Der Kampf ums Weiße Haus hat mit den Vorwahlen begonnen. Das Internet spielt eine wichtige Rolle im Wahlkampf. Personalisierung durch Weblogs, Spendensammeln und Beteiligungsangebote sind die Trends der Stunde.
Co-Autoren sind Volker Gäng und Markus Wendler.

John Kerry ist der Mann der Stunde und jetzt klarer Favorit im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur. [
Update am 13.2.] Er eilt bei den Vorwahlen von Sieg zu Sieg. Nach den Ergebnissen der ersten Vorwahlen hat Howard Dean an Boden verloren, nachdem er lange Zeit als Favorit galt. Aufgeben will er aber ebenso wie Senator John Edwards nicht. Der frühere NATO-Oberbefehlshaber Wesley Clark hat seinen Kampf um die Kandidatur aufgegeben.

Low-Tech zum Anfassen

Die ersten Trends des Online-Wahlkampfes 2004 sind unübersehbar. Die Verwendung von "Blogs" (Netztagebücher), die einen täglich aktualisierten persönlichen Einblick in das Wahlkampfgeschehen der Kandidaten erlauben und der Versuch, Seitenbesucher zum Mitmachen und Unterstützen anzuwerben ("get involved"). Einfallsreiche Aktionen und Instrumente fördern den Aufbau von Gemeinschaften (communities). Fast alle Webseiten bieten Weblogs, Foren und Mailinglisten zum politischen Dialog an, in denen sich lokale Gruppen (grassroot-support) organisieren können. Im Vordergrund steht der persönliche Kontakt und nicht die bloße Versorgung mit Parolen. Die zielgruppenspezifische Vernetzung nach Themengebiet und Region zeigt sich an langen Listen von gleichgesinnten Grasswurzel-Aktivisten wie Ex-Deaniacs for Clark oder Afro-Americans for Dean. Der Kreativität scheinen kaum Grenzen gesetzt zu sein.

 

Auch das Sammeln von eMail-Adressen oder Telefonnummern im Internet hat Methode. Worauf keiner der Kandidaten verzichtet, sind Online-Spenden. Größere Spenden von Firmen und Organisationen sind seit dem Jahr 2002 verboten. Die wahlentscheidenden Dollars müssen daher in kleinen Beträgen bis maximal 2.000 Dollar zusammen getragen werden. Gerade mit Blick auf die richtungsweisenden Vorwahlen am 2. März, dem sogenannten "Super Tuesday", und wenn bis zum 16. März die bevölkerungsreichsten US-Bundesstaaten Kalifornien, Texas, New York und Florida gewählt haben, spielt Geld eine zentrale Rolle in der heißen Phase des Vorwahlkampfes.

Unterschiede zu Deutschland

Über Geschmack lässt sich streiten. Das alte Europa scheint gegenüber den USA die moderneren Web-Designer zu haben. Zumindest entsteht dieser Eindruck, vergleicht man die Internetauftritte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber mit den Internetseiten deutscher Spitzenpolitiker wie
www.gerhard-schroeder.de oder
www.stoiber.de. Die Amerikaner arbeiten mit vielen Bannern und kleinen Grafiken. Bei John Kerry illustriert ein Koffer das Anwerben von Unterstützern für den Tür-zu-Tür-Wahlkampf, während John Edwards mit einer an die Fast Food Kette Taco Bell erinnernde Glocke zum Spendensammeln auffordert. Bei Howard Dean brennt nicht nur die Niederlagenserie in der Seele. "Heiße" Flammen verweisen auf einen besonderen Aktionstag. Ebenfalls bemerkenswert: Die Startseiten der Amerikaner präsentieren sich im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen mit vielen Textinformationen und wenig Bildern. Die Internetseiten der Kandidaten sind komplette Politikportale – nicht bloße Hochglanzbröschüren – und verdeutlichen die hohe Bedeutung des Internet im US-Wahlkampf.

 

Erschienen am 04.02.2004