Der UN-Menschenrechtsrat hat einen Sonderberichterstatter für Datenschutz ernannt. Der maltesische Jurist Joseph Cannataci soll sich für das Recht auf Privatheit einsetzen – allerdings ohne Gehalt und offizielle Befugnisse.
Nachdem der UN-Menschenrechtsrat zu Beginn des Jahres Jahres beschlossen hatte, sich stärker für die Privatsphäre einzusetzen, hat er nun den Datenschützer Joseph Cannataci zum Sonderbotschafter ernannt. Dieser soll über die Datenschutzsituationen in den UN Mitgliedsstaaten Bericht erstatten.
Ein erfahrener Datenschutzrechler
Der maltesische Jura-Professor, der derzeit an vier Universitäten lehrt, soll dem Mandat ein Gesicht verleihen. Zur Wahl standen 30 Bewerber aus unterschiedlichsten Fachrichtungen, unter anderem Whistleblower Thomas Drake. Auch der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bewarb sich für das Amt. Die ursprünglich vom Rat empfohlene Kandidatin aus Estland, Katrin Nyman Metcalf, wurde überraschend nicht zur Mandatsträgerin ernannt.
Der Gewinner Joseph Cannataci spricht nach Selbstaussage neun Sprachen und hat langjährige Erfahrung in den Bereichen Datenschutz, Internet Governance und IT-Recht. Der studierte Jurist promovierte 1986 zu dem Thema Privatsphäre und Datenschutzrecht. Auf seine Expertise verließen sich schon die UNESCO, der Europarat und die Europäische Union. In seinem Motivationsschreiben für das Amt betont er seine Unabhängigkeit, da er keine direkte Unterstützung eines bestimmten Landes oder NGO für diesen Posten eingefordert habe und sich als Sonderberichterstatter für alle Menschen in den UN-Mitgliedsstaaten verstehe. Neben seiner Tätigkeit als Dozent will rund drei Monate pro Jahr der ehrenamtlichen Aufgabe als Sonderberichterstatter für Datenschutz widmen.
Funktion des Sonderberichterstatters
Der Aufgabenbereich des neuen Mandats ist vielfältig und beinhaltet unter anderem das Sammeln relevanter Informationen, Verfassen von Empfehlungen, Teilnahme an relevanten Konferenzen und Veranstaltungen sowie das Anstoßen öffentlicher Debatten. Zudem soll er einen jährlichen Lagebericht über die Datenrechtssituation in den Mitgliedsstaaten verfassen. Der Mandatsträger ist in der Wahl seiner Themenschwerpunkte frei.
Was darf erwartet werden?
Trotz der umfangreichen Aufgaben des Sonderberichterstatters monieren Kritiker einige Schwachstellen. So kann der Sonderberichterstatter die Situation nur in jenen Ländern untersuchen, die ein „standing invitation“ Status haben. Das sind derzeit nur 110 von 193 Mitgliedsstaaten. Für alle anderen Länder braucht der Beauftragte eine Einladung. Des weiteren kann er nur Empfehlungen abgeben. Er kann keine verbindlichen Anordnungen machen.
Dennoch ist das Sonderverfahren, unter welchem die Einrichtung eines Mandats geregelt wird, ein wichtiges Instrument des UN Menschenrechtsrats. Es geht in erster Linie darum, einen Überblick der Ländersituationen bezüglich der Menschenrechte, in diesem Fall Datenschutz, zu erhalten. Auch die Kommunikation mit der Zivilgesellschaft ist von besonderer Bedeutung.
Generell bieten Sonderberichterstatter dem UN Menschenrechtsrat und der UN Generalversammlung die Möglichkeit, einen tieferen Einblick in spezifische Themenfelder zu erhalten. Da die Mandatsträger sorgsam ausgewählt und hochqualifiziert sind, bieten sie eine wichtige Informationsquelle für die UN-Organe.
Karin Schuler, Datenschutz- und IT-Sicherheitsberaterin und ehem. Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. merkt an: „Wir Datenschützer betonen schon lange, dass Datenschutz auch Menschenrecht ist, aber es war bisher schwierig, mit den klassischen Menschenrechtsthemen zu konkurrieren. Der Datenschutz fiel da nicht selten einfach “hinten runter”. Eine wesentliche Aufgabe für den Berichterstatter sehe ich daher darin, sein Amt organisatorisch und inhaltlich so zu verankern, dass die Notwendigkeit für dessen Ausbau deutlich wird.“
Ein Schritt in die richtige Richtung
Nicht selten benötigen UN-Institutionen einige Anläufe um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, weswegen von dem neuen Sonderberichterstatter in den ersten Jahren noch keine großen Sprünge zu erwarten sind. Cannataci ist nun erst einmal für drei Jahre gewählt und wird einige Zeit brauchen, um sich an die Aufgaben und Möglichkeiten seines neuen Amts heranzutasten. Dennoch stimmt die Ernennung Cannatacis einige Datenschützer optimistisch.
Um es mit Schulers Worten zu sagen, ist „die Einrichtung eines Sonderberichterstatters für Datenschutz durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ein hilfreicher Schritt. Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich inhaltlich und prozedural eher um ein Schrittchen handelt – also darf man sich mit dieser Situation noch nicht zufriedengeben.“