Während sich einige der Abgeordneten des US-Kongresses noch an der Datenschutzdebatte um Facebook hochschaukeln, sind andere bereits wieder dabei, massenhaft Freunde und Fans zu sammeln. Viele von ihnen hoffen darauf, dass sich ihre Netzwerk-Freundschaften zum Wahltag am 2. November 2010 in sichere Stimmen umwandeln lassen. Die aktive Nutzung des Web 2.0 durch die Republikaner könnte Barack Obama und seinen Demokraten mit Blick auf die Sitzverteilung im Parlament zum Verhängnis werden. Auch Google und Facebook warten mit neuen Wahlkampf-Tools auf.
Anstelle der üblichen Links, die zu den Websites der Kandidaten führen, will Google die Wahlkämpfer dazu bringen, die Wähler am Wahlkampf aktiv zu beteiligen – so zum Beispiel auf der Google-Videoplattform YouTube. Facebooks Ziel bei dieser Wahl ist es, wie gewohnt Wählergruppen anzusprechen. Dabei kommt erstmals bei einer Wahl das instrumentalisierte „Fan Box Widget“ zum Einsatz. Das erlaubt es jedem Kandidaten in seinem Bundesstaat gezielt auf Fanjagd zu gehen und dabei Freunde und Freundes-Freunde über die Startseite zu erreichen.
Zehn Prozent fürs Internet
Inspiriert durch die erfolgreichen „Social Media Campaigns“ im Präsidentschaftswahlkampf 2008, wird die Nutzung der „online campaign tools“ auch im Kongresswahlkampf fortgeführt. Während Ex-Präsident George W. Bush im Jahr 2004 nur rund 0,8 Prozent seines Budgets für den Internetwahlkampf reservierte, waren es bei Barack Obama 2008 bereits vier Prozent. Der Chef der politischen Verkaufsabteilung von Google, Peter Greenberger, riet den Wahlkämpfern bereits früh, für das Jahr 2010 zehn Prozent ihres Budgets für den Onlinewahlkampf einzuplanen. Fraglich ist hingegen, ob die Wahlkampfstrategien der nationalen Kandidaten auch für die lokalen Kandidaten geeignet sind.
Doch auch hier gibt es einige erfolgreiche Beispiele: So nutzte z.B. vor einiger Zeit der republikanische Kandidat Scott Brown aus Massachusetts Google Ads, Handy Apps und SMS, um Wählerstimmen zu generieren und sich auf den frei gewordenen Sitz des Demokraten Edward Kennedy wählen zu lassen. Das demokratische Kongressmitglied Alan Grayson aus Florida liegt derzeit rund sieben Prozentpunkte hinter seinem republikanischen Herausforderer Daniel Webster. Auf Facebook sind die Sympathiepunkte jedoch anders verteilt: Mit über 30.000 Fans liegt Grayson weit vor Webster, der nur 4.500 Fans aufweisen kann. Grayson hofft, dass sich der virtuelle Erfolg auf die Wahlurne übertragen lässt.
Republikaner sind "Top Poster"
Obwohl in diesem Beispiel ein Demokrat mehr Online-Freunde hat als sein republikanischer Herausforderer, sind nach Angaben von Facebook die Republikaner die aktiveren Nutzer. So gehören North Carolinas Kandidat Ilario Pantano und Martha Roby aus Alabama zu den „top posters“. Neue Facebook-Seiten wie U.S.-Politics unterstützen dabei die Kandidaten bei der Wähleransprache. Und mittels der „fancounts“ kann die Anzahl der Freunde auf Karten sichtbar gemacht werden. So lassen sich Rückschlüsse auf die Netzaktivität ziehen.
Googles Peter Greenberger ließ bereits im Frühjahr verlauten, dass man mit dem Ausbau der Abteilung bereit sei, politische Werbung mehr „mainstream“ betreiben zu können. Und Facebook hatte im Vorwahlkampf angekündigt, die Zwei-Mann-Abteilung für politische Werbung aufzustocken. Als zwei der bekanntesten Marken im Netz haben sie den Trumpf in der Hand, für Parteien und Politiker gezielt zum Sprachrohr zu werden.
Hier noch eine kleine Anmerkung zum zurückliegenden US-Kongresswahlkampf. Die “Zeit” http://www.zeit.de/digital/internet/2010-11/midterms-internet-teaparty?page=1 zog ein Resümee. Die so genannte “enthusiasm gap”, die Motivationsschwäche enttäuschter demokratischer Wähler, ließ sich durch Facebook und Twitter gut nachweisen. Republikanische Kandidaten dominierten regelmäßig die Rankings. Sarah Palin agierte nach schlechten Erfahrungen mit den Medien nun nicht nur als Politik-, sondern auch als Medienunternehmerin. Christin O´Donnell konnte sich der Unterstützung Palins zwar sicher sein, verlor ihren Wahlkampf in Deleware aber trotzdem. Vor allem die Tea Party verstand es, durch intensive Kommunikation via Facebook und Twitter in zahlreichen Stimmbezirken konkurrenzfähige Gruppen aufzubauen.