David gegen Goliath: Die eDemocracy-Szene wird aktuell von zwei Portalen mit nahezu identischen Konzepten aufgescheucht. Trupoli aus München ist eine Aktiengesellschaft mit Investoren im Hintergrund, DiePolitiker entstanden über Nacht in einer Privatwohnung in Berlin.

 

Während Trupoli Ende November mit viel Getöse und Marketingaufwand
seine Beta-Phase beendet, sind die Berliner bereits seit Anfang Oktober
2007 weitgehend unbemerkt online.

Im Prinzip haben Trupoli und DiePolitiker.de die gleichen Konzepte:
Registrierte Nutzer können Zitate von Politikern einstellen,
andere können diese per Klick bewerten und in einem Kommentarbereich
diskutieren. Die Ergebnisse der Bewertungen werden zusammengerechnet
und grafisch aufbereitet. Alles andere könnte unterschiedlicher
nicht sein:

Der Stand

Trupoli hat als Aktiengesellschaft (AG) einen Chief Executive Officer
(CEO, Johannes Zumpe, 29 Jahre alt) nach eigenen Angaben 15 feste
und studentische Mitarbeiter. Die Firma residiert in Büros
im teuren Herzen von München. Finanziert wird die AG u.a. vom
Investor Olaf Jacobi von Sirius
Ventures
, der auch Aufsichtsratsvorsitzender ist. Der Start
des aufwändig programmierten Portals wurde nach monatelanger
Entwicklungszeit mehrfach nach hinten verschoben.

DiePolitiker.de hat als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerade
eine Steuernummer beantragt. Die beiden Macher Max Schulze (18 Jahre
alt) und Marc Fuehnen (31 Jahre) sind Programmierer, arbeiten aus
Fuehnens Privatwohnung in Berlin-Mitte und haben nach eigenen Angaben
laufende Kosten von 92,50 Euro für den Betrieb der Server.
Inzwischen macht Fuehnen das Projekt alleine. Die Programmierung
des Frameworks von Fuehnen und Schulze (das auch für andere
Themen genutzt werden kann) dauerte nach eigenen Angaben zwei Monate,
die Anpassung auf Politikerzitate ging schneller: „Wir haben
acht Nächte dran gesessen“, sagt Macher Marc Fuehnen.

Der Business-Case

Trupoli will Meinungsforschung verkaufen: „Sinn und Zweck
der Plattform ist es, Daten zu erheben“, sagte Aufsichtsratsvorsitzender
Olaf Jacobi bei der Pressekonferenz zum Trupoli-Launch im eigens
angemieteten Saal im Presse- und Besucherzentrum der Bundesregierung.
Werbung und die Einbindung des Portals per Schnittstelle auf Politiker-
und Parteienwebsites sollen ebenfalls als kostenpflichtiger Service
angeboten werden.

– „Wir haben null Druck, Geld zu verdienen und lassen uns
ungern mit Investoren ein“, sagt Marc Fuehnen von DiePolitiker.de
beim Kakao im Café um die Ecke – und denkt über
vorsichtige Werbung oder Sponsoring nach.

Die Kritik

– Bei Trupoli gab es wegen der kommerziellen Orientierung und den
Finanz-Investoren im Hintergrund von Anfang an Datenschutzbedenken.
Trupoli verlangt einen Klarnamen und eine gültige E-Mail-Adresse
für die Registrierung – die Sichtbarkeit auf der Seite
kann man jedoch selbst steuern. „Wir werden keine personenbezogene
Daten weitergeben, egal an wen. Auch auf der Plattform sind die
einzelnen Bewertungen der Benutzer nicht erkennbar – ganz gleich
ob der Klarname oder nur ein Benutzername angegeben ist“,
sagte CEO Johannes Zumpe auf Anfrage von politik-digital.de. Dass
Interessengruppen oder Parteien an Namen, E-Mail-Adressen oder auf
Umwegen an politische Einstellungen von identifizierbaren Nutzern
kommen, schließt er auch aus, falls sich die Besitzverhältnisse
von Trupoli ändern: „Dieses Recht der Benutzer ist in
den AGB festgeschrieben, bei einer Änderung – egal durch wen
– müssten die Benutzer zustimmen. Ich glaube aber nicht dass
das irgendwer machen würde: Die Glaubwürdigkeit der Plattform
hängt extrem von solchen Dingen ab.“

Außerdem sorgte eine angenommene Nähe von Trupoli zu
Teltschik Associates, der Firma des ehemaligen Kohl-Beraters Horst
Teltschik für Wirbel. Tatsächlich hatten Trupoli und Teltschiks
Firma die gleiche Adresse und Telefonnummer. Johannes Zumpe erklärt:
„Ich habe in den letzten zwei Jahren bei Teltschik Associates
gearbeitet, aber das ist seit meinem Start bei Trupoli vorbei. Da
da nun mein Büro frei wurde – und es noch ein bisschen mehr
Platz gab – waren wir dort als Übergangslösung zur Untermiete.
Büros sind in München leider nicht einfach zu finden.“
In dieser Woche ist Trupoli umgezogen.
– DiePolitiker.de kommt angesichts der teuren Tools von Trupoli
etwas unaufgeräumt daher: Die Fotos der Politiker sind ein
bisschen verzerrt.

Die Ziele

DiePolitiker.de hat derzeit 320 User: „Wenn sich eine Community
von 2000 bis 3000 Leuten findet, bin ich vollkommen zufrieden“,
sagt Marc Fuehnen.

„Wir gehen davon aus, dass mehrere zehntausend bis hunderttausend
User schnell erreicht sind“, umreißt Investor Olaf Jacobi
die Ziele von Trupoli. Aber bei der Frage nach den nächsten
Schritten sind sich David DiePolitiker und Goliath Trupoli wieder
verblüffend ähnlich: Beide wollen in sich international
ausprobieren. Schließlich tobt in den USA der Präsidentschaftswahlkampf.

Weblinks

www.trupoli.de

www.diepolitiker.de

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