Die re:publica #13 ist zu Ende, über 5.000 Besucher statteten der wichtigsten Konferenz Deutschlands zu den Themen Internet und Netzpolitik einen Besuch in der STATION Berlin ab. Unsere aktuelle Digitale Presseschau widmet sich ausschließlich den Veranstaltungen der rp13. Datenschutz, Innovation, Programmiersprache – mit diesen nicht nur für Blogger und Nerds lesenwerten Artikeln blicken wir auf einige der interessantesten Veranstaltungen zurück.
Video der Woche
Was ist die re:publica? Was kann, soll, muss sie? Was steckt hinter dem Motto In/Side/Out? Mitorganisator Markus Beckedahl gibt im N24-Interview Einblick über Hintergründe der Veranstaltung, Themen, Schwierigkeiten, Chancen, Meinungsfreiheit, die Piratenpartei, die Drosselkom-Pläne und weitere Dinge, die der Netzgemeinde Kopfschmerzen bereiten. Sehr informativ und nett anzuhören.
Raus auf die Straße!
Einige Nerds bezeichnen die re:publica liebevoll als ‘Klassentreffen’, da die Netzgemeinde dort mal wieder ‘unter sich’ sei. Das diesjährige Motto „In/Side/Out“ drückt jedoch das Bedürfnis und die Notwendigkeit aus, sich nicht nur mit der Szene, sondern auch mit der Offline-Welt, mit der Realität zu befassen, also das Innere nach außen zu kehren. Das Ende genau dieser Klassentreffen-Isolation, der sich viele Internet-Aktivisten allzu häufig hingeben, forderte auch „Omnisoph“ Gunther Dueck. „Die Realität ist draußen, 200 Meter weiter. Die ist mit uns verflochten!“ kritisierte er offen und direkt die um sich greifende Trägheit. Da nicht einmal die Piratenpartei längerfristig mit Netzpolitik Erfolg zu haben scheint und ein Großteil der Gesellschaft netzpolitischen Themen weiterhin relativ gleichgültig gegenübersteht, kommt dieser Weckruf vielleicht genau zur richtigen Zeit.
Digitale Staatsbürgerkunde
Wer bei Google zu einem Begriff etwas sucht, der findet in der Regel eine schier endlose Auswahl an Links. Doch wer weiß schon, warum Google gerade diese Ergebnisse in gerade dieser Reihenfolge ausspuckt? Festgelegt wird dies durch Codes und Algorithmen, die kaum jemand versteht. Problematisch dabei: diese Codes sind nicht wertneutral, die Ergebnisse, die das Internet liefert, können also durchaus politisch, weltanschaulich oder wirtschaftlich beeinflusst sein. Die Kommunikationswissenschaftlerin Nele Heise forderte daher auf der re:publica, die Nutzer sollten diese Intentionen erkennen können, um so endlich ihre „digitale Mündigkeit“ zu erwerben: „Man sollte wissen, dass über solche Quellcodes definiert wird, was online überhaupt alles möglich ist“.
Datenschutz – ja, nein vielleicht?!
Leidiges Thema: Datenschutz. Von Verbraucherschützern vehement gefordert, von Politikern nicht entschlossen genug angepackt, von der Wirtschaft regelmäßig gekonnt umschifft. Im Zuge der neuen EU-Datenschutzreform trafen sich fünf Datenschutzexperten zur Podiumsdiskussion, um über die Zukunft der digitalen Freiheit im engmaschigen Netz der Unternehmensinteressen zu streiten. Die Ansichten dazu gingen von „Wettbewerbsnachteil“ bis „Grundrecht“ weit auseinander, so richtig einig wurden sich die Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft zwar nicht, dennoch wurde deutlich, dass europaweit einheitliche Regeln zum Schutz der Privatsphäre im Internet eine große Chance auf mehr Sicherheit im Netz darstellen könnten. Dazu liegt aber noch ein großes Stück Arbeit vor den Beteiligten, ehe sich die verschiedensten Interessen in ein Gesetz gießen lassen.
Wer macht hier die Politik?
Netzpolitik bewirkt nichts! So könnte ein Fazit lauten, wenn man sich die Erfolge der Nerds und Online-Aktivisten anschaut. Flatrate-Drosselung, Bestandsdatenauskunft, Leistungsschutzrecht – die Netzgemeinde hat mit Ausnahme der ACTA-Proteste der großen Politik immer noch wenig bis gar nichts entgegenzusetzen. Die „Action“, die auf der letztjährigen re:publica gefordert wurde, verpufft oftmals wirkunslos. Ole Reißmann von Spiegel Online sieht wenig Chancen, sich nur mithilfe von ein paar Blogs und Online-Kampagnen wirklich Gehör in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu verschaffen. Das traurige Resümee: die sogenannte Netzgemeinde bekommt Netzpolitik vorgesetzt, ob sie will oder nicht. Ist das Internet also noch zu retten? Der Anspruch an die re:publica dürfte lauten, genau das zu tun. Harte Zeiten für die Netzgemeinde…
Hilfe zur Selbsthilfe – afrikanische Innovationen
„This Time for Africa“ sang Shakira anlässlich der Fußball-WM 2010 in Südafrika. Aus digitaler Sichtweise ist Afrikas Zeit jedoch noch nicht angebrochen: die Internetverbindungen sind oft ernüchternd langsam und für die große Mehrheit der Afrikaner ohnehin nicht zu bezahlen. Daher entwickeln Technik-Begeisterte und lokale Unternehmen Plattformen und Apps, die speziell auf die afrikanischen Verhältnisse und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Etwa DataZone, eine vom Internet unabhängige virtuelle Bibliothek, mit denen Studenten auf Lehrmaterial zugreifen können. Oder ein auf der re:publica vorgestelltes Modem mit integriertem Akku, um die Stromversorgung zu sichern. Die Internetplattform AfriLabs vernetzt diese „Retro-Innovationen“ miteinander, in Berlin traf man sich nun zum ersten Mal zum Austausch; die Flüge bezahlte die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. „Das ist sinnvolle Entwicklungshilfe“, so Al Banda aus Kamerun.
Session verpasst?
Die re:publica hat sich gewandelt: aus einem Treffen in gemütlicher Runde ist mit den Jahren eine Großveranstaltung geworden. An drei Tagen veranstalteten über 450 Speaker auf 7 Bühnen und 4 Workshop-Areas 263 Sessions und füllten damit 268 Stunden Programm. Logisch, dass man sich nicht jede Veranstaltung ansehen- und hören kann, der Zeitplan ist einfach zu voll. Wer also verpasste Sessions nachholen will, dem sei diese Videosammlung empfohlen. Dem tatsächlichen Zeitplan folgend, kann hier Tag für Tag, Bühne für Bühne und Stunde für Stunde die re:publica #13 anhand von Videos rekapituliert werden. Die tolle Aufmachung der Seite entschädigt dafür, dass die Auflistung nicht ganz vollständig ist.