Die USA haben strikte Veröffentlichungsregelungen über Wahlkampfspenden. Es verwundert daher nicht, dass die regelmäßigen Veröffentlichungen zu Kampagnen-Events gestaltet werden: Zehn Tage vor dem Ende der Frist startet man eine Aktion, um einen bestimmten Betrag zu sammeln („$5 Million in 10 Days“).
Diese Last- Minute- Aufrufe für letzte Spenden spielt mit dem amerikanischen „Horse-race“- Journalismus, in dem Geschichten über die Höhe des Spendensammelns und zu niedrige oder zu hohe Erwartungen ein größere Rolle einnehmen als die möglichen thematischen Diskussionen. In diesem Präsidentschaftswahlkampf ist die „Money primary“ eng an das Internet gekoppelt, da es das Sammeln und Verbreiten der finanziellen Daten immens beschleunigt hat. Der Nutzen der Internettechnologie gewinnt erhöhte Bedeutung unter den neuen Regeln des „Bipartisan Campaign Reform Act (BCRA)“. Das Gesetz legt der nationalen Wahlbehörde (FEC) auf, innerhalb von 48 Stunden nach Bekanntgabe die finanzielle Situation der Kandidaten über das Internet zugänglich zu machen (2003 alle 3 Monate, 2004 jeden Monat). Vielmehr noch verbietet das neue Gesetz in einem bestimmten Zeitraum (30 Tage vor den Vorwahlen und 60 Tage vor der Wahl) „soft-money“- gesponserte Fernseh- oder Radiowerbung zu senden; d.h. der jeweilige Präsidentschaftskandidat darf nicht genannt werden. Dies machte das Internet zum einzigen nationalen Medium für soft-money-campaigner während der kritischen Wahlkampfzeit.
Die wichtigste Erkenntnis aus dem Online-Fundraising ist die Bindung an konkrete Vorhaben. Per E-Mail und auf der Webseite wird ein (wenn auch nur theoretisch geschaffener) Grund für Dringlichkeit angezeigt („Pseudo-Events“). Ebenso steigert die Verbindung mit einem Image zur Nachvollziehbarkeit der Einnahmen (Barometer, etc.) die Antwortrate – „charting the progress“. Durch ein visuelles Element erhöht sich auch das Interesse der Spender den Verlauf zu verfolgen und ggf. noch ein paar Dollars draufzupacken, um die 100 000, 200 000 oder 500 000 zu vervollständigen.
Die Lektion im Spendensammeln des Jahres 2004 ist: Menschen spenden, wenn sie schnelle Resultat und konkrete Umsetzungen ihres Geldes sehen. Bsp. „Spenden Sie, damit wir für $40 000 eine Anti-Kriegsanzeige in der New York Times schalten können!“; „Wir brauchen noch $250 000, um einen Fernsehspot in Miami zu schalten!“, etc.
Die durchschnittliche Spendenhöhe variiert stark. Die Online-Spenden sind mit durchschnittlich 120–150 Dollar höher als Spenden, die per Telefon oder Direct Mail eingesammelt werden (fünfzig bis sechzig Dollar) – dies mag an der Kaufkraftstärke der Internetnutzer liegen. Jedoch ist auch ein weiterer Trend zu verzeichnen, durch eine Diversifizierung der Spenderbasis auch mit kleineren Spenden ($25,$50,$100) hohe Einnahmen zu erzielen. Besonders erfolgreich erwies sich die Kampagne von Howard Dean, die ungefähr die Hälfte ihrer $50 Millionen Spendengelder aus Online-Zuwendungen erhielt und 75% davon durch E-Mail generierte. Hinzutritt, dass Online-Fundraising im Vergleich zu anderen Methoden kostengünstiger für die Kampagnen ist: Die Kosten online betragen rund 10 Cent pro eingesammelten Dollar, per Veranstaltungen: 30-40 Cents, per Post: 50 Cents, per Telefon: 70-80 Cent bei professionellen Telefonbanken.
2004 gilt: Etwa vierzig Prozent der Online-Spender geben zum ersten Mal Geld an eine politische Kampagne. Das Durchschnittsalter liegt bei vierzig bis fünfzig Jahren und damit unter dem üblichen Altersschnitt von sechzig bis siebzig Jahren beim fundraising.
Als bester Weg schnell Geld zu akquirieren, erweisen sich E-Mails. In ihnen erfolgen in regelmäßigen Abständen und an konkrete Vorhaben gebundene Anfragen. Die Ansprache sollte nicht anonym durch die Kampagne, sondern durch den Kandidaten oder den Kampagnenmanager erfolgen. Generell gilt, kürzere E-Mails wirken besser. Amerikanische Online-Fundraiser empfehlen, falls Hyperlinks in die E-Mail eingebunden sind, sollten sie ganz oder nahe am Anfang stehen. Ein Großteil der Spenden wird durch direkte Eingabe der Kreditkartennummer akquiriert. Dabei platziert man Kleingedrucktes (Gesetze und Regelungen) auf einer Extraseite. Des Weiteren werden von amerikanischen Kampagnen Formularen zum Ausdrucken angeboten, um auch Spenden per Fax zu ermöglichen. Wie bei allen Fundraisingaktivitäten gibt es auch beim Online-Fundraising ein intensives tracking der Spendensummen, -häufigkeit und auch der Ansprache, auf die reagiert wurde.
Die wichtigste Fundraising – Regel: Frage immer wieder!
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sechsten Teil:
World Wide Wahlkampf- American Style ’04
Mario Voigt war Wahlkampfbeobachter der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er arbeitet am Zentrum für Politische Kommunikation Jena und schreibt seine Doktorarbeit ueber den Präsidentschaftswahlkampf in den USA. Voigt ist Mitbegründer von www.poli-c.de .