Ein Rück- und Ausblick auf die Zukunftstrends und Standards für den Online-Wahlkampf 2006, gesammelt von Britta Schemel in Jena 2003 – gemacht von Experten und immer noch aktuell.



Ein Rück- und Ausblick auf die Zukunftstrends und Standards für den Online-Wahlkampf 2006, gesammelt von Britta Schemel in Jena 2003 – gemacht von Experten und immer noch aktuell.

Mittlerweile nutzt jeder zweite Deutsche das Internet, ob zur Unterhaltung, zur Informationsbeschaffung oder als Kommunikationsmittel. Dieser Boom ist auch an den politischen Strategen nicht vorbei gegangen. Besonders Jugendliche sollen auf diese Weise angesprochen werden. In den Wahlkampfzentralen zur Bundestagswahl 2002 gab es bereits eigene Abteilungen für den Online-Wahlkampf (Online-Campaigning). Die Kapazitäten und Möglichkeiten dieser Technik sind aber noch lange nicht ausgeschöpft. Auf dem studentischen Kongress
„Forum. Medien. Politik.“ in Jena 2003 wurde dem Internet suggeriert, wahrscheinlich das zukunftsträchtigste Instrument politischer Kommunikation zu sein.

Jede der zur Wahl stehenden Parteien in Deutschland, ist mittlerweile auf vielfältige Art und Weise im Internet zu finden. Von Unterhaltungsportalen, mit MP3 Downloads und Flashanimationen, über Infosites, mit O-Tönen und Pressefotos vom Parteitag, bis hin zum „negative campaigning“, mit gesammelten Ausrutschern und Zitaten vom politischen Gegner. Das Internet steht aber nicht nur dem klickaffinen Computerjunkie zur Verfügung. Parteien nutzen das World Wide Web längst auch zur Mobilisierung ihrer Mitglieder und Anhänger. Über das Intranet können sich diese mit Botschaften, Hintergrundinformationen und Argumentationshilfen für die Stammtischauseinandersetzung bewaffnen. Weblogs waren in Jena 2003 noch kein Thema und sind daher auch kein Thema im Kongressband.

Was wird 2006 – Entwicklung der politischen Kommunikation im Internet

„Die Bandbreite von politischer Kommunikation wird deutlich zunehmen, die Verbreitung von Kampagnen im Internet wächst und die Bedeutung mobiler Endgeräte wird steigen“, war sich Stefan Scholz, seit 2000 Mitarbeiter des Bereichs Marketing und interne Kommunikation in der Bundesgeschäftsstelle der CDU, in Jena sicher. Im Bundestagswahlkampf 2002 war er für die Koordination und Durchführung der CDU-Online-Kampagne verantwortlich. Für 2006 sieht Scholz auch neue Formen der politischen Teilhabe. So werden wohl Projekt-Mitgliedschaften an Bedeutung gewinnen, weil örtlich flexible aber „zeitarme“ Menschen größere Beteiligungsmöglichkeiten von den Parteien geboten bekommen müssen.

Für das Online-Campaigning erhoffte er sich 2006 eine erheblich größere und direktere Breitenwirkung. Darin werde es unter anderem eine deutlich stärkere Einbeziehung von sms und mms geben. Außerdem werde es zum verstärkten Einsatz multimedialer Elemente im Internet kommen. Sympathisanten an der CDU-Kampagne sollten eine komplexere Beteiligung erfahren.

Online-Kommunikation als Bindeglied zwischen PR und Werbung

„Die SPD-Online-Kommunikation hielt zur Bundestagswahl 2002 dem Anspruch eines klar definierten Zeit- und Aktionsrahmens aus der klassischen Werbung sowie eines prozesshaften Aktionsrahmens aus dem PR-Bereich Stand“, erklärte Dietrich Boelter, Gründungsmitglied und geschäftsführender Gesellschafter von
Ahrens & Bimboese. face2net – Agentur für Online-Kommunikation GmbH. Er leitete im Bundestagswahlkampf 2002 den Arbeitsbereich Online-Wahlkampf der SPD in der Kampa02 mit. Nach Boelter lag dem Online-Campaigning der SPD bereits eine diversifizierte Online-Kampagnenstrategie vor.

Online-Kommunikation erhöht die Kampagnenfähigkeit der Akteure

Das Konzept der sozialdemokratischen Partei erfordere zwei wesentliche Aspekte: Nachhaltigkeit, das heißt die dauerhafte Präsenz der SPD im Netz und die Setzung neuer Standards für die Entwicklung parteibezogener Informations- und Kommunikationsangebote. „Beides hat die Partei positiv verändert und wird sie weiterhin umstrukturieren“, meinte Boelter. Denn die Online-Kommunikation erhöhe in einer Wahlkampf- oder PR-Schlacht die Integration und Kampagnenfähigkeit der Akteure. Die Ressourcennutzung werde so optimiert und die Flexibilität erhöhe sich.

„Die Online-Kampagne hat unsere Mobilisierungs- und Kampagnenfähigkeit auf jeden Fall erhöht“, erzählte Vito Cecere, jetzt Leiter der Planungsgruppe der SPD-Fraktion, mit Rückblick auf die Bundestagswahl 2002. Er war damals stellvertretender Leiter des Arbeitsbereichs Analyse/ Konkurrenz/ Recherche in der Kampa02 und verantwortlich für nicht-regierungsfaehig.de

Online-Bundestagswahlkampf 2002 setzt neue Standards für Landtagswahlen

Die Landesverbände werden nach Meinung von Boelter sicherlich von den im Bundestagswahl 2002 gesetzten Standards im Internet profitieren. Aber diese hätten sowieso eine geringere Budgetierung zur Verfügung. Oft werden aber, so Cecere, die gleichen technischen Elemente genutzt. Bei der CDU werde der bewährte Tool wahlfakten.de auch in Landtagswahlkämpfen integriert, so Scholz.

Die Parteien werden zeigen müssen, dass sie die Online- sowie Offline-Kampagne optimal koppeln können. Des Weiteren gilt es, wiederum die eigene Organisationsfähigkeit im Netz unter Beweis zu stellen. Denn: „Veränderungen der Politik durch das Internet geschehen nicht einfach. Das Internet bietet lediglich Möglichkeiten für Veränderung“. Diese Einsicht des CDU-Generalsekretärs Laurenz Meyer ist der beste Schritt für eine nachhaltige Veränderung der politischen Kommunikation mit Blick auf die Bundestagswahl 2006.

Am 26. April veranstalten Berliner Studierende den Kongress
„Politik als Marke“ in Berlin. Als Teilnehmer werden u.a. Sandra Maischberger und die Wahlkampfmanager Matthias Machnig und Michael Spreng erwartet. politik-digital.de ist Medienpartner.