RechtesgedankengutBomberjacke und Springerstiefel waren gestern. Identifizierung durch eindeutige Kleidung wird schwerer. Mit “cooler” Kleidung auf gut designten Seiten zeigen sich neue rechte Gruppen im Internet. Besonders bei Facebook, YouTube und Twitter verbreiten Neonazis Hasspropaganda und rassistische Äußerungen. Ein Überblick der aktuellen Lage.

Die Aufmachung wirkt ansprechend und nicht immer ist auf den ersten Blick der rassistische Ursprung zu erkennen. Mit der Fassade scheinbar besorgter BürgerInnen verbreiten die Rechten ihr Gedankengut in den sozialen Medien. Dies zeigt sich an der großen Anzahl von Facebook-Seiten wie “Nein zum Heim X” oder “Stadt Y wehrt sich gegen Z”, die unter anderem gegen Flüchtlinge oder eine angebliche Überfremdung “ihrer” Stadt wettern. Besonders in Brandenburg sind RassistInnen gut vernetzt. Die populärsten Seiten im Bundesland sind dabei “Brandenburg wehrt sich” (mit über 6.300 “Gefällt-mir”-Angaben) und “Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung” (mit 5.000 “Gefällt-mir”-Angaben). Zwar lassen sich “Gefällt mir”-Angaben nicht eins zu eins in Personen umrechnen. Sicher ist jedoch: Mehrere tausend Personen stimmen fremdenfeindlicher Hetze im Internet zu.

Die Werbung von SympathisantInnen und das Knüpfen von Verbindungen hat sich ins Internet und besonders stark auf die sozialen Medien verlagert. Besonders erfolgreich damit scheint die ungarische Rechtsaußen-Partei Jobbik zu sein, die ein Großungarn fordert und gegen Minderheiten wie die ungarischen Roma hetzt. Doch trotz der extremen Inhalte scheint die Partei mit ihrem breitangelegten cross-medialen Auftritt, durch Verknüpfung ihres Contents auf Twitter, YouTube und Facebook eine gute Strategie zu fahren. Die Partei hat bei Facebook knapp 300.000 Likes – weit mehr als CDU und SPD gemeinsam. Bei Betrachtung der Likes und Followern erkennt man eine gute Vernetzung mit rechtsradikalen Parteien und Einzelpersonen in ganz Europa.

Phänomen des Internets: Die Identitären

Einige Bewegungen der neu-rechten und rechtsextremen Gruppierungen sind hingegen fast ausschließlich ein Phänomen des Internets und weisen bisher keine festen Mitgliederstrukturen auf: So zum Beispiel die Identitäre Bewegung. Die Identitären vertreten die Theorie des Ethnopluralismus. Sie erfassen Ethnien nicht nach biologischen Kriterien, sondern definieren diese nach Zugehörigkeit zu einem Kulturkreis. In ihrem Verständnis sind die Identitären einsame Verteidiger der “abendländischen Kultur”, welche angeblich vom Islam bedroht wird. Dabei vertreten sie klassische islamfeindliche, rassistische und demokratiefeindliche Positionen, die sie popkulturell aufbereiten und in Flashmobs oder Spaßguerilla-Aktionen verpacken.

Um den Umtrieben der Neonazis Einhalt zu gebieten, engagieren sich zahlreiche Gruppen und Initiativen gegen deren Online-Auftritte. Auch werden die Inhalte häufig von staatlicher Seite oder den Betreibern verboten oder gesperrt. So gehen große Netzwerke wie Facebook oder Twitter mittlerweile verstärkt gegen rechtsextreme Inhalte vor. Problematisch bleibt jedoch, dass dieselben Inhalte nach nur kurzer Zeit leicht verändert oder auf einem anderem Profil erneut veröffentlicht werden. Zudem ziehen sich Nazis auch von den großen Netzwerken zurück und gehen beispielsweise zu russischen Anbietern. Auch bei eigenen Internetseiten umgehen Nazis die deutsche Gesetzgebung: Ein Hakenkreuz ist in Deutschland verboten, in den USA oder Asien jedoch nicht. Häufig hosten sie ihre Angebote im Ausland, denn dort greift deutsches Recht nicht.

Die rechte Hetze schwappt aus dem Netz auf die Straße

Das Internet wird von Neonazis auch verstärkt genutzt, um GegnerInnen einzuschüchtern. Schlagzeilen machte Anfang diesen Jahres gefälschte Todesanzeigen von aktiven Nazi-GegnerInnen und JournalistInnen im Internet. Die fingierten Anzeigen stammen offenbar aus der Dortmunder-Neonazi-Szene. Doch bei den Drohungen blieb es nicht: Kurze Zeit später griffen Neonazis einen Journalisten an, dem eine gefälschte Todesanzeige gewidmet war. Auch die rechten Facebook-Seiten gegen Flüchtlingsheime bleiben nicht ohne Folgen: Ob in Hoyerswerda oder in Malterdingen, die Angriffe auf geplante Flüchtlingsunterkünfte häufen sich, und ein Ende scheint nicht in Sicht.

Neben Verboten und Sperren durch Betreiber und Staat benötigt es deshalb auch verstärkt gesellschaftliche Aufklärung und NutzerInnen im Netz, die Nazis und rechtem Gedankengut die Stirn bieten. Denn es ist ein gesellschaftlicher und politischer Anspruch, sich mit Minderheiten zu solidarisieren, sich gegenseitig zu unterstützen und sich klar gegen Naziparolen zu positionieren.

Bild: Kevin D (CC BY-NC 2.0)

 

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