Nur noch wenige Tage bis zu
den Wahlen in Berlin. Nach den Terroranschlägen vom 11. September hat
der Wahlkampf ruhigere und sachlichere Töne angenommen, und das gilt
auch für den Endspurt vor den Wahlen. Ein letzter Blick auf die
Internetseiten der Konkurrenten um den Sessel des Bürgermeisters zeigt,
dass es sich im Netz ähnlich verhält.
Die innere
Sicherheit steht nun fast überall ganz oben auf der Liste. Zwar sind
die Konzepte unterschiedlich, doch sind sich alle einig, dass die
Bürger zukünftig besser vor kaum einzuschätzenden Gefahren geschützt
werden müssen. Dass dies nicht nur potenzielle Terroranschläge
betrifft, sondern Themen neu aufs Tapet bringt, die schon lange
Streitpunkt zwischen den politischen Polen sind, verwundert dabei
nicht. Daneben gibt es aber auch andere Neuerungen auf den Seiten der
Kandidaten und Landesverbände, die einen neuerlichen Besuch interessant
machen.
Frank Steffel und die CDU
Die CDU hat auf den
Seiten ihres Berliner Landesverbandes inzwischen den Wahlkampf in den Vordergrund
gerückt und bebilderte Links zu den wesentlichen Wahlkampfthemen ganz oben auf
die Startseite gesetzt. Schnell landet der Surfer dabei wieder auf der Seite
ihres Spitzenkandidaten,
die mit Webcam, Webradio und Diskussionsforum interessante Neuerungen enthält.
Die Erwartungen hinsichtlich der Webcam werden schnell getrübt, denn statt eines
Live-Bildes findet man ein Foto vom 7. August vor. Doch nicht entmutigen lassen
– ein Versuch beim Webradio zeigt, dass man hier durchaus mit Live-Beschallung
rechnen kann. "You make me sick" tönt es beim ersten Versuch entgegen – sicherlich
ein dummer Zufall, der dennoch ein Schmunzeln und den Gedanken auslöst, ob man
bei derartigen Sendungen stärker auf die Musikauswahl achten sollte. Das stört
allerdings auch den "Wahlkampf in Stereo" im "PowerRadio Steffel" nicht weiter,
der sich tagsüber ohnehin nur in wenigen Wortbeiträgen inmitten der Musik äußert.
Vertiefte Informationen sucht man also besser doch auf den Webseiten, z.B.
dem Maßnahmenkatalog mit 21 Punkten, die nach Meinung der CDU unerlässlich für
die innere Sicherheit der Stadt und der Republik sind. Wer damit nicht einverstanden
ist, kann seine Ansicht in dem übersichtlichen und klar gegliederten Diskussionsforum
einbringen. Hier werden die wesentlichen Punkte aus dem Wahlprogramm zu den
einzelnen Themenfeldern vorgestellt, so dass man gut vorbereitet die Beiträge
der anderen lesen und eigene formulieren kann.
Die sozialdemokratische Sicht der Dinge
Die Berliner
SPD fühlt sich sichtlich wohl auf ihrem Erfolgskurs in der Interimsregierung,
der durch die letzten Umfragewerte bestätigt wird. So kann sie sich auch ein
hämisches "Grinsen" über den Weg des CDU-Kontrahenten durch die Fettnäpfchen
des Wahlkampfes nicht verkneifen. Als einzige der fünf Parteien zieht sie mit
entsprechenden Pressezitaten und Kommentaren unter den Buttons "Presse-Highlights"
und "Konkurrenten" die Konkurrenz (sprich: Frank Steffel) ins Lächerliche. Das
mag zum Schmunzeln anregen, stellt aber auch die Frage in den Raum, ob so ein
souveräner Wahlkampf aussieht.
Doch auch Positives lässt sich von den Wahlkampfseiten der SPD berichten.
Die Navigation ist mittlerweile erheblich verbessert, die aktuellen Termine
werden in jedem Fenster aufgelistet, Nachrichten im Wochenrhythmus und eine
Wochenkolumne geboten. Wer spenden möchte, kann das mit einem Mindestbetrag
von 10 Euro auch sicher online tun. Das Webradio darf auch hier nicht fehlen.
