„Bedecke deinen Mund mit einem in Essig getränkten Taschentuch“ empfiehlt „Nelly DelCid“ auf ihrem Blog den Demonstranten gegen Tränengas. In der Hauptstadt von Honduras, Tegucigalpa, protestieren seit Juli Tausende Demonstranten gegen die amtierende Interimsregierung, sowohl auf der Straße als auch im Netz.
Ende Juni hatte das Militär den rechtmäßig gewählten Präsidenten „Mel“ Zelaya außer Lande gebracht. Zelaya hatte versucht, sich durch eine vom Kongress nicht genehmigte Volksbefragung eine weitere Amtszeit zu sichern. Seitdem kommt es täglich zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und dem Militär. Als Reaktion auf die Proteste verhängte de-facto-Präsident Roberto Micheletti zwischen 22 Uhr und 5 Uhr in der Hauptstadt eine Ausgangssperre.
Gegen die Einschränkung ihrer Rechte wehren sich viele Demonstranten. Auch Alex Aguilar kämpft auf seine Weise mit. Der aus Honduras stammende Dozent für Geographie an der US-Universität Salisbury schreibt in seinem Blog „Honduras para todos“ (Honduras für alle) über die stattfindenden Widerstandsbewegungen.
Sprachrohr für den Widerstand
„Ich möchte den Widerstand in Honduras unterstützen“ erklärt der 45-Jährige. In seinem Blog informiert er regelmäßig über die wichtigsten Ereignisse und bietet eine Übersicht über alle wichtigen Organisationen, die sich gegen Zelayas Sturz aussprechen. Hier beschreibt er auch die Reaktionen der US-Regierung auf die Situation in Honduras.
Seine Informationen erhält er von verschiedenen Quellen: „Ich informiere mich über Radio, Fernsehen und Zeitungen in Honduras. Natürlich aber auch durch direkte Mitglieder der Widerstandsbewegung.“ Einzelne Widerstandskämpfer lässt Aguilar in seinem Blog direkt zu Wort kommen: Autoren, wie die Bloggerin mit dem Pseudonym Nelly DelCid, informieren hier über Sicherheitsvorkehrungen bei Demonstrationen und rufen zu Protesten auf.
Twittern für die Meinungsfreiheit
Welche Lösungen die honduranische Bevölkerung bevorzugt, versucht der in Maryland lebende Blogger über Umfragen zu erfahren. Über seinen Twitter-Account (cocobila) informiert er mehrmals täglich auch über die Reaktionen aus dem Ausland.
Mit seinem Blog ist Alex Aguilar nicht allein. Auch die Blogger von „voselsoberano“ („Gib dem Souverän eine Stimme“) nutzen das Internet, um die Vorgänge in Honduras zu dokumentieren. „In den ersten Wochen nach dem Putsch wurden alle unabhängigen Medien geschlossen oder zensiert. Wir wollen über den Widerstand berichten und das Volk in Honduras informieren.“
Das Team aus Sozialwissenschaftlern und Grafikern hofft dabei auf Multiplikator-Effekte. „In Honduras haben nur 15 Prozent der Bevölkerung einen Internetzugang. Wir können leider nicht alle erreichen.“ In ihrem Blog dokumentieren sie die Ereignisse in den Straßen und erklären, welche Gesetze durch den Putsch verletzt wurden.
Besonders wichtig ist den Bloggern der Bereich Kunst. Unter Pseudonymen können Künstler auf der Website ihre Karikaturen, Gedichte und Fotos veröffentlichen, die sich mit dem Konflikt in Honduras beschäftigen. „Das Volk drückt seine Wut durch Gedichte, Lieder, Graffiti oder Karikaturen aus. Andere Freiräume sind ihnen verschlossen“, erklärt der Sprecher von „voselsoberano“.
Kein Ende in Sicht
Auch Mitglieder der Gruppe haben Formen von Zensur zu spüren bekommen. „Unsere Autoren versuchen zu dokumentieren, was auf den Straßen passiert. Oft werden ihnen dabei Kameras und Telefone abgenommen.“ Dennoch wollen sie mit ihrer Arbeit weitermachen.
Bislang ist ein Ende des Konflikts nicht abzusehen: Die Interimsregierung unter Micheletti verhandelt mit der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Sie weigern sich, Delegierte der OAS ins Land zu lassen. Auch Zelaya Versuche, Honduras zu betreten, sind gescheitert. Er bemüht sich derweil außerhalb des Landes um internationale Unterstützung.