird dabei genauer definiert.
Die digitale Wirtschaft ist auch ein Thema im Wahlprogramm der Sozialdemokraten. Hier wollen sie vor allem kleine und mittlere Unternehmen bei der Digitalisierung unterstützen. Außerdem planen sie, ganz in der SPD-Tradition, die Gewerkschaften mit einbinden und wollen die Digitalisierung für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf nutzen.
Umwelt als roter Faden bei den Grünen
Neben der CDU haben die Grünen das umfangreichste Wahlprogramm. Bei ihnen zieht sich eindeutig das grüne Kernthema „Umwelt“ als roter Faden durch das Parteiprogramm. Abgesehen von der CDU sind die Grünen die einzige Partei, die eine smarte Infrastruktur für wünschenswert hält, weil sie umweltschonend ist. Ähnlich sieht es in der Wirtschaftspolitik aus: Die Grünen möchten die Chancen der Digitalisierung nutzen und Unternehmen dabei unterstützen, weil damit eine effizientere Ressourcennutzung und damit eine ökologischere Wirtschaft möglich ist.
Weitere große Themen der Grünen sind Transparenz und Teilhabe der Bürger am digitalen Leben. Die Teilhabe, unabhängig vom Einkommen, wollen sie zum Beispiel durch öffentlich zugängliche Internetzugänge und den Gebrauch von Open-Source Software in Schulen und Verwaltung erreichen. Außerdem soll es digitale Angebote geben, um den Kontakt von Bürgern und Verwaltung zu verbessern. Zudem möchten die Grünen Politik, Verwaltung und Recht transparenter gestalten, etwa durch Livestreaming von Rats- und Parlamentssitzungen oder online abrufbare Gerichtsurteile und einen öffentlich zugänglichen Haushalt in einem „Open-Government-Data-Portal Rheinland-Pfalz“.
Auch bei anderen netzpolitischen Themen weichen die Rheinland- Pfälzer nicht so weit von der Parteilinie ab und sprechen sich gegen Vorratsdatenspeicherung und für Netzneutralität aus. Das Thema Netzneutralität erwähnen sie sogar als einzige der untersuchten Parteien.
Auch die Grünen nutzen ihr umfassendes Wahlprogramm, um auf einige Herzensthemen einzugehen. Als einzige Partei erwähnen die Grünen Flüchtlinge nicht nur als Objekt, über das im Netz diskutiert wird, sondern als aktive Internetnutzer. Sie möchte daher freie WLAN Zugänge an allen Erstaufnahmestandorten einrichten, damit Flüchtlinge über das Internet mit ihren Familien kommunizieren können.
Die CDU zwischen Tradition und Moderne
Die CDU in Rheinland -Pfalz präsentiert sich sowohl als Bewahrerin alter Werte als auch als moderne, zukunftsorientierte Partei. Als einzige Partei bewertet sie Digitalisierung als Querschnittsaufgabe, die von „eAgriculture“ über „eGovernment“ bis „Studium 4.0“ reicht. Dass die CDU nicht auf bedingungslose Zustimmung zur Digitalisierung setzt, zeigen Abschnitte wie dieser: „[Wir] müssen […] in den Menschen stark machen, was Computer nicht können: Fragen stellen, abwägen und kritisch urteilen, inhaltliche Bildung und Werte leben. Wir brauchen starke ‚Menschen 1.0‘ für eine neue ‚Welt 4.0‘“.
In vielen Bereichen ist die CDU die einzige Partei, die sich zur Digitalisierung äußert. Beispielsweise in der Landwirtschaft mit „eFarming/eAgriculture“: Hier will die CDU einen verstärkten Einsatz neuester Technologien vorantreiben. Und während andere den Bereich Telemedizin (bei der CDU „eHealth“) nur kurz erwähnen, hat die CDU dazu ein Konzept ausgearbeitet, das etwa selbstverwaltete elektronische Patientenakten vorsieht.
Das Regierungsprogramm der CDU ist 103 Seiten lang und so nehmen sich die Christdemokraten mehr Raum, Vorhaben genauer zu erklären als manch andere Partei. Das gilt zum Beispiel auch für das Thema Breitbandausbau. Zum einen möchte die CDU mehr Geld in den Ausbau investieren. Zum anderen möchte sie aber auch andere Finanzierungsmöglichkeiten prüfen, was letztlich meist zur einer stärkeren Beteiligung der Industrie führt. Sie schlägt zum Beispiel „Public Private Partnerships“ vor oder Profit-Sharing Modelle, bei denen das Netz gemeinsam von Telekommunikationsanbietern, Tiefbauunternehmen und Energieversorgern aufgebaut und betrieben wird.
Auch wenn sich die CDU für Zukunftsthemen wie SmartCitys und fahrerloses Fahren stark machen will, zeigen sich grade im juristischen Bereich („eJustice“) die traditionellen Werte der CDU, zum Beispiel beim Thema Vorratsdatenspeicherung: „Datenschutz genießt in Zeiten der Digitalisierung hohe Priorität. Deswegen ist es auch richtig, dass der Bundestag jetzt die Vorratsdatenspeicherung beschlossen hat.“ Auch sonst setzt sie sehr auf das traditionelle CDU-Thema Sicherheit. So möchte sie zum Beispiel mehr Geld und Personal im Kampf gegen CyberCrime einsetzen und bekennt sich „klar zur Notwendigkeit nachrichtendienstlicher Maßnahmen zur Erkennung von Gefahren für die freiheitliche-demokratische Grundordnung“.
Die FDP bleibt sich treu
Der netzpolitische Schwerpunkt der FDP liegt klar im Bereich Justiz. In den anderen Bereichen vertritt die FDP Positionen, die auch in den Programmen fast aller anderen Parteien zu finden sind: Ausbau des eGovernment, verstärkter Einsatz neuer Technologien und Breitbandausbau.
Auch bei der FDP sind es die klassischen liberalen Kernthemen, bei denen sich die Partei abhebt. Als einzige Partei setzt sie bei der Finanzierung des Breitbandausbaus fast ausschließlich auf marktgetriebene Prozesse. Dabei ist es ihr wichtig, dass der Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt erhalten bleibt.
Die FDP spricht sich wie SPD, Grüne und Linke gegen Kommunikationsüberwachung und für einen besseren Datenschutz aus. Als einzige Partei fordert sie jedoch „Zentralstellen für Datenschutzverstöße bei den Staatsanwaltschaften“ und appelliert an den Gesetzgeber, „durch verständliche, rechtsstaatlich einwandfreie und vor allem praktikable Vorgaben den Umgang mit persönlichen Daten zu regeln“.
Außerdem will die FDP verstärkt Cyberkriminalität bekämpfen. Dazu sollen Experten eingesetzt und Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte, soweit datenrechtlich möglich, besser elektronisch vernetzt werden um die Strafverfolgung zu erleichtern.
Die Linke kann es sich leisten
Die Linke bewegt sich in den Umfragen zur Landtagswahl bei circa fünf Prozent. Das bietet den Vorteil, dass die Partei kreativere Positionen als zum Beispiel die Regierungspartei SPD vertreten kann. Während andere Parteien vermeiden wollen, dass das Bundesland einen Großteil des Breitbandausbaus finanziert, schlägt die Linke genau das vor. Der Ausbau soll „nicht länger vor allem Aufgabe des Bundes und der Kommunen“ sein. Außerdem „darf der Breitbandausbau nicht alleine gewinnorientierten Unternehmen überlassen werden“ Eine stärkere Beteiligung des Landes scheint da unvermeidlich.
Ansonsten unterscheidet sie sich netzpolitisch nicht so sehr von den Grünen, sie formuliert es nur radikaler, etwa mit Formulierungen wie „[…] lehnt DIE LINKE den weiteren Ausbau der staatlichen Überwachungsinfrastruktur ab“. Auch die Linke fordert mehr Möglichkeiten für Transparenz und Teilhabe und will staatliche Daten für Bürger zugänglich machen, Opern-Education-Verfahren in Schulen und offene WLAN-Zugänge in Landesbehörden etablieren.
AfD- kurz und knapp
Das Wahlprogramm der AfD ist mit 31 reich bebilderten Seiten mit Abstand das kürzeste Parteiprogramm der untersuchten Parteien. Dementsprechend knapp fallen auch ihre Aussagen zu Netzthemen aus. Das größte Potenzial der Digitalisierung sieht die AfD im Bereich Transparenz und direkter Demokratie, hier fordert sie interaktive Verfahren zur Information der Bürger und die Etablierung elektronischer Wahlverfahren für Volksentscheide.
Die AfD fordert wie die anderen Parteien auch den Ausbau des Breitbandnetzes, ohne jedoch weiter auf technische oder finanzielle Einzelheiten einzugehen. Sie hofft, dass dadurch abgelegene Standorte attraktiver werden und sieht die Vernetzung als Voraussetzung für Heimarbeitsplätze. Außerdem soll die Verwaltung digitalisiert werden, auch dazu gibt es keine konkreteren Ideen im Wahlprogramm.
Fazit
Und wollen die Parteien das gleiche? Irgendwie schon. Vor allem in den Themen, die allen Parteien wichtig sind, wie Breitbandausbau oder elektronische Verwaltung, unterscheiden sich die Positionen nicht so sehr. Zwarhaben sie unterschiedliche Standpunkte, wann und wie das Breitbandnetz ausgebaut werden soll, aber dass es geschehen soll, darin sind sich alle einig.
Wenn sich die Positionen der Parteien wirklich unterscheiden, wie etwa in der Sicherheitspolitik, oder in Finanzierungsfragen, dann sind auch das keine großen Überraschungen. Die netzpolitischen Positionen der Parteien in Rheinland-Pfalz entfernen sich insgesamt nicht weit von den angestammten Positionen der Parteien in anderen Bereichen.
Bild: Andreas Praefcke, CC BY SA 4.0