Der Livestream wird bei Radio
Wowereit ergänzt durch die Möglichkeit, Fragen an die einmal wöchentlich
anwesenden Experten zu stellen und vergangene Expertensendungen mit den wichtigsten
Zitaten im MP3-Format downzuloaden. Insgesamt ein gelungener Webradio-Auftritt.
Information in Grün
Die Grünen bieten
zwar keine musikalische Untermalung an, dafür aber zahlreiche fundierte Informationen
rund um die Wahl und den Wahlkampf. In einem Pop-up-Fenster nennen sie zur Einstimmung
ihre wichtigsten Wahlkampfpositionen, und damit auch jeder am Wahltag daran
denkt, sein Kreuzchen zu machen, kann man mittels SMS Freund und Feind an den
Urnengang erinnern. Interessant ist daneben die eigene Diskussionsplattform
zur Abgeordnetenhauswahl, auf der besonders Themen der jüngeren Wählerschaft
wie das Clubsterben in Berlin oder die Anerkennung von Inline-Skates als Fortbewegungsmittel
diskutiert werden können.
Auch der Bereich von Sibyll
Klotz ist erweitert und um viele Fotos ergänzt worden. Im Wahlkampftagebuch,
einem Übertrag aus dem Wahltagebuch der Kandidaten auf berlin1.de,
hat man die Möglichkeit, etwas über die persönliche Wahrnehmung der Spitzenkandidatin
zu erfahren. Interaktive Angebote mit eCards, virtuellem Interview und Newsletter
werden jetzt auch hier geboten.
Die 100 Tage der Sozialisten
Ein Blick ins rote Lager zeigt,
dass hier schon soweit mit einer Regierungsbeteiligung gerechnet wird,
dass man schon mal für alle Fälle ein 100-Tage-Programm erstellt hat.
Auch sonst wird viel Information geboten: Die Positionen zu den
verschiedenen Politikfeldern sind ausführlich erläutert, und in den
"Wahlprüfsteinen" sind lange Listen von kritischen Fragen zum Programm
beantwortet. Eine gute Linkliste zu den Berlinwahlen rundet die
Wahlkampfthematik ab.
Die Homepage von Gregor
Gysi leidet inzwischen etwas an der Unübersichtlichkeit in der Fülle der
Informationsangebote. Amüsant ist ein Filmchen, das Gysi in einem schlechten
Traum vom Wahlgewinn zeigt. Daneben gibt es ernstere Töne zu den Geschehnissen
rund um den Terroranschlag. Wer nicht nur am Wahlkampf interessiert ist, findet
hier außerdem Verweise auf eigene und fremde Aktionen, z.B. "Nazis
raus aus dem Netz" oder das Holocaust-Denkmal.
Rexrodt in blau-gelb
Hat sich der Aufbau der FDP-Seiten
nicht verbessert, steht zumindest jetzt auch hier der Wahlkampf ganz im Zentrum.
Ähnlich wie bei den Grünen darf man die persönlichen Gedanken von Herrn Matz
aus dem Wahlkamptagebuch nachlesen, und auch multimedial präsentieren sich die
Liberalen, unter anderem mit ihrem Radiospot. Zwar wirken die Videoclips der
Spitzenkandidaten zumindest mit einem Modemzugang eher wie eine vertonte Diashow,
doch die wesentlichen Ideen werden verständlich gemacht. Neu ist auch hier die
Online-Spende, die aber nur ab einem Betrag von 18 Euro geleistet werden kann
und zu der keinerlei Sicherheitsinformationen gegeben werden.
Die speziellen Wahlkampfseiten
unterscheiden sich nicht mehr wesentlich von denen des Landesverbandes. Positiv
fällt auf, dass die aktuellen Termine hier gleich auf der Startseite aufgelistet
sind. Trotz der etwas umständlichen Bedienung wird das Diskussionsforum von
vielen genutzt.
Voraussagen über den Wahlausgang
lassen die Webseiten der Parteien wohl nach wie vor nicht zu. Um
Verbesserungen ihres Auftritts haben sich alle bemüht, manche mehr,
andere weniger erfolgreich. Unentschlossene Wähler können aber
mittlerweile überall die Standpunkte zu den wesentlichen Themen der
Berliner Politik nachlesen – und so vielleicht bis zum Sonntag zu einer
Entscheidung finden.