csb15_bearbBeim ersten Campaigning Summit in Berlin stellten heute Kampagnenmacher aus verschiedensten Bereichen ihre Arbeit vor. Darunter der Marketingleiter von Borussia Dortmund Dennis Thom und, von vielen Teilnehmern mit Spannung erwartet, Nicole Titus, Digital Director der Kampagne „Ready for Hillary“ von Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Titus stellte die Wahlkampf-Trends vor, die uns im kommenden Jahr erwarten.

Gut einen Monat ist es her, seit Hillary Clinton mit einem kurzen Video ihren offiziellen Einstieg in das Rennen um die demokratische Nominierung für die US-Präsidentschaftswahlen 2016 verkündete. Die Maschinerie hinter der Kandidatur läuft aber schon weitaus länger. In den USA gehören dazu heute vor allem sogenannte Super-PACs (Political Action Committees), die – anders als die Kandidaten selbst – Spenden von Unternehmen und Verbänden entgegennehmen dürfen und die der Deckelung der Spendensumme von 2.500 US-Dollar pro Kandidat vor dem Wahlkampf beziehungsweise 5.000 US-Dollar pro Kandidat im Präsidentschaftswahlkampf nicht unterliegen. Ein solches Super-PAC ist die Kampagne „Ready for Hillary“, deren Digital Director Nicole Titus heute in Berlin die zentralen Säulen des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 vorstellte.

Die erfahrene Kampagnenmacherin hat bereits 2008 an der Nominierungskampagne von Hillary Clinton mitgearbeitet und anschließend unter anderem Fundraising für das Democratic National Committee und den heutigen Fraktionsvorsitzenden der Demokraten im Kongress Senator Harry Reid betrieben. Titus nennt „Geld, Daten und Menschen“ als die drei zentralen Säulen des nächsten Rennens um das Weiße Haus. Und zwar in dieser Reihenfolge. Sie schätzt, dass im Wahlkampf 2016 etwa fünf Milliarden US-Dollar in die Kampagnen gesteckt werden, alleine die Clinton-Kampagne wird zwischen 1,2 und 1,6 Milliarden Dollar verschlingen. Eine gewaltige Industrie von Campaignern, Datenanalysten sowie Werbe- und PR-Beratern ist rund um die eigentliche politische Kampagne entstanden. Jeder Kandidat müsse vom Tag der Bekanntgabe seiner Kandidatur bis zum Wahltag täglich mindestens eine Stunde lang nur Spendenanrufe tätigen, um den Geldfluss aufrechtzuerhalten, so Titus.

Die zweite tragende Säule ist die intensive Analyse von Daten. Barack Obamas Wahlsiege 2008 und 2012 haben gezeigt, welche Macht in der Wählerdatenanalyse steckt und wie eine breite und tiefgehende Auswertung demografischer Daten für unentschlossene Wahlbezirke den entscheidenden Umschwung bringen kann. Da der Datenschutz in den USA deutlich laxer gehandhabt wird als in Deutschland, sind der Datenerhebung keine Grenzen gesetzt. So lassen sich durch Verhaltensmuster der Bürger wie dem Einkauf in bestimmten Läden Rückschlüsse ziehen auf die Themen- und Parteipräferenz, die dann in gezielte Wahlkampfstrategien umgesetzt werden. Ist ein Unterstützer identifiziert und aktiviert, wird der gesamte Freundes- und Bekanntenkreis zum Ziel der Vor-Ort-Kampagne.

Zu guter Letzt spielt natürlich der Mensch als Wähler eine wichtige Rolle. Titus gesteht, dass der Wähler in den vergangenen Jahren zunehmend in den Hintergrund gerückt sei, nun aber vor allem durch den Einfluss sozialer Medien wieder stärker ins Blickfeld rücke. Sie bewertet Facebook als effektivstes Kampagnenmittel, da dort die meisten Daten anfallen und einzelne Gruppen gezielt angesprochen werden können. Twitter hingegen funktioniere besser zur Kommunikation von kurzen Inhalten und dem Austausch mit bereits aktivierten Unterstützern. Doch ebenso wie bei den Fotonetzwerken Instagram und Snapchat fehlt bei Twitter die punktgenaue, datenbasierte Wähleransprache, weshalb es für die Kampagnen weniger nützlich sein werde als Facebook.

Wahlkampf in den USA sieht grundlegend anders aus als in Deutschland. Das politische System mit dem Mehrheitswahlrecht und ohne Erstattung der Wahlkampfkosten trägt erheblich zu dieser Schwerpunktsetzung bei. Titus hat den politischen Kampagnenmachern in Deutschland aber noch einen wichtigen Tipp mit auf den Weg gegeben: Privatsphäre und Datenschutz mögen in hierzulande eine weitaus größere Rollen spielen und große Datensammlungen verhindern, aber es gebe immer Wege, diese Regelungen zu umgehen – und es zahle sich aus. Welche Wege dies sein können, hat Titus jedoch nicht näher beschrieben.

Bild: Chiara Strobel

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