Die Medienmacht des italienischen Premiers Silvio Berlusconi ist legendär. Seit seinem Wahlsieg 2001 verfügt er nicht nur über mehrere große private TV-Stationen, sondern nimmt auch erheblichen Einfluss auf den öffentlichen Rundfunk RAI. Die Opposition darf zuschauen – oder ihre Chance im Internet suchen.

Die Medienmacht des italienischen Premiers Silvio Berlusconi ist legendär. Seit seinem Wahlsieg 2001 verfügt er nicht nur über mehrere große private TV-Stationen, sondern nimmt auch erheblichen Einfluss auf den öffentlichen Rundfunk RAI. Die Opposition darf zuschauen – oder ihre Chance im Internet suchen.

Dass der Besitz von drei großen privaten Fernsehsendern sich schlecht mit einer Kandidatur zum Premierminister vereinbaren lässt, bedarf eigentlich keiner weiteren Erläuterung. Dennoch ist es in Italien so gekommen. Kaum im Amt ließ Premierminister Silvio Berlusconi zudem die Rundfunkräte des öffentlich-rechtlichen Fernsehens RAI neu besetzen und schaffte es, den einen oder anderen kritischen Geist in den staatlichen Sendern stummzuschalten. Selbst Enzo Biagi, Urgestein des italienischen Journalismus, wurde vom Bildschirm verdrängt. Seit 2002 darf der honorige alte Mann –Geburtsjahrgang 1920- nicht mehr seinen Kommentar zu den Themen des Tages sprechen, wie er es zuvor über 700 mal direkt im Anschluss an die Hauptnachrichten von RAI1 getan hatte. Seitdem ist klar, wie man im italienischen Fernsehen Karriere macht – oder eben nicht.

Fernsehen, Freunde oder Internet?

Für das Internet ist das eigentlich eine optimale Ausgangsbasis: wenn dem Fernsehen nicht mehr zugetraut wird, ein pluralistisches Medium zu sein, liegt die Meinungsvielfalt nur einige Mausklicks entfernt. Doch die Voraussetzungen dafür sind in Italien schlechter als anderswo. Nach einer Studie des EU-Statistikamts Eurostat gibt es in Italien weniger private Internetanschlüsse als im Durchschnitt der EU-25. Nur 34% der Haushalte hatten 2004 einen direkten Anschluss an die Datenautobahn, wohingegen zu dieser Zeit bereits 60% der deutschen Haushalte online waren. Von den Italienern, die von zu Hause aus ins Netz können, wird das Internet jedoch zunehmend als Informationsquelle für politische Fragen geschätzt. Die Abgeordnetenkammer des italienischen Parlaments hat dazu eine Untersuchung in Auftrag gegeben und herausgefunden, dass das Fernsehen zwar noch immer das wichtigste Informationsmedium ist, doch das Internet aufholt. Erstaunlicherweise trifft das aber nur in geringem Maße auf die Anhänger der Opposition zu: lediglich 37% gaben an, dass das Internet für sie eine wichtige Rolle spiele (bei den Anhängern des Regierungsbündnisses Casa della Libertá waren es 45%). Bei den Unentschlossenen spielt das Internet sogar nur für 29% eine wichtige Rolle. Gespräche im Freundeskreis oder die Zeitung haben noch immer einen höheren Stellenwert für die politische Meinungsbildung.

Medienmogul ohne Blog

Wenn das Phänomen quantitativ also noch nicht sehr stark ins Gewicht fällt – es gibt durchaus gute Beispiele für politische Seiten im Netz, wie das sehr beliebte
Blog des Komikers Beppe Grillo, das sogar eine englischsprachige Übersetzung enthält, beweist. Bei den Politikern sieht es dagegen eher mau aus. Zwar führen einige von ihnen mittlerweile ein Blog, der Premierminister gehört jedoch nicht zu dieser Gruppe. Der bald 70-jährige Silvio Berlusconi hat nicht einmal eine eigene Homepage. Zwar haben seine Fachleute eine einwandfreie und aktuell gehaltene Seite für die Partei Forza Italia erstellt, in der sich auch Sektionen über den „Unternehmer“, „Politiker“ und „Sportsmann“ Silvio Berlusconi befinden. Persönlich wendet sich der Kandidat allerdings fast gar nicht an die Besucher.

Vorwahlen im Netz

Das sieht bei seinem Kontrahenten schon besser aus. Auf www.romanoprodi.it findet sich alles, was spätestens seit dem US-Präsidentschaftswahlkampf 2004 zum Standard der Wahlwerbung im Internet gehört, vor allem also Interaktivität. Neben der Möglichkeit, online zu spenden (darauf kann der Unternehmer-Premier offensichtlich verzichten), können sich die Unterstützer hier treffen, gemeinsame Aktivitäten für Romano Prodi organisieren oder sich über Veranstaltungen in ihrer Heimatregion informieren. Bereits vor Beginn des Wahlkampfs setzte das Linksbündnis, das 2006 unter dem Namen „Unione“ firmiert, auf das Internet. Das vielschichtige Parteienbündnis hielt erstmals eine „Primarie“ genannte Vorwahl ab um sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Dazu musste man weder Parteimitglied sein noch das Haus verlassen, denn die Stimmabgabe war auch im Internet möglich. Fast vier Millionen Italiener beteiligten sich an der Abstimmung und wählten Prodi mit haushoher Mehrheit von 74% zu ihrem Kandidaten.

Weniger erfolgreich endete hingegen Prodis Ausflug in die Welt der Weblogs. Sein Blog enthielt genau zwei Postings: eines zur Eröffnung und eines zur Schließung. Bei den italienischen Bloggern, die über die Seite www.blogosfere.it gut vernetzt sind, hat das zu einiger Belustigung geführt. Wie groß der Einfluss des Internets auf den Wahlausgang tatsächlich ist, lässt sich jedoch kaum beurteilen. Mit der Entscheidung für zwei TV-Duelle zwischen den Spitzenkandidaten konzentrieren sich beide Lager wieder auf die Auseinandersetzung im Fernsehen. Die Gemeinschaft der Blogger stört es nicht: sie kommentieren die Auseinandersetzung zeitgleich im Internet.