„Der Facebook Effekt“ wirkt. Kommentare auf Politiker-Seiten haben Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung und Einschätzungen. Positive Kommentare lassen den Politiker in einem besseren Licht erscheinen, negative Kommentare mindern die Reputation bei aktiven Nutzern von sozialen Netzwerken. Eine neue Studie belegt diese These und sie zeigt zugleich: aktive Erwiderungen von betroffenen Politiker in den Kommentarleisten lassen die Nutzerbewertung kalt.
Soziale Medien werden für politische Akteure immer bedeutungsvoller. Ob Politiker, Parteien oder andere politische Institutionen, die Onlinekommunikation nimmt einen zunehmend wichtigen Stellenwert ein. Im besonderen Maße betrifft das Forschungsfragen rund um die Interaktionen zwischen Wählern und politischen Repräsentanten. Eine empirische Studie der Universität Delaware untersuchte die Interaktivität zwischen Wählern und Wahlkandidaten von Parteien und kam dabei zu interessanten Ergebnissen.
Je positiver die soziale Resonanz, desto positiver die Kandidatenwahrnehmung der Nutzer
Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass sich Nutzer von den Kommentaren anderer Nutzer in ihrer Beurteilung des Kandidaten maßgeblich beeinflussen lassen. Das Forscherteam schuf dafür eine Facebook-Präsenz für einen fiktiven Politiker und fütterte die Seite mit generellen und unparteiischen Informationen über den Kandidaten. Einige Probanden sahen die Seite mit unterstützenden Kommentaren und andere Versuchspersonen wiederum trafen auf kritische Konfrontationen. Das Ergebnis: Die Nutzerwahrnehmung auf den Kandidaten variiert nach „Social Proof“, dies bedeutet, dass die Versuchspersonen sich in ihrer Beurteilung besonders nach den Kommentaren und „Likes“ richteten. Je positiver die Kommentare, desto positiver erschien der Kandidat selbst. Je negativer die Kommentare, umso weniger Sympathien zog das jeweilige Profil auf sich.
Dabei spielt der Beziehungsgrad zu den kommentierenden Nutzern keine ausschlaggebende Rolle, denn die Studie zeigt zudem, dass wir uns in unserer Meinung auch von unbekannten Kommentatoren beeinflussen lassen. Besonders interessant ist die Feststellung: Nutzer ändern ihre Wahrnehmung auch dann nicht, wenn sich der Kandidat persönlich der Konfrontation stellt. Demzufolge scheint das Grundvertrauen in einen politischen Kandidaten niedriger ist als in andere (fremde) Nutzer.
Vorwissen darf nicht unterschätzt werden
Allerdings ist dieses Experiment in der Realität nur bedingt verallgemeinerbar, da der fiktive Wahlkandidat als „unbeschriebenes Blatt“ bewertet wurde und somit übliches Vorwissen fehlt, so der beteiligte Professor Paul R. Bewer. Eine gewisse Vorkenntnis dürfte aber zumindest bei politisch interessierten Nutzern in der Regel vorhanden sein, wenn sie sich aktiv entscheiden, politische Facebook-Profile aufzurufen.
Manipulationen für positive Reputation
Relevanz dürfte diese Studie allemal besitzen, denn die positive Eigendarstellung ist schließlich das Hauptziel von Online-Kampagnen. Paul R. Bewer bemerkt verwundert, dass dieser Forschungsfrage erst mit dieser Studie nachgegangen wurde. Der Professor verweist auch auf möglichen Konsequenzen. Denn diese Erkenntnisse über diverse Auswirkungen negativer Kommentare auf die Wahrnehmung von Rezipienten könnten zu Zensurbemühungen und Manipulationen öffentlicher Beiträge führen. Die Manipulation von Nutzerbeiträgen ist bereits seit einigen Jahren ein Thema mit öffentlichem Interesse. Bereits im Jahr 2009 wurden Vorwürfe an die Deutsche Bahn laut, eine PR-Firma engagiert zu haben, um Forenbeiträge zu Gunsten der Bahn zu gestalten.
Bild: Ksayer1
Text: CC-BY-SA 3.0
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