spd_willybrandthausEine aktuelle Studie des Branchenverbands Bitkom gibt die Richtung vor: Gut ein Drittel der Befragten sagt, dass der Internet-Wahlkampf entscheidend für den Ausgang der Bundestagswahl ist, jeder Dritte informiert sich auf Social-Media-Plattformen über Politik. Auch wenn der klassische Wahlkampf damit nicht ersetzt wird, sollte 2013 keine Partei ohne Online-Kampagne in den Kampf um Stimmen ziehen. Wie man Wähler am besten im und ins Netz lockt, darüber haben wir mit den Verantwortlichen gesprochen. Welche Bedeutung hat der Online-Wahlkampf? Kann der User mitmachen? Was tun im Shitstorm?
Im sechsten und letzten Teil unserer Reihe antwortet für die SPD Alexander Bercht, Büroleiter der Generalsekretärin und Abteilungsleiter Kommunikation beim SPD-Parteivorstand.
politik-digital.de: Welche Wählergruppe wollen Sie mit der Online-Kampagne ansprechen?
Alexander Bercht: Wir versuchen mit allen Wahlkampfmaßnahmen – online oder offline –  diejenigen Wählerinnen und Wähler anzusprechen, die grundsätzlich für die SPD erreichbar sind. Die SPD spricht hier als Volkspartei die unterschiedlichsten Zielgruppen an. Auch wenn in allen Bevölkerungsgruppen die Zahl derer gestiegen ist, die sich online über Politik informieren, so erreicht man über den Online-Kanal doch stärker jüngere Wählerinnen und Wähler sowie Berufstätige.
politik-digital.de: Wie wichtig ist der Online-Wahlkampf, verglichen mit anderen Werbekanälen? Hat sich bezüglich der Priorisierung etwas im Vergleich zu 2009 geändert?
Alexander Bercht: Onlinewahlkampf hat eine enorme Bedeutung, um Menschen in ihrem Alltag mit den eigenen Botschaften zu erreichen und um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus ist das Internet ein effektiver Organisationsraum, um Aktionen bundesweit zu koordinieren und Unterstützerinnen und Unterstützer zu mobilisieren. Deshalb denken wir unsere Kampagne nicht getrennt in Offline- und Onlinemaßnahmen, sondern haben Instrumente entwickelt, um das Beste aus beiden Welten miteinander zu verbinden.
Dies ist auch die deutlichste Veränderung zur letzten Bundestagswahl. Der Onlinewahlkampf ist eben nicht mehr das Schaufenster im Web, sondern einer der wichtigsten Organisationsräume des gesamten Wahlkampfs. Die Nutzung des Internets ist absolut selbstverständlich und kein abgetrenntes Spektakel des Wahlkampfes. Erfolgreich Wahlkampf ohne das Internet zu führen, wäre heute schlichtweg nicht mehr möglich.
politik-digital.de: Welchen Anteil am Gesamtbudget hat die Online-Kampagne? Gibt es eine Veränderung, verglichen mit 2009?
Alexander Bercht: Eine genaue Zuordnung von Budget-Anteilen ist nicht möglich, da Online- und Offlinemaßnahmen in der Kampagne eng verzahnt gedacht und bearbeitet werden. Aber selbstverständlich schlägt sich die gewachsene Bedeutung der Online-Wahlkampfmaßnahmen auch in einem höheren finanziellen Anteil am gesamten Wahlkampfbudget nieder.

Alexander Bercht leitet das Büro von Generalsekretärin Andrea Nahles und ist Abteilungsleiter Kommunikation beim SPD-Parteivorstand.  Zuvor arbeitete er unter anderem als Referent im Grundsatzreferat des Parteivorstands der SPD. Herr Bercht studierte Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Münster und Hagen. Vor seiner beruflichen Tätigkeit gehörte er u.a. dem Landesvorstand der SPD in Nordrhein-Westfalen und dem Rat der Stadt Münster an.

politik-digital.de: Welcher Teil des Online-Wahlkampfes ist das Herzstück der Kampagne?
Alexander Bercht: Der Onlinewahlkampf steht auf drei wesentlichen Säulen: Sensibilisieren, Aktivieren und Mobilisieren. Diese Säulen stützen das gesamte Dach und nutzen eine Reihe von Werkzeugen. Zum Sensibilisieren nutzen wir die sozialen Netzwerke, um mit den Menschen darüber ins Gespräch zu kommen, was sie bewegt, und unsere politischen Antworten darauf anzubieten. Zum Aktivieren nutzen wir die Kombination von sozialen Netzwerken und eigenen Plattformen wie mitmachen.spd.de, wo wir unseren Unterstützerinnen und Unterstützer gezielt, gemessen an ihrer eigenen Bereitschaft, sich einzubringen, Angebote unterbreiten, aktiv den Wahlkampf mitzugestalten und sich zum Beispiel am für uns wichtigen Haustürwahlkampf zu beteiligen, den wir auf mitmachen.spd.de lokal organisieren. Zum Mobilisieren werden wir einen Mix aus Aktionen, dialogischen Angeboten und Werkzeugen anbieten, um gerade in der Schlussphase die Menschen von den Zielen der SPD zu überzeugen.
politik-digital.de: Welchen Stellenwert hat der Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in ihrer Kampagne?
Alexander Bercht: Peer Steinbrück ist Spitzenkandidat und Gesicht unseres Wahlkampfes. Mit einer klaren Kanalstrategie sorgen wir dafür, das passende Inhalte in den jeweiligen Kanälen ausgespielt wird. Das bedeutet konkret, dass auf der Internetseite des Kandidaten und den Social Media-Kanälen wie Facebook und Twitter die Vision des Kandidaten vorgestellt wird – und das in einer für einen Kandidaten angemessenen Erscheinungsform und Ansprache. Während die Partei oder ggf. auch der SchwarzGelblog mitunter spitzer und oder auch provokativer agieren.
politik-digital.de: Wie begegnen Sie in Ihrer Online-Kampagne der negativen medialen Stimmung gegenüber Peer Steinbrück?
Alexander Bercht: Wir lassen uns von Stimmungen nicht irritieren. Wir sind überzeugt, dass wir das bessere politische Angebot machen können und dass wir mit Peer Steinbrück einen tollen Wahlkampf machen werden. Alle Kreativität und all unser  Engagement bringen wir ein, um unsere Botschaften und unseren Wahlkampf  ins Netz zu bringen und Menschen zu überzeugen. Das heißt nicht, dass wir beratungsresistent wären. Wir sind gut vernetzt und tauschen uns aus, nehmen Anregungen und Kritik an und arbeiten diese ein.
IMG_1045politik-digital.de: Beobachten Sie, wie die Konkurrenz online vorgeht? Kann ggf. flexibel reagiert werden?
Alexander Bercht: Selbstverständlich schauen wir uns an, was andere Parteien im Netz machen. Allerdings konzentrieren wir uns auf unsere Mobilisierungsaufgaben und haben klare Vorstellungen davon, mit welchen Instrumenten wir diese bewältigen können. Da haben wir uns langfristig im Vorfeld der Wahl aufgestellt.
Jetzt konzentrieren wir uns vor allem auf die inhaltliche Auseinandersetzung. Mit dem SchwarzGelbLog ziehen wir Bilanz der schwarz-gelben Merkel-Regierung.
politik-digital.de: Räumen Sie dem Internet einen großen Stellenwert bei der Mobilisierung von Nichtwählern ein? Wenn ja, wie funktioniert die Mobilisierung im Netz?
Alexander Bercht: Der Mobilisierung von Nichtwählern, insbesondere von ehemaligen Wählerinnen und Wählern der SPD, hat eine hohe Bedeutung für uns. Allerdings hilft da nur ein vernetztes Vorgehen durch das Zusammenführen von Online- und Offlinemaßnahmen. So sprechen wir Interessierte online an, bei unserem Tür-zu-Tür-Wahlkampf mitzumachen. Die Teams organisieren sich und ihre Haustür-Aktionen im Netz. Zu den direkten Gesprächen an der Haustür geht’s dann aber wieder klassisch zu Fuß.
politik-digital.de: Wo online um Wähler geworben wird, ist der Shitstorm nicht weit. Haben Sie eine „Eingreiftruppe“? Wie wird die intervenieren?
Alexander Bercht: Unser Online-Team ist kontinuierlich im Dialog, nicht nur punktuell. Alles andere wäre auch falsch.
 
Hier finden Sie Teil 1 der Reihe: Christophe Chan Hin von den Piraten im Interview.
Hier finden Sie Teil 2 der Reihe: Interview mit Uwe Göpel (CDU).
Hier finden Sie Teil 3 der Reihe: Tommy Diener, FDP, im Interview.
Hier finden Sie Teil 4 der Reihe: Marion Heinrich, stellvertretende Pressesprecherin der Linken im Interview.
Hier finden Sie Teil 5 der Reihe: Robert Heinrich, Wahlkampfmanager der Grünen für die Bundestagswahl 2013 im Interview.
 
Bild: Sebastian Drescher, SPD