In Online-Audio-Botschaften kommunizieren Präsident Barack Obama und Vize Joe Biden mit den Bürgern. Neben Ansprachen werden auch Geschichten erzählt, wie ein Tête-à-tête mit Hillary Clinton und ein Treffen mit Schauspielerin Julia Louis-Dreyfus. Will das Weiße Haus damit die Berichterstattung der sogenannten Vierten Gewalt umgehen?
An diesem Wochenende hat das Weiße Haus wieder einmal den virtuosen Umgang mit seinen Online-Audio-Botschaften demonstriert. Zunächst erschien die fünfte Folge des für den Vizepräsidenten entwickelten Formats “Being Biden”. Das gleichermaßen simple wie überzeugende Konzept ist es, jeweils die Geschichte zu einem Foto zu erzählen, das Joe Biden bei seinen eher repräsentativen Amtsgeschäften zeigt. Der joviale Joe eignet sich für diese Art der Berichterstattung besonders, weil er bekanntermaßen “nah bei den Menschen” ist – ein verbreitetes Ideal für Berufspolitiker. Auf der Website heißt es:
“In this audio series Vice President Biden will tell the story behind a photo – of where he was, why it matters to him, and how the experience fits into the broader narrative of this Administration. From meetings at the White House to travels around the country, the Vice President will share his perspective in candid, behind-the-scenes snapshots. In other words, he’ll explain what it’s like “Being Biden.”
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Nach eifrigem Händeschütteln, einem Besuch in der Kabine eines Frauen-Basketballteams und einem Tête-à-tête mit Hillary Clinton entstand der aktuelle Beitrag in seinem Büro. Dort traf er auf die Schauspielerin Julia Louis-Dreyfus, die das Motto “Being Biden” auf die Spitze treibt: In der TV-Serie “Veep” spielt sie nämlich die US-Vizepräsidentin. Abweichend von den bisherigen Folgen, in denen Biden die jeweils abgebildete Situation kommentiert, übernimmt dies nun die fiktionale Politikerin.
Diesen dramaturgischen Dreh macht sich auch die zweite Sendung zu eigen. Dabei handelt es sich um die wöchentliche Ansprache von Präsident Obama zu aktuellen Themen. Diese “Weekly Address” ist vergleichbar mit Angela Merkels ebenfalls samstags erscheinendem Podcast “Die Kanzlerin direkt” und wird seit einiger Zeit auch im SoundCloud-Profil des Weißen Hauses publiziert. Doch diesmal richtet sich nicht Obama an die Nation: Im Kontext seiner Kampagne zur Verschärfung der Gesetzgebung in Sachen “Schusswaffen” lässt der Präsident die Mutter eines Opfers des Amoklaufs von Newton zu Wort kommen.
“This week’s address is delivered by Francine Wheeler, whose six year old son, Ben, was murdered alongside nineteen other children and six educators in Newtown, Connecticut, four months ago. Now, Francine – joined by her husband David – is asking the American people to help prevent this type of tragedy from happening to more families like hers.”
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Die Obama-Administration wird zu Recht dafür kritisiert, mit ihren eigenen medialen Mitteln der Online-Kommunikation die Berichterstattung von Fernsehen und Presse zu umgehen. Im internationalen Vergleich muss allerdings eingeräumt werden, dass der Versuch, den meinungsbildenden Einfluss der Vierten Gewalt durch den Einsatz sozialer Medien zu relativieren, hier wenigstens mit interessanten Inhalten und Formaten betrieben wird.
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Erik Meyer ist Politikwissenschaftler und bloggt auf soundcloud.fm und Memorama
Bild: Pete Souza (CC BY-ND 3.0)
Die Obama-Administration wird zu Recht dafür kritisiert, mit ihren eigenen medialen Mitteln der Online-Kommunikation die Berichterstattung von Fernsehen und Presse zu umgehen.
Darf ich fragen, was dabei eigentlich die Probleme sind? Ich lese von dieser Kritik hier zum ersten Mal, und sie erscheint mir auf den ersten Blick nicht schlüssig. Gerade im Partisanen-Medien-Umfeld wie den USA ist es doch irgendwie nützlich, direkt auf statements der handelnden Personen zurückgreifen zu können, und eben nicht auf die Deutungen solcher statements durch FOX bzw. MSNBC angewiesen zu sein. Die können doch dann trotzdem ihre Berichte machen und ihre Interpretation des Gesagten liefern…
Hier ist z.b. eine Version dieser Kritik: http://www.politico.com/story/2013/02/obama-the-puppet-master-87764.html?hp=t1 Die Rede von der Umgehung der Vierten Gewalt mag überpointiert sein, aber wie andere Regierungschefs auch, wendet sich Obama natürlich lieber direkt an seine Bürger, als sich beispielsweise in Pressekonferenzen kritischen Nachfragen zu stellen. Interessant ist in diesem Zusammenhang ja auch, dass er seine persönlichen Profile bei sozialen Medien an die Lobby “Organizing for Action” übertragen hat (http://www.theatlanticwire.com/politics/2013/04/youre-not-following-barackobama-twitter/63930/).
Danke für die links. Wenn die PR-Arbeit der Administration teilweise komplett durch selbstproduzierte Hofberichterstattung ersetzt wird, dann wird es natürlich heikel. Das erklärt zumindest den Halbsatz aus dem Beitrag.
Ich habe jetzt natürlich keine direkten Einblicke ins Korrespondenten-Dasein, aber sind solche Pressekonferenzen mit anschließendem Q&A nicht auch ziemlich problematisch als Informationsquelle? Wenn ich den Politico-Artikel richtig verstehe, geht es ja genau um den Wegfall dieses interaktiven Teils einer Pressekonferenz. Doch ist dies ja sicher und (hoffentlich!) nicht die einzige Informationsquelle für Presse-Recherchen?