Ist das Versprechen von Arbeitsplätzen im Wahlkampf unglaubwürdig? Wollen Sie sich die Fernsehduelle ansehen? Ist Edmund Stoiber eher ein Bier- oder ein Weintrinker? Solche Fragen stehen auf der Website Wahlfragen 2002 zur Abstimmung. Der Vergleich mit den Antworten anderer Nutzer steht sofort zur Verfügung.

www.wahlfragen2002.de ist ein Projekt der Kölner Internetagentur
barracuda und ist seit dem 22. Juli 2002 online, also pünktlich 2 Monate vor der Wahl. Aus einem täglich wachsenden Fragenpool stehen wichtige und weniger wichtige Fragen zur Beantwortung. Durch die überzeugend simple Menüführung können die Fragen im Sekundentakt beantwortet werden. Die User erhalten ein direktes Feedback, wie die anderen Teilnehmer des Fragespiels geantwortet haben. Auf die Frage, ob der Ausgang der Bundestagswahl noch offen sei, antwortet bis jetzt eine Mehrheit von über 70 Prozent mit “Ja”.

Idee aus dem Biergarten

Oliver Zeisberger, einer der Initiatoren des Projekts betont, dass es sich bei der Site um ein Experiment handelt, das an einem Sommernachmittag im Biergarten geboren wurde. Es ist eine Eigenentwicklung des im Online-Campaigning erfahrenen Barracuda-Teams. Die Erfahrungen aus dem Bundestagswahlkampf ’1998, besonders leichte Bedienbarkeit, schnelle Ladezeiten und der Anspruch, etwas völlig neues zu machen, führte zu den Wahlfragen 2002. Das erste Echo von Bekannten zur Konzeption war negativ: Das klappt nicht, Fragen ohne Anreize für die User funktionieren nicht und ähnliches mußten sie sich anhören. Die Teilnehmerzahlen geben den Machern jedoch recht. Bis zum 14. August 2002 wurden über 80.000 Antworten zu über 300 Fragen abgegeben.


Wahlfragen 2002


Unwissenschaftlich – nichtrepräsentativ – unverkrampft

Bei der Auswahl der Fragen bekennt sich die Kölner Agentur zur Subjektivität. Eigene Präferenzen stehen dabei im Vordergrund, teilweise werden die Fragen auch von Partnern ausgewählt. Dabei zählt vor allem Aktualität. Hartz und miles & more tauchen so konsequenterweise ziemlich häufig auf. Störend wirken die vielen Rechtschreibfehler in den Fragen. Wissenschaftliche Kriterien werden bewusst über Bord geworfen und auch Nonsense-Fragen haben ihren festen Platz im Katalog. Das Ganze soll schließlich auch Spaß machen. 81 Prozent der Nutzer finden es unwichtig, dass sich Gerhard Schröder die Haare färbt. 48 Prozent halten das Projekt 18 der FDP für einen Wahlkampfgag.

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre…

Es überwiegen jedoch eher klassische Wahlfragen. Wichtige Themenbereiche sind Wahlkampf, Köpfe, Wirtschaft und Arbeit, Sicherheit – und auch die klassische Sonntagsfrage gehört zum Repertoire. Meistens geht es um ein plakatives ja oder nein. Die Menge der Antworten zählt. Dadurch soll auch die parteiliche Ausgewogenheit der Antworten gewahrt bleiben. Es ist zwar durchaus denkbar, dass Anhänger einer Partei das Ergebnis zu beeinflussen versuchen und die Antworten in eine Richtung lenken, aber mit zunehmender Userzahl gleicht sich das jedoch immer mehr aus. Die im Bundestag vertretenen Parteien wurden gleichermaßen über die Schaltung der Website informiert.

Zwischenergebnisse sollen bis zum Wahltermin immer wieder veröffentlicht werden. Erste Erkenntnisse wurden bereits per
Newsletter versandt. Bis zur Schlussphase des Wahlkampfs wird sich das Ganze sicher noch intensivieren. Man darf gespannt sein, wie weit die Ergebnisse der “Wahlfragen 2002” mit den großen Studien der Meinungsforschungsinstitute übereinstimmen oder von ihnen abweichen.

Übrigens: Wie viele Bundestagswahlkreise gibt es eigentlich in Deutschland: 199, 250, 299, 550 oder 600? Falls Sie es nicht wissen, trösten Sie sich, die bisherige Mehrheit der Antworter liegt auch falsch.

Erschienen am 15.08.2002