Thomas Hawk: Data TransferDie Angst um das freie Internet geht um: Die Telekom stellt Neukunden nur noch 75 GB an Datenverkehr ohne Mehrkosten zur Verfügung, darüber hinaus soll die Datendrosselung greifen. Davon ausgenommen: Telekom- und Partner-Dienste. Ein Tübinger Student will die Internetanbieter nur per Petition zur Netzneutralität verpflichten.
Die Entscheidung der Telekom, eigene Inhalte und Dienste bevorzugt anzubieten und fremde Inhalte nach einem Datenvolumen von gerade mal 75 GB zu beschränken, versetzen die sogenannte Netzgemeinde seit einigen Wochen in Aufruhr. Horrorszenarien von einem Zwei-Klassen-Internet, langsamen Verbindungen und teureren Anschlüssen machen seither die Runde. Befürchtungen, dass Dienste, die nicht über die Telekom abgewickelt werden, damit nur noch eingeschränkt abrufbar sind und das Internet somit nicht mehr so ist, wie wir es heute kennen, scheinen unter diesen Bedingungen äußerst real. Tatsächlich ist das freie Internet durch die Vorhaben des Bonner Internet-Marktführers akut bedroht, der Ungleichbehandlung durch den Provider scheinen Tür und Tor geöffnet.
Helfen könnte hier die Politik: Mit einer gesetzlichen Verankerung der Netzneutralität könnte sichergestellt werden, dass alle Inhalte, gleich welcher Art und Herkunft, von jedem Provider gleich behandelt werden; Datendrosselungen würde man damit einen Riegel vorschieben. In vielen Online-Communities ist diese Forderung nun so präsent wie nie, doch weder der Deutsche Bundestag noch die von ihm eingesetzte Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ konnten in der Vergangenheit Gesetzesinitiativen zur Gewährleistung der Netzneutralität auf den Weg bringen.
Darauf reagierte nun der Tübinger Physikstudent Johannes Scheller. Aus netzpolitischem Interesse und der Sorge um ein Zwei-Klassen-Netz hat der 19-Jährige nun eine Petition an den Deutschen Bundestag zur gesetzlichen Verpflichtung der Internetanbieter zur Netzneutralität eingereicht. Darin fordert er, „alle Datenpakete […] gleich zu behandeln“, ferner sollen Dienste oder Dienstanbieter nicht benachteiligt, künstlich verlangsamt oder gar blockiert werden. Scheller hält das Thema Netzneutralität für den wichtigsten netzpolitischen Bereich: “Bisher konnte die Bundesregierung ja immer auf die Selbstregulierung des Marktes verweisen und sich so um die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität drücken. Seit die Telekom aber klar gemacht hat, im Zuge der Drosselungen auch einzelne Dienste zu priorisieren und damit ganz deutlich als der marktbeherrschende Provider gegen dieses elementare Prinzip des Internets zu verstoßen, ist mir klar geworden, dass sich da etwas ändern muss”, erklärt Scheller, der sich laut eigener Aussage seit 2009 für Netzpolitik interessiert, gegenüber politik-digital.de. Gleichzeitig biete die “Drosselkom-Geschichte” einen “guten Anlass zu so einer Petition, da sich jetzt deutlich mehr Menschen für dieses Thema interessieren und seine Wichtigkeit erkannt haben”.
Seit gestern ist die Petition online, sie kann bis zum 18. Juni 2013 mitgezeichnet werden. Erreicht sie ein Quorum von 50.000 Unterstützern, muss der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages über das Thema entscheiden.
 
Bild: Thomas Hawk (CC BY NC 2.0)