Am 5. und 6. Dezember lud das Fraunhofer Institut zum „1st international Open Data Dialog 2012“. Über 100 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft waren gekommen,um sich über die Potentiale und Risiken der Veröffentlichung großer Datenmengen zu informieren, und erste Kontakte zu knüpfen.

In der Vergangenheit hat vor allem die öffentliche Verwaltung Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, ihre aufbereiteten Daten im Internet zur Verfügung zu stellen. Anstatt lange Wartezeiten auf Ämtern verbringen zu müssen, können Bürger seit einiger Zeit viele Informationen von Zuhause aus einholen. „Die Verwaltung wird nicht doppelt und dreifach dieselben Daten eingeben müssen und hat mehr Luft für ihre eigentliche Arbeit“, erklärte Prof. Dr.-Ing. Ina Schieferdecker, Koordinatorin Open Data bei Fraunhofer FOKUS und Leiterin des Kompetenzzentrums MOTION, gegenüber politik-digital.de. Und führt einen weiteren Vorteil an: „ Die Daten sind ohnehin da, sie sind aufbereitet, sie müssen gewartet werden: warum schließt man nicht die anderen mit ein?“ Bei diesem Schritt hilft das Fraunhofer Institut Offene Kommunikationssysteme (kurz: FOKUS). Seine Serviceleistung umfasst unter anderem Hilfestellung bei der Datenauswahl, dem Aufbau eines Internetportals, der Serverinfrastruktur und der Gestaltung von Suchmechanismen.
Zu den Kunden gehört die Stadt Berlin mit dem Projekt Zukunft, das Wolfgang Both, Mitglied im Berliner Senat für Wirtschaft, Technologie und Forschung, am ersten Veranstaltungstag präsentierte. Auf der Internetplattform daten.berlin.de hat die Stadt bereits 100 Datensätze veröffentlicht, darunter Verkehrspläne und die gesammelten Standorte aller Berliner Weihnachtsmärkte.

Die Behörden machen also mit, doch was ist mit anderen gesellschaftlichen Akteuren? Wenn an die öffentliche Verwaltung Forderungen nach mehr Transparenz gestellt werden, so sollte das ebenso die Wirtschaft gelten. „Die Wirtschaft hat Berichtspflichten“, konstatierte Prof. Schieferdecker. Zumindest ein großes Unternehmen kommt diesen bereits nach: Mit dem Stromerzeuger und Netzbetreiber Vattenfall hat das Fraunhofer Institut einen namhaften Kunden gewonnen. Vattenfall wird noch in diesem Monat einige seiner Datenbestände auf einer Internetplattform präsentieren, für deren Gestaltung das Fraunhofer Institut zuständig ist.
„Wir wollen die Plattform dafür nutzen, um mit allen Interessierten in die Diskussion zu kommen“, erklärt der Leiter von Vattenfalls Open Data Projekt, Christian Jacob, gegenüber politik-digital.de. Anlass für diesen Schritt ist die Energiewende und das damit gestiegene Informationsbedürfnis der Allgemeinheit: „Viele wollen einfach mehr über die Stromversorgung wissen, weil das Thema so heiß diskutiert wird“, ergänzt Jacob.

Mit dem Mehr an Informationen will das Unternehmen wohl auch Sympathien für ihren Standpunkt in der Bevölkerung gewinnen, wenn ab dem kommenden Jahr die Strompreise steigen. „Ohne Transparenz und ohne Information der Verbraucher“, betont der Vattenfall-Projektleiter, „kriegen wir das nicht hin.“ Die Plattform wird zunächst 96 Datensätze umfassen, deren Großteil allerdings für Laien eher uninteressant sein dürfte. Auf die Frage, wieso Vattenfall nicht einfach das komplette Stromnetz als Geodaten auf einer digitalen Karte veröffentliche, antwortete Jacob, dass man so terroristischen Angriffen ein leichtes Ziel bieten würde.
Wie Philipp Müller, Autor von Machiavelli.net, als dritter Redner beim Open Data Dialog in der Eröffnungsrede erläuterte, gehört die Entscheidung darüber, welche Datensätze sinnvollerweise veröffentlicht werden sollten, zu einer der wichtigsten Fragestellungen beim Thema Open Data. Viele Firmen in Deutschland verstünden die Öffnung ihrer Daten als Verlust von strategisch wichtigen Instrumenten. Dagegen gelte es, genau zu planen, welche Daten man veröffentlicht; auch dafür bietet das Fraunhofer Institut Unterstützung an.

Insgesamt war man sich auf dem Treffen einig, dass die Potentiale von Open Data die Risiken übertreffen. „Für jeden Mobilitätsdienst, jedes touristische Angebot, jede Routenplanung“, könne man Open Data gebrauchen, schwärmte Ina Schieferdecker. Aber geraten nicht Arbeitsplätze in Gefahr, wenn sich immer mehr Menschen online über Verwaltungs- und Firmenzusammenhänge informieren können? „Ich glaube nicht, dass Arbeitsplätze verloren gehen; es werden stattdessen neue Dienstleistungen entstehen“, entgegnet Ina Schieferdecker darauf. Die bisherigen Erfahrungen aus dem öffentlichen Dienst zeigten das deutlich. Dank Open Data entstünden dort „dezidierte Angebote für spezielle Nutzergruppen; dafür hat die öffentliche Hand überhaupt nicht den Auftrag und letztendlich auch nicht die Ressourcen“. Na dann kann Open Data ja kommen.

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