Glossar zum Politikmanagement


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ADVANCE
WORK

[sprich: Ädwänß wörk]
Planung und Vorbereitungsbesuche
am Ort eines kommenden Ereignisses, etwa einer Wahlkampfveranstaltung oder
Pressekonferenz. Logistik, Medienzugang, Technik, Dekoration, Teilnehmer-Unterbringung,
Catering und Sicherheit müssen geplant sein. Voraustrupps prüfen z.B. mögliche
Bildhintergründe, Kamerawinkel und Lichteinfall, bevor sie fest­le­gen,
an welcher Stelle ein Pressepodium aufgebaut Gehört zum EVENT MANAGEMENT.

AGGREGATDATEN
Im Gegensatz zu Individualdaten
Datensätze, die nicht bis auf eine Einzelperson oder einen Einzelhaushalt
heruntergebrochen werden kann. Die amtlichen Wahlergebnisse geben zum Beispiel
nur Auskunft über die Zahl der abge­gebenen Stimmen für eine bestimmte Wahl
im Stimm­bezirk eines Wahllokals. Im Ver­gleich mehrerer Wahlen der Vergangenheit
und im Vergleich von Parallelwahlen (etwa gleichzeitig abgehaltene Europa-
und Bürgermeisterwahlen) lassen sich jedoch klare Aussagen für die Präferenzen
und Tendenzen im Wohngebiet weniger Straßenzüge eines Stimmbezirks machen


AUTOPILOT-STRATEGIE
oder engl. CRUISE CONTROL STRATEGY
[sprich: Kruhs kontroul strätedschi]

Standard-Werbestrategie,
die Auftritte, Presse-Events, Werbeanzeigen, Plakate und Spots über längere
Zeit in gleich bleibendem Umfang und Intensität organisiert, um die öffentliche
Präsenz eines Kandidaten konstant zu halten. Besonders geeignet für Politiker,
die einen klaren Vorsprung halten wollen.
Andere politische Standard-Werbestrategien: SPRINT-STRATEGIE,
FAST-FINISH-STRATEGIE, REALLY-BIG-SHOW-STRATEGIE




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BENCHMARK
POLL

[sprich: binschmark pouhl]
Grundlegende, umfangreiche
Meinungsumfrage über Image, Themen und Zusammensetzung der Wählerschaft
vor dem Start einer Kampagne. Soll eine Basismarke als Messlatte für das
folgende Geschehen setzen.



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CANVASSING
[sprich: känwässing]
Traditionelle Straßenwahlkampftechnik
des Klinkenputzens. In ausgewählten Bezirken wird an der Haustür nach der
Wahlabsicht gefragt und diese dokumentiert. Die Besucher sind möglichst
vorher in Gesprächssituationen geschult. Befragte, die sich als Unentschlossene
identifizieren lassen, werden gezielt umworben, feste Anhänger kur vor und
am Wahltag mobilisiert.

CHAINING
[sprich: tschäining]
Gesteuerte Ketten-Kommunikation,
vor allem als Telefonkette. Um etwa einen Entscheidungsträger oder Medien
davon zu überzeugen, dass hinter einem Anliegen viele Personen stehen, kontaktiert
eine kleine Gruppe telefonisch einen größeren Personenkreis mit dem Auftrag,
erstens das Büro des Entscheiders (z.B. eines Abgeordneten) oder eine Redaktion
anzurufen, um die "eigene" Meinung mitzuteilen, und zweiten weitere Personen
anzurufen, die das gleiche tun sollen.



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DEBATTENSTRATEGIE
In den immer beliebteren
Duellen von Spitzenkanndidaten im Fernsehen oder auf örtlichen Podien (zum
Beispiel von Lokalzeitungen ausgerichtet) der Plan für die Phasen vor, während
und nach der Veranstaltung.

DIRECT
MAIL
[sprich: dairekt mäil]
Oft auch Mailing. Brief-
oder Postkartenwerbung. Wird entweder adressiert und mit persönlicher Ansprache
oder als unadressierte Postwurfsendung (Mailer) verschickt. Ermöglicht ausführliche
Argumentation in der Briefform, aber auch hohe EMOTIONALISIERUNG. Politisch
vor allem eingesetzt im FUNDRAISING und bei der
themenorientierten Ansprache von Zielgruppen. Heute zunehmend auch auf Basis
von Email.



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ENTERTAINISIERUNG
Trend zu einem unterhaltenden
Politikstil, der sich von pädagogischen Aufklärungsposen und ideologischer
Schärfe abgrenzt. Er koppelt Information mit Unterhaltung und Personalisierung,
nutzt Ironie, spielerische Elemente und den gezielten Tabubruch, betont
in Kampagnen den Erlebniswert von Events und lässt sich auch auf die Leichtigkeit
der neuen deutschen "Spaßgesellschaft" ein.

EXPECTATIONS
GAME

[sprich: ekspäktäischns gäim]
Situation, in der derjenige
gewinnt, der mit seiner Leistung die öffentliche Erwartung übertrifft. Wird
die Erwartung (zum Beispiel an die Höhe der Prozentanteile einer Wahl) künstlich
niedrig geschraubt, wirkt eine Leistung anschließend umso größer. Und umgekehrt.



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FAST-FINISH-STRATEGIE
[sprich: fähst finisch.]
Standard-Werbestrategie,
die sehr langsam und leise beginnt, aber mit größter Geschwindigkeit und
Lautstärke in die letzten Tage vor dem Wahltag geht. Besonders geeignet
für Kandidaten und Kampagnen, die bereits einen hohen Bekanntheits- und
Unterstützungsgrad haben und daher auf einen großen Aufschlag verzichten
können; weniger geeignet für solche, die wenig bekannt und beliebt sind.

Andere Standard-Werbestrategien: AUTOPILOT-STRATEGIE,
REALLY-BIG-SHOW-STRATEGIE, SPRINT-STRATEGIE.

FUNDRAISING
[sprich: fandräising]
Systematisches Spendensammeln
bei organisierten Interessengruppen, Individuen als Großspendern, zum Beispiel
bei Zielgruppen-Veranstaltungen, oder auf Massenbasis per Direktmarketing
(Direct Mail, Telemarketing, Internet).



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GEGNERBEOBACHTUNG
oder engl: OPPOSITION RESEARCH
[sprich: opposischn riehsörch]
Oder kurz: Oppo. Neben
dem kontinuierlichen Beobachten aller Werbe- und PR-Aktivitäten des Kontrahenten
vor allem Recherche über den Gegner, einschließlich aller Leichen im Keller.
Umfasst auch die Überprüfung eigener Schwächen.

GOTV
[sprich: dschi-ouh-ti-wi]
Get out the vote. Mobilisierungskampagne
am Wahltag, die die Wähler mit Hilfe verschiedener Medien, Telefonaktionen
und persönlicher Ansprache an den Urnengang erinnert und Hilfe beim Transport
zum Wahllokal anbietet. Entscheidend, wenn Sieg oder Niederlage an der Wahlbeteiligung
hängen. GOTV unterliegt dem strategischen TARGETING:
Schwerpunktmäßig sollen solche Wähler mobilisiert werden, die als sichere
Anhänger gelten, aber in unsicheren Stimmbezirken wohnen.

GRASSROOTS
[sprich: grässruhts]
Teil einer Kampagne,
der eine möglichst große Zahl von Menschen an der politischen Basis (den
"Graswurzeln") für ein bestimmtes Ziel mobilisieren soll. Klassische Instrumente
sind die Unterschriftensammlung, Leserbriefe, Postkarten-, Telefon- und
Emailaktionen, die den Adressaten einer Partei- oder Lobbykampagne durch
eine orchestrierte Meinungsbildung (von Empörung bis Euphorie) beeindrucken
soll.

GRASSTOPS
[sprich: grässtops]
Teil einer Kampagne,
der sich auf die Identifizierung, Ansprache und Mobilisierung von Meinungsführern
und Funktionsinhabern innerhalb einer Zielgruppe in der Bevölkerung konzentriert.
Diese "Grasspitzen" gelten als wichtige Multiplikatoren.



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ISSUES
MANAGEMENT

[sprich: ischuhs mänädschmint]
Das Auffinden, Analysieren
und Steuern von Themen, um die öffentlich gestritten wird oder werden kann.




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MONITORING
Kontinuierliche Beobachtung
der für eine Organisation relevanten Entwicklungen, Politikfelder und
Programme auf regionaler, nationaler, europäischer und internationaler
Ebene sowie GEGNERBEOBACHTUNG. Im engeren
Sinn Nachrichtenauswertung (Pressespiegel, Rundfunkauswertung) in bestimmten
Kategorien, Registrieren von Schlagwörtern, Konzepten, Soundbites und
Slogans.



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NEGATIVKAMPAGNE / NEGATIVE CAMPAIGNING
Taktik, die den Gegner
angreift – mit oder ohne Vergleich zur eigenen Alternative. Negative Informationen
über Verhalten, Positionen und Hintergrund des Gegners werden herausgestellt
und immer wieder wiederholt. Nicht belegte Attacken führen schnell zum Vorwurf,
mangels Substanz mit Dreck zu werfen, daher ist Dokumentation und Recherche
notwendig. Siehe GEGNERBEOBACHTUNG.



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PANEL
SURVEY

[sprich: pännel ßörwi]
Serie von Meinungsumfragen,
die mehrmals innerhalb einer längeren Zeitspanne dieselbe Gruppe von Wählern
befragen, um Veränderungen von Stimmungen tiefergehend analysieren zu können.

PHONE
BANK

[sprich: foun bänk.]
Eine professionelle
Telefonanlage mit zahlreichen Anschlüssen, von der freiwillige Telefonisten
im Rahmen einer Kampagne nach systematisch aufbereiteten Namenlisten Bürger
anrufen oder Anrufe entgegen nehmen (Hotlines, 0800-Nummern).

POLLING
[sprich: pouhling]
Quantitative Meinungsforschung,
Demoskopie.
Vom engl. Verb to poll. Der POLLSTER, sprich: Pouhlster, ist
ein Meinungsforscher.

PUSH
POLL

[sprich: pusch pouhl.]
Als Meinungsumfrage
getarnte Massen-Telefonaktion, die Gerüchte über den Gegner unter die Leute
bringt und sie mit bestimmten Werbebotschaften in eine bestimmte Richtung
zu drängen sucht. Da sie einen falschen Zweck vortäuscht, eine unseriöse
und unethische Technik.



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REALLY-BIG-SHOW-STRATEGIE
[sprich: riellie big schou.]

Standard-Werbestrategie,
die den Etat für Werbung vorrangig als Instrument und Verstärkung des
EVENT MANAGEMENT einsetzt. Während die Aufmerksamkeit der Journalisten
auf eine Serie groß angelegter, Reden, Pressekonferenzen, Debatten mit
den Gegenkandidaten, Präsentationen von Wahlprogrammen und ähnliches zieht,
werden parallel zu diesen Ereignissen die Anzeigen, Plakate und Spots
geschaltet. Ziel ist es, die maximale Aufmerksamkeit der Wähler statt
kontinuierlich nur zu ausgewählten Zeitpunkten auf sich zu ziehen.

Andere Standard-Werbestrategien:
AUTOPILOT-STRATEGIE, FAST-FINISH-STRATEGIE,
SPRINT-STRATEGIE.


REBUTTAL
/ RAPID RESPONSE

[sprich: ribattel /räpid rispons]
Schnelles Zurückweisen
eines Angriffs durch Erläutern, Erklären und meist eine Konterattacke auf
die Glaubwürdigkeit des Gegners. Voraussetzung ist kontinuierliche GEGNERBEOBACHTUNG
rund um die Uhr.



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SEGMENTIERUNG
In der Marketinglehre
Aufteilung eines Marktes in Teilmärkte und Zielgruppen, für die Profile
mit ihren Interessen und Bedürfnissen erarbeitet werden. Wahlkämpfer teilen
Stamm- und Wechselwählergruppen in Untergruppen ein, auf die sie ihre Kommunikation
konzentrieren wollen. Siehe TARGETING.

SINGLE
ISSUE GROUP

[sprich: ßingel ischu gruhp]
Einzweck-Interessengruppen
wie etwa Bürgerinitiativen, die sich einzig auf ein Thema oder Anliegen
konzentrieren (z.B. Verhinderung einer Mülldeponie oder Subventionskürzungen).

SOUNDBITE
[sprich: ßaundbeit]
Tonhäppchen, das eine
zentrale Botschaft originell oder dramatisch auf den Punkt bringt. Meist
zwei bis drei Sätze, die als maximal 15 Sekunden langes Statement ideal
für Hörfunk und TV sowie für Schlagzeile und ersten Absatz eines Zeitungsartikels
geeignet sind.

SPIN
CONTROL

[sprich: ßpin kontroul]
Fähigkeit, die Kontrolle
über die Richtung oder Färbung einer sich entwickelnden Story in den Medien
zu behalten

SPIN
DOCTOR

[sprich: ßpin dokter]
Im engeren Sinn ein
Sprecher, der durch Beeinflussung von Journalisten eine sich entwickelnden
Story in eine bestimmte Richtung hindrehen, ihr eine bestimmte Färbung bzw.
einen bestimmten Drall ("spin") geben will.
Im weiteren Sinn Bezeichnung für alle PR-Manager und Strategen, die öffentliche
Aussagen und Auftritte planen und steuern.

SPRINT-STRATEGIE
Standard-Werbestrategie
mit starker Eröffnung und starkem Endspurt, besonders für weniger bekannte
Kandidaten und Kampagnenzwecke geeignet. Ziel ist es, lange vor der heißen
Wahlkampfphase für ein bis drei Wochen eine starke Präsenz durch Anzeigen,
Plakate, Spots und medienwirksame Auftritte zu erhalten. Kurz vor dem Wahltag
kommt es für eine bis drei Wochen zum zweiten Sprint durch die Medien.
Andere Standard-Werbestrategien: AUTOPILOT-STRATEGIE,
FAST-FINISH-STRATEGIE, REALLY-BIG-SHOW-STRATEGIE.

STRATEGY
COVERAGE

[sprich: ßträtidschi kaweridsch]
Medienberichterstattung,
die nicht die Inhalte und Kandidaten einer Kampagne beschreibt und analysiert,
sondern die Strategien, Taktiken, inneren Abläufe, Forschungsergebnisse
und Beratungen in einer politischen Organisation, also das Politikmanagement.
Häufig stehen dabei schillernde Beraterpersönlichkeiten im Mittelpunkt.



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TARGETING
Nach Identifizierung
wichtiger Teilmärkte (SEGMENTIERUNG) das Auswählen
von Zielgruppen und Zielbezirken, auf die Kommunikation und Organisation
konzentriert wird. Precinct Targeting, sprich Priehßink, ist das
Ordnen auf der Ebene der Stimmbezirke (Precinct): So werden zum Beispiel
in einem Wahlkreis mit 38 Stimmbezirke jene zehn ausgewählt, in denen sich
eine Partei einen größtmöglichen Anteil von bestimmten entscheidenden Wählergruppen
sichern will.

PERFORMANCE
TARGETING

[sprich: Pirformins]
Performance Targeting
ist das hierarchische Ordnen und Ressourcen-Zuweisen von geographischen
Einheiten nach der Höhe der Wahlbeteiligung, vor allem der eigenen Anhänger.

Ziel ist die Identifizierung von Bezirken, in denen besondere Anstrengung
der Mobilisierung am Wahltag nötig wird. PERSUASION TARGETING,
sprich pörsuäischn, ist das Ordnen dieser Einheiten nach der Größe
des Wechselwählerpotenzials gemessen an der Höhe der Stimmschwankungen bei
verschiedenen Wahlen.

TRACKING
POLL

[sprich: träcking pouhls]
Serie von in kurzen
Abständen erhobenen Meinungsumfragen zum Ende einer Kampagne bzw. in den
letzten Wochen vor dem Wahltag, um aktuelle Informationen über Wählerbewegungen
zu gewinnen und die Medien- und Werbetaktik in letzter Minute zu justieren.



a b c d e f g i m n p r s t w


WAR
ROOM

[sprich: uohr ruhm]
Kommandozentrale eines
Kampagnenhauptquartiers. Meist ein Großraumbüro, das mit zahlreichen Fernsehgeräten
(Kabel- oder Satellitenanschluss), Computern nebst Internet-Anschluss und
Zugang zu Nachrichtenagenturen und Presseauswertung die lückenlose Beobachtung
des Mediengeschehens rund um die Uhr erlaubt. In diesem Nervenzentrum laufen
alle Kommunikationsstränge einer Kampagne zusammen. Von hier ist auch jederzeit
eine Sofortreaktion auf Ereignisse möglich (Massenaussendung von Fax, Emails,
Audio-Clips als Pressemitteilung, Videokonferenz-Leitungen
für TV-Interviews